Auch auf Altmeister bieten immer mehr Kunden online. Im Kunsthaus Lempertz finden alle Bildgattungen Zuspruch. Besonders umkämpft sind Gemälde von Cranach und Teniers.
Guido Reni
Auf 350.000 bis 400.000 Euro war das Ölgemälde der Heiligen Maria Magdalena geschätzt. Für 730.800 Euro wechselte es den Besitzer.
Bild: Kunsthaus Lempertz; Saša Fuis Photographie, Köln
Köln Religiöse Themen haben es auf dem Altmeistermarkt nicht leicht. Es muss schon ein großer Name, eine außergewöhnliche Malerei oder eine bestechende Provenienz sein, die Sammler lockt. Dies alles war der Fall bei Guido Renis „Heiliger Magdalena“, die am 20. Mai bei Lempertz brutto 730.800 Euro erzielte. Ein süddeutscher Privatsammler war der Käufer, der Unterbietern aus London und Italien Paroli bot.
Das mit 280.000 Euro ausgerufene Gemälde nimmt eine Sonderstellung im Werk des Bologneser Barockmalers ein. Es ist ein Bildnis im Kabinettformat 70 x 56 cm, das nicht mit den Signalfarben der emilianischen Malerei auftrumpft, sondern dank seiner „Sfumato”-Technik weicher Übergänge eine sinnliche und zugleich meditative Ausstrahlung hat. Hinzu kommt, dass die Provenienz sich lückenlos bis zum Jahr 1709 zurückverfolgen lässt. Damals gelangte es als Geschenk an den Cardinal von San Cesareo.
Schon vorher war ein Tafelbild mit der „Beweinung Christi“, das als Lucas Cranach d. Ä. und Werkstatt im Katalog figuriert, von 150.000 auf 453.600 Euro mit Aufgeld gestiegen. Ein belgischer Sammler setzte sich gegen den Londoner und französischen Handel durch. Dieses Bild ist im Gegensatz zu Cranachs beiden kleinformatigen Porträts sächsischer Kurfürsten, die für je 252.000 Euro zugeschlagen wurden, kein Werk aus der Wittenberger Fließbandproduktion des Maler-Unternehmers. Es war 2004 bei Lempertz zum Hammerpreis von 110.000 Euro an eine Privatsammlung in Estland versteigert worden, die es jetzt in die Auktion gab.
Breiter Zuspruch in allen Bildgattungen und Preiskategorien prägte die Auktion. Selbst Stillleben und Genrebilder wurden angenommen wie 226.800 Euro für eine nur 26,7 x 20,3 cm großes Blumenstück von Johannes Bosschaert und 105.840 Euro für eine ebenso kleinformatige Herbergsszene von David Teniers d. J. zeigen. Das Bild ist eine Neuentdeckung, die auf maximal 20.000 Euro angesetzt war und mit 1000 Euro-Schritten das längste Bietgefecht hervorrief. Es ging in eine belgische Privatsammlung.
Für einen vergleichsweise kleinen Einsatz konnte ein weiterer der zahlreichen belgischen Sammler ein museales, brillant erhaltenes „Abendmahl“ des flämischen Barockmalers Artus Wolffort erwerben. 37.800 Euro für ein Bild, das von innen zu leuchten scheint.
Lucas Cranach d. Ä.
Für die Beweinung Christi, eingeliefert aus estnischem Privatbesitz, wurden 453.600 Euro geboten (Taxe 200.000 bis 250.000 Euro).
Bild: Kunsthaus Lempertz; Saša Fuis Photographie, Köln
Überraschungen gab es in der Versteigerung mit Werken des 19. Jahrhunderts. Sie betrafen weniger die Zeichnungen aus einer rheinischen Sammlung, die äußerst selektiv aufgenommen wurden. Sie betrafen auch nicht die sechs Gemälde und Zeichnungen von Jacob Philipp Hackert, die sämtlich zu Bruttopreisen von 13.860 bis 176.400 Euro abgesetzt wurden.
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Das teuerste Los wurde Hackerts dokumentarisches Gemälde des Vesuv-Ausbruchs im Jahr 1779, das 2009 in einer Lempertz-Auktion netto 115.000 Euro erzielte und jetzt gegen die Gebote eines österreichischen Museums in eine Schweizer Privatsammlung geht. Auch die 504.000 Euro, die Iwan Aivasovskys Istanbul-Ansicht bei Mondschein erzielte, sind kein ungewöhnlicher Preis. Er wurde von einer Sammlerin geboten, die seit Jahren Bilder dieses russischen Romantikers erwirbt.
Die eigentliche Überraschung dieses Nachmittags waren die Hochpreise von 69.320 und 75.600 Euro für zwei 1895 datierte Blut- und Boden-Bilder des russischen Realisten Wladimir J. Makowskij mit Holzarbeitern am Ufer der Wolga. Ein Russe mit Wohnsitz in Hongkong ist der Käufer.
Einen erstaunlichen Preis gab es auch für ein an Edelkitsch grenzendes, fast zwei Meter hohes Bildnis der auf Wolken thronenden Madonna mit Kind des Münchner Historien- und Genremalers Franz von Defregger. In einem langen Bietgefecht, das gegen Online- und Telefonanbieter von einem Münchner Käufer für sich entschieden wurde, stieg das aus der Auflösung eines Kölner Dominikanerklosters kommende Gemälde von 18.000 auf 65.520 Euro.
In den Kunstgewerbe-Auktionen gab es die gewohnte Abstinenz bei Möbeln, aus denen nur die 126.000 Euro herausragen, die von einem südwestdeutschen Sammler für einen barocken Kölner Aufsatzschrank mit Schnitzereien zur Susanna-Legende geboten wurden. Die Absatzrate des Schmucks liegt wie immer bei über 100 Prozent. Er wird ist seit Jahren erfolgreich aus Anlagegründen begehrt. Weniger stark gefragt war diesmal das Porzellan. Dafür wurden für das durchweg bis Kanada international bebotene Silber 870.000 Euro eingespielt.
Firmenchef Henrik Hanstein verweist auf einen Gesamtumsatz von 7,8 Millionen Euro und erwähnt, dass der Gemäldesparte des Hauses die meisten neuen Kunden zugewachsen sind. Immer mehr bieten online und es sind über zehn Telefone im Einsatz. Entsprechend schwach besetzt ist der Auktionsraum.
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