Die Debatte um Konsequenzen aus dem BER-Debakel leistet der Politikverdrossenheit Vorschub. Schaut man sich an, wer in Berlin und Brandenburg wen aus dem Amt jagen möchte, bleibt einem nur noch Kopfschütteln übrig.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (li.) und der Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Matthias Platzeck (beide SPD).
Bild: dpa
BerlinDie Pannen um den neuen Hauptstadt-Flughafen BER und die Debatte um Konsequenzen daraus zeigen einmal mehr, dass die Politik offenbar die Bodenhaftung verloren hat. Und vielleicht auch jede Menge Realitätssinn. In diese Richtung jedenfalls muss man das Auftreten von Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) einordnen, als dieser am Montag vor die Presse trat. Nicht um etwa, um einen neuen Eröffnungstermin für das Mega-Airport-Projekt mitzuteilen, sondern um den Journalisten eine Personalrochade zu verkünden, mit der niemand gerechnet hatte: Er, Wowereit, gibt sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft ab. Nachfolger soll sein bisheriger Stellvertreter und Parteikollege Matthias Platzeck werden, der brandenburgische Ministerpräsident.
Das sei „kein Taschenspielertrick“, beteuerte Wowereit vor seinem Amtszimmer im Roten Rathaus. „Wir stehen gemeinsam in der Verantwortung und sind mit Brandenburg in allen strategischen Fragen einig.“ Doch was der Wechsel an der Spitze des Kontrollgremiums bringen soll, konnte Wowereit, grau im Gesicht und äußerst angespannt, nicht recht erklären: „Ich denke, dass es gut ist, deutlich zu machen, dass auch andere Gesellschafter Verantwortung tragen.“ Dabei hätten die Pressevertreter (und nicht nur die) eher erwartet, dass die Verantwortlichen Wowereit und Platzeck sich aus ihrer Verantwortung komplett verabschieden, weil sie dieser nicht gerecht worden waren.
Entsprechend hart fielen dann auch die Reaktionen auf den Befreiungsschlag-Versuch Wowereits aus. Den größten Hohn und Spott schüttet die „Bild“-Zeitung über die beiden SPD-Regierungschefs aus. In ihrer Online-Ausgabe bildet sie die beiden „Murks-Piloten“ Wowereit und Platzeck mit Flugzeugflügeln ab und fragt: „ Wie lange flattern sie noch?“ Tatsächlich ist der Widerstand groß gegen die beiden Sozialdemokraten und er könnte in den kommenden Tagen noch größer werden. Dabei geht es nicht mehr nur um ihrer Rolle als Flughafen-Aufseher. Viele halten die beiden auch in ihren Regierungsämtern für nicht mehr tragbar.
Entscheidungen über die politische Zukunft Wowereits und Platzecks stehen in diesen Tagen an. Der Berliner Senatschef muss sich schon am Samstag im Abgeordnetenhaus einem Misstrauensantrag stellen, der andere hat eine Vertrauensfrage im Potsdamer Landtag angekündigt. Wie beides ausgeht, weiß man im Grunde jetzt schon. Die jeweiligen Regierungskoalitionen werden ihre Frontleute stützen und den Oppositionswillen abschmettern. Bizarr daran ist, dass in Berlin die CDU mitregiert und also Wowereit unterstützen wird.
In Brandenburg sitzen die Christdemokraten aber in der Opposition und werden daher gegen Platzeck stimmen. Genauso wirr ist die Situation in Bezug auf die Linken, die in Brandenburg mitregieren. Platzeck kann sicher sein, dass sie ihn weiter mittragen werden – entsprechende Signale hat es bereits gegeben. In Berlin hingegen werden die Linken gegen Wowereit votieren, weil sie der Opposition angehören.
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Kommentare (11)
Account gelöscht!
09.01.2013, 17:29 Uhr
Ein unglaublich verlogenes Schauspiel, welches die Herren Wowereit und Platzeck der Öffentlichkeit und dem zahlenden Steuerzahler bieten.
Account gelöscht!
09.01.2013, 17:29 Uhr
Ein unglaublich verlogenes Schauspiel, welches die Herren Wowereit und Platzeck der Öffentlichkeit und dem zahlenden Steuerzahler bieten.
Account gelöscht!
09.01.2013, 17:39 Uhr
Das ist alles richtig: Verlogen und abgehoben. Viele Politiker sind nur noch für sich selbst da. Egal welche Fraktion. Wer kann, sollte (und leider wird auch) vielleicht doch seine Zukunft nicht mehr in Deutschland sehen.