Handelsblatt App
Jetzt 4 Wochen für 1 € Alle Inhalte in einer App
Anzeigen Öffnen
MenüZurück
Wird geladen.

19.01.2023

10:16

Auktionen bei Nagel, Lempertz und Koller

Paris will europäischer Hot Spot für asiatische Kunst werden

Von: Sabine Spindler

Die jüngsten Auktionen der deutschsprachigen Asiatika-Versteigerer Nagel, Lempertz und Koller bestätigen den Trend: Chinesische Top-Ware ist rar geworden. Der Handel in Paris wächst.

Stark umkämpft war das Bild aus türkisen Eisvogelfedern und Elfenbein. Nagel Auction

Relief aus kaiserlicher Qianlong-Werkstatt

Stark umkämpft war das Bild aus türkisen Eisvogelfedern und Elfenbein.

München Das sanfte Lächeln des Bronze-Buddhas aus dem frühen 18. Jahrhundert überstrahlte schon vorab das Asiatika-Angebot bei Nagel. Es hat seine Wirkung nicht verfehlt. Drei finanzstarke Chinesen trieben die Taxe von 500.000 Euro auf brutto 1,05 Millionen Euro (alle Preise inkl. Aufgeld). Damit wurde die fein gearbeitete Figur des „Amitayus“, der angeblich ein langes Leben schenkt, zum teuersten Los der Stuttgarter Dezember-Auktion.

„Wenigstens ein Millionen-Erlös“, bemerkte Nagels Asiatika-Experte Michael Trautmann lakonisch im Gespräch mit dem Handelsblatt. Denn das Außergewöhnliche ist rar geworden. Sensationszuschläge wie 16 Millionen US-Dollar für einen Hufeisenstuhl der Ming-Zeit aus der Sammlung des Philanthropen Joseph Hotung bei Sotheby´s oder 71 Millionen HK-Dollar (umgerechnet 8,37 Millionen Euro) für ein 400 Jahre altes Podest aus der Sammlung Piper Tsengs bei Christie´s sind selbst international die großen Ausnahmen.

Nagels Gesamtumsatz inklusive Aufgeld betrug im Dezember 2022 mit Südostasien und Japan 6,2 Millionen Euro und kann sich im Vergleich mit anderen großen Häusern durchaus sehen lassen. Der Anteil chinesischer Kunst an dieser Bilanz beträgt 5,5 Millionen Euro. 71 Prozent der 1600 angebotenen China-Lose wurden verkauft. Nicht nur bei Nagel geht das meiste im fünfstelligen Bereich über die Bühne.

Große Steigerungskandidaten sind derzeit Thangkas. Mit 630.000 Euro für eines dieser gerollten Gebetsbilder aus der Schweizer Sammlung Ernst hatte Sotheby´s Paris wenige Tage nach Nagel die Potenz dieser Kunstwerke vorgeführt. Durchaus höhere Gebote hatte Michael Trautmann auch in Stuttgart bei einem moderat auf 5000 Euro taxierten tibetischen Thangka mit einer Darstellung des Vaishravanas, ebenfalls 15. Jahrhundert, erwartet. Die malerische, klare Darstellung der Verkörperung des ewigen Strebens wurde schon für 65.000 Euro weitergereicht.

In diesem Preisbereich bremst die strikte Geldpolitik Chinas, meint der Experte. „Chinesen dürfen pro Jahr nur 50.000 Euro ins Ausland transferieren. Jeder weitere Euro ist genehmigungspflichtig.“, erklärte er dem Handelsblatt. Glück für den neuen Besitzer, ein US-amerikanisches Museum.

Europäischen Liebhabern japanischer Gürtelanhänger war dieser Elfenbein-Windhund 21.400 Euro wert. Versteigert wurde er von dem Kölner Auktionshaus Lempertz. Lempertz

Netsuke

Europäischen Liebhabern japanischer Gürtelanhänger war dieser Elfenbein-Windhund 21.400 Euro wert. Versteigert wurde er von dem Kölner Auktionshaus Lempertz.

