Die elfte Artgenève wartet mit rund 80 Galerien für moderne und zeitgenössische Kunst auf. Dazu kommen neun Händler für Alte Kunst.
Chen Yingjie „Fireworks 03“
Tang Contemporary Art ist auf der Artgenève mit einer abstrakten Leinwandmalerei des chinesischen Künstlers vertreten. Sie entstand mit Farbspray und Ölfarbe.
Bild: Chen Yingjie; Tang Contemporary Art
Genf Der Gründer und Leiter der „Artgenève“, Genfs Messe für moderne und zeitgenössische Kunst, Thomas Hug ist Musiker. Als Sänger bringt er gerade mit dem französischen Sterne-Koch Alain Passard eine CD heraus. Als cooler, ideenreicher Messedirektor herrscht er über eine perfekte Organisation.
„Hier werden alle Wünsche der Aussteller genau befolgt – und außerdem ist es sauber,“ erklärt Michael Hoppen. Der Londoner Händler für Fotografie stellt bereits zum fünften Mal in Genf aus. Auch viele andere Aussteller sprechen positiv über die hiesigen Bedingungen.
An der 11. Ausgabe der Messe nehmen bis Sonntag rund 90 Galerien teil. „Achtzig Prozent der Aussteller kommen wieder,“ sagt Thomas Hug zufrieden. Bei der Vernissage am Mittwoch waren die Verkäufe noch moderat. Man sah aber großbürgerliche, beziehungsweise dem Schweizer Finanzzentrum entsprechend trendige Besucher. Sie sind das Zielpublikum, genauso wie internationale Kunstvermittler, Kuratoren und Museumsdirektoren.
Da die zeitgenössische Kunst aus der Kunstgeschichte erwuchs, lud Thomas Hug den französischen Verband der Antiquitätenhändler ein. Neun Galerien zeigen auf 200 Quadratmetern etwa 250 Werke: Die Spanne reicht von Ägypten bei Antonia Eberwein über das 18. Jahrhundert bei der Galerie Léage zu afrikanischer und ozeanischer Kunst bei Anthony Meyer bis zu kunstvoll inszenierter zeitgenössischer Fotografie von Sabine Pigalle bei Michel Giraud.
Drei Trends zeichnen sich ab: die hohe Anzahl italienischer Galerien, die mit interessanten Positionen aufwarten, die wachsende Anzahl an Künstlerinnen – obwohl man noch keineswegs von Gleichberechtigung sprechen kann – und viel afrikanische oder afroamerikanische Kunst. Im letzten Bereich schwächelt die Messe, was die Qualität der Malerei betrifft. Dazu kommen Epigonen von El Anatsui, die Wandteppiche aus Abfall, Keramik und Metall weben.
Im Gegensatz dazu stößt man auf Werke von längst anerkannten Künstlerinnen sowie erfreuliche Entdeckungen. Candida Höfer ist bei der Züricher Galerie Eva Presenhuber mit einem großen Foto des imposanten Baus „Palacio Nacional de Mafra“ vertreten. Es soll 59.000 Euro kosten.
Gongkan
Der tailändische Künstler ist vielseitig. Neben der Malerei ist er auf den Gebieten Mode und Produktdesign tätig (Ausschnitt).
Bild: Gongkan; Tang Contemporary Art
Poetisch-sinnliche Arbeiten von Rebecca Horn offeriert die aus Neapel angereiste Galerie Studio Trisorio: eine mobile Skulptur, wo zwei elektrisch betriebene Spiegel eine große Muschel aus verschiedenen Perspektiven auffächern. Kostenpunkt: 190.000 Euro. Mario Mauroner aus Salzburg verfügt über eine kleine Schmetterlings-Skulptur auf einem hohen Sockel von Rebecca Horn, die er mit 78.000 Euro ansetzt.
Bei der italienischen, weltweit operierenden Galerie Continua entdeckt die Besucherin eine der verletzlichen Skulpturen der Belgierin Berlinde de Bruyckere. Aus einem Pferdehals lässt die Bildhauerin blutige Seide quellen. Erwartet werden 160.000 Euro.
Die in Berlin lebende gebürtige Chilenin Sandra Vasquez de la Horra vertritt unter anderem die Züricher Galerie Haas. An deren Stand finden sich die typischen, den Frauenkörper deklinierenden Papierarbeiten sowie ein großes botanisches Motiv.
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Die Pariser Galerie Bandana Pinel hat eine Liegende von Vasquez dabei, die zugleich Landschaft ist und provokanter Körper. Ihr Preis liegt bei 36.000 Euro. Die Mailänder Galerie Maggiore g.a.m. setzt sich für die Französin Claudine Drai ein, die mit ihren fragilen, aus weißem Seidenpapier gefalteten Werken besticht.
Mit einer späten Entdeckung wartet die Basler Galerie von Bartha auf. Sie rehabilitiert die — mit rebellischer Geste abstrakt malende — Marianne Eigenheer (1945 bis 2018). Der malerische Duktus erinnert an Maria Lassnig, eine andere, erst spät anerkannte Malerin, deren Gemälde erst seit ihrem Tod sechsstellige Preise erreichen.
Wilhelm Freddie „Acceptable foreteelser“
Der Maler ist der einzige bekannte dänische Surrealist. Das Bild entstand 1936.
Bild: Galerie 1900 – 2000 / VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Ein weniger brisantes Preisgefälle hat der Nachlass von Barry Flanagan, den die Messe mit drei großen Skulpturen in einer Sand-Arena ehrt. Die Londoner Galerie Waddington-Custot, durch die Galerie von Bartha unterstützt, fördert den leicht surrealistischen Flanagan. Dessen im chinesischen Jahr des Hasen hochaktuelle Tierskulpturen kosten je nach Größe und Exemplar der Auflage zwischen 35.000 bis 440.000 Euro.
A propos Surrealismus: Vom einzigen bekannten dänischen Surrealisten der 1930er- Jahre, Wilhelm Freddie, hat die Pariser Galerie 1900 – 2000 ein kleines Ölbild, „Acceptable foreteelser“ von 1936 am Stand. Hier trifft man wie üblich auf kleine Formate großen Namen des 20. Jahrhunderts.
Ergänzt werden die Auftritte der Galerien von 30 kleinen Gastspielen, etwa vom Museum Frieder Burda aus Baden Baden, der Kunstakademie „Villa Arson“ aus Nizza oder der Fondation Opale aus Crans Montana.
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