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23.03.2023

11:51

Auktionen

Adam Lindemann: Gewinn und Verlust eines Marktmachers

Von: Barbara Kutscher

Die Privatsammlung von Adam Lindemann spielte hohe 31,5 Millionen Dollar ein. Doch bei einzelnen Werken zahlte der Galerist und Sammler drauf.

Sammler Adam Lindemann hatte Sofa und zwei Sessel in original grünem Bezug im Dezember 2014 bei Phillips zu damals starken 842.500 Dollar aus dem Besitz von Ronald Lauder ersteigert. Jetzt ließ sich das Set für brutto 3,4 Millionen Dollar verkaufen. Foto: Christie’s

Jean Royère Sitzgruppe aus der Serie „Ours Polaire”:

Sammler Adam Lindemann hatte Sofa und zwei Sessel in original grünem Bezug im Dezember 2014 bei Phillips zu damals starken 842.500 Dollar aus dem Besitz von Ronald Lauder ersteigert. Jetzt ließ sich das Set für brutto 3,4 Millionen Dollar verkaufen. Foto: Christie’s

New York Wer sich während der Kunstmesse „Frieze“ in Los Angeles per Fahrdienst Uber durch die Stadt chauffieren ließ, dem flimmerte Andy Warhols „Little Electric Chair“ in Pink auf einem Screen entgegen. Christie’s warb so für die Abendauktion am 9. März an der Ostküste, die 37 Kunstwerke und Designobjekte aus der bedeutenden privaten Sammlung des New Yorker Galeristen und Marktmachers Adam Lindemann (61) feilbot.

Auch eine stimmungsvolle Broschüre – statt Katalog – gehörte zu den unkonventionellen Werbemaßnahmen. In Anlehnung an ein Underground-Zine illustriert sie Lindemanns stets enge Bindungen zur Kunstwelt: Als knapp Zwanzigjähriger wurde er bereits als Mitglied des Warhol-Zirkels fotografiert.

Christie’s Aufwand zahlte sich aus, sämtliche Lose wurden an ein internationales Publikum abgesetzt, allerdings wurde ein Werk vor der Auktion zurückgezogen. Lindemanns Sammlung dominierte die bei Christie’s, Sotheby’s und Phillips gleichzeitig stattfindenden „Contemporary Art“-Versteigerungen des Mittelmarktes.

Sie spielten insgesamt 53,5 Millionen Dollar ein. Lindemann steuerte weitere 31,5 Millionen Dollar brutto bei. Hier hatten die Erwartungen bei mindestens 22 Millionen Dollar netto gelegen.

Lindemanns bunter Mix enthielt auch Werke von neun kapitalen Namen wie Warhol, Alexander Calder, Jeff Koons, Takashi Murakami und Richard Prince. Für sie wurde je mindestens eine Million Dollar erwartet. Christie’s konnte sie bereits vor der Auktion an Garantiegeber vorverkaufen.

Über Erwarten gut schlug sich nicht die Kunst, sondern das Design. Um Jean Royères Sitzgruppe aus der berühmten Serie „Ours Polaire“ aus den 1950er-Jahren wurde lange von drei Bietern gerungen. Der Zuschlag von 3,4 Millionen Dollar brutto verdreifachte die untere Taxe und setzte damit einen neuen Rekord.

Prominenter Vorbesitzer

Lindemann hatte Sofa und zwei passende Sessel in original grünem Bezug im Dezember 2014 bei Phillips zu damals starken 842.500 Dollar aus dem Besitz von Großsammler und Museumsbetreiber Ronald Lauder ersteigert.

Ein weiterer Rekord fiel für Maria Pergays pelzbezogenes Tagesbett „Lit Tapis Volant“, um 1968. Hier griff Gabriela Lobo, Christie’s Vertreterin in Mexico City, für ihren Kunden bei 163.800 Dollar brutto zu.

Das Glücksschwein aus Holz hatte weniger Glück: Für 4,05 Millionen Dollar erworben, verkaufte es sich jetzt schon bei 3,9 Millionen Dollar brutto. Foto: Christie’s

Jeff Koons’ „Ushering in Banality“:

Das Glücksschwein aus Holz hatte weniger Glück: Für 4,05 Millionen Dollar erworben, verkaufte es sich jetzt schon bei 3,9 Millionen Dollar brutto. Foto: Christie’s

Topzuschlag unter den Kunstwerken war Alexander Calders riesiges Mobile „Black Disc with Flags“. Die bewegliche Skulptur fand knapp unter der Erwartung bei 4,5 Millionen Dollar netto, das sind 5,5 Millionen Dollar mit Aufgeld, einen neuen Besitzer. Jeff Koons’ Holzskulptur „Ushering in Banality“ aus einer Dreier-Auflage fiel bereits bei 3,9 Millionen Dollar brutto an einen Onlinebieter in Österreich. Lindemann hatte für die mit dem Kitsch spielende Gruppe 2006 bei Sotheby’s noch 4,05 Millionen Dollar bezahlt.

Gesucht: Malerinnen

Sehr lebhaft wurde dagegen um die syrisch-amerikanische Malerin und Poetin Etel Adnan geworben, die 2021 im Alter von 96 Jahren starb. Ihre Abstraktion von 2014 hievten mindestens fünf Bieter, darunter auch ein Onlineteilnehmer aus Südkorea, vom Ausruf bei 95.000 Dollar auf 315.000 Dollar brutto.

Auch die Abstraktionen der Chicagoer Malerin Miyoko Ito (1918 – 1983) finden erst jetzt Anerkennung. Vier Bieter verfolgten ihr „Untitled (#118)“, das von einer Erwartung von höchstens 60.000 Dollar auf 157.500 Dollar sprang.

Mehr bezahlt als eingenommen

Hin und wieder konnte Lindemann seinen Einsatz nicht mehr realisieren. Etwa bei Warhols „Little Electric Chair“, der ihn 2007 noch 5,6 Millionen Dollar gekostet hatte. Jetzt erzielte das Toplos der Woche mit der Taxe von vier bis sechs Millionen Dollar nur 4,5 Millionen Dollar brutto.

Auch beim letzten Los, dem NFT „Mother of Evolution“, einer Gemeinschaftsarbeit von Beeple und Madonna, machte Lindemann Verlust. Es hatte ihn im vergangenen Mai, just am Tag des Crypto-Crashs, noch 72 Ether, damals 146.000 Dollar, gekostet. In der Abendversteigerung konnte ein junger Mann im Publikum bei Christie’s bereits bei 100.800 Dollar zugreifen.

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