Bei Spitzenstücken aber überwiegt die Kauflust den Beigeschmack staatlicher Kontrolle. Vier Telefonbieter aus China zeigten Interesse an einem aus türkisen Eisvogelfedern und Elfenbein gestalteten Reliefbild aus vermutlich kaiserlicher Werkstatt. Die pittoreske, quirlige Szene an einem Fluss aus dem 18. Jahrhundert ging allerdings für 150.000 Euro an einen in Holland lebenden Chinesen. Begehrtes Objekt war auch ein geschnitzter Armlehnstuhl aus dem 17. Jahrhundert. Für mehr als das Zehnfache der Taxe wurde er für rund 80.000 Euro in eine chinesische Sammlung vermittelt.

Wie in allen Kunstmarktbereichen hat der Brexit auch auf dem Feld der Asiatika zu Plattenverschiebungen geführt. Während Christie´s sich auf New York und Hongkong konzentriert, zeigt Sotheby´s starke Präsenz in Paris. Auch Bonhams schläft nicht.

Seit Januar ist Carolin Schulten in Paris als Leiterin der Abteilung Chinesische Keramik und Kunst für Bonhams Cornette de Saint Cyr tätig. Insider schätzen sie als fachlich sehr kompetente und in Sammlerkreisen bestens vernetzte Expertin. Als damalige Senior Spezialistin von Sotheby´s akquirierte sie 2018 beispielsweise Kalligrafien aus einer deutschen Sammlung, die 10,5 Millionen Euro Umsatz einbrachten.

Asiatika Auktionen bei Nagel, Koller und Lempertz: Chinesische Sammler interessieren sich für buddhistische Objekte

Asiatika Auktionen bei Nagel, Koller und Lempertz

Chinesische Sammler interessieren sich für buddhistische Objekte

Die Asiatika-Versteigerer schauen hauptsächlich auf den Markt mit chinesischer Kunst. Doch auch Werke aus Indien rücken in den Fokus.

Paris entwickelt sich zum neuen europäischen Zentrum für asiatische Kunst. „Das wird den Kampf um die Ware weiter erschweren. Alles Interessante wird nach Paris gehen“, befürchtet Michael Trautmann.

Das Kölner Auktionshaus Lempertz hat im Dezember mit chinesischer, sudostasiatischer und japanischer Kunst 1,2 Millionen Euro umgesetzt, etwa weniger als im Vorjahr. Top-Ergebnis in Köln waren mit 126.000 Euro ein Nashornbecher mit einer stark plastisch geschnitzten Wandung sowie ein „Doucai“-Porzellanteller mit zartem Blütenmedaillon aus dem China der Jahre 1722 bis 1733.

Starke Ergebnisse registrierte Lempertz wieder für Netsukes. Europäischen Sammlern dieser japanischen Gürtelanhänger waren ein Elfenbein-Windhund 21.400 Euro und eine mythologische Szene mit grimmigen Dämonen 24.000 Euro wert. „Es ist erstaunlich, dass nach dem Wegfall der US-Sammler durch das strikte Elfenbein-Einfuhrverbot in die USA der Netsuke-Markt ungebrochene Stärke zeigt“, sagt Adrian Heindrichs vom Asiatika-Team Lempertz´ dem Handelsblatt.

Asiatika: Ende einer Händlerdynastie: Die Privatsammlung Rousset wird versteigert

Asiatika

Ende einer Händlerdynastie: Die Privatsammlung Rousset wird versteigert

Das Auktionshaus Bonhams Cornette de Saint Cyr versteigert die private Asiatika-Kollektion von Robert Rousset. Der angesehene Geschäftsmann hatte Galerien in Paris und New York.

Koller in Zürich hat seine besten Ergebnisse mit einem stattlichen Buddha aus der Ming-Zeit und einer Tusche-Arbeit von 1943 eingefahren. Die Skulptur aus dem 16. Jahrhundert erzielte rund 220.000 Schweizer Franken; die Tusche-Arbeit 195.000 Franken. Schöpfer ist der vietnamesisch-französische Maler Mai Trung Thu.

Der Abstand zwischen den Erlösen der bestverkauften chinesischen Arbeiten zu denen aus Korea, Japan oder Thailand ist nur noch gering. Das zeigen die Ergebnisse für einen koreanischen Drachenkopf, der auf 39.000 Franken kam und für eine thailändische Buddha-Bronze, die für 35.700 Franken abgesetzt wurde. In Europa dämmert die Erkenntnis, Asien ist nicht nur China.

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×