Handelsblatt App
Jetzt 4 Wochen für 1 € Alle Inhalte in einer App
Anzeigen Öffnen
MenüZurück
Wird geladen.

17.05.2023

13:11

Auktionen in New York

Chancen für reiche und etwas sparsamere Sammler

Von: Barbara Kutscher

Hohe Zinsen und eine schwierige politische Weltlage verunsichern die Bieter der New Yorker Auktionen. Sammler greifen nur bei wichtigen marktfrischen Werken und dem ganz Besonderen zu.

Auktionator Oliver Barker hat sichtliche Mühe, um diese beiden Magritte-Gemälde aus der Sammlung Mo Ostin über die untere Schätzung zu bringen. Sotheby's

René Magritte „Le Domaine de Arnheim” (li. Mitte) und „L’Empire des Lumières”

Auktionator Oliver Barker hat sichtliche Mühe, um diese beiden Magritte-Gemälde aus der Sammlung Mo Ostin über die untere Schätzung zu bringen.

New York Das Motiv dürfte fast jedem bekannt sein, es ziert unzählige Plakate in Studentenbuden. René Magrittes „L’Empire des Lumières“ von 1951, in siebzehn Varianten gemalt, ist neben dem Bowlerhut eines der weltberühmten Motive des Künstlers. Am Dienstagabend kam es als Highlight der hochkarätigen Sammlung von Mo Ostin, dem legendären kalifornischen Geschäftsführer von Warner Bros. Records, unter den Hammer.

Aber Auktionator Oliver Barker mühte sich zehn Minuten lang redlich ab, um vom Ausruf bei 24 Millionen Dollar die untere Erwartung von 35 Millionen Dollar zu erreichen. Erst nach gefühlt sehr langen zehn Minuten fiel der Hammer schließlich bei 36,5 Millionen Dollar, inklusive Aufgeld sind das 42,3 Millionen Dollar. Es ist immerhin der zweithöchste Auktionspreis für Magritte. Aber Bieter zeigen in dieser Runde der New Yorker Abendauktionen deutlich Hemmungen, sich von ihrem Geld zu trennen.

Sotheby’s bot am Abend die ersten 15 Werke aus der marktfrischen Sammlung Ostins an. Sie soll mit 30 Werken mindestens 120 Millionen Dollar einspielen. Ostin, der im Juli 2022 im Alter von 95 Jahren gestorben ist, hatte unzählige Musiklegenden gefördert, darunter Jimi Hendrix, Frank Zappa, Paul Simon, Prince und The Beach Boys. In den 1970er-Jahren hatte er begonnen, Kunst in konstanter Qualität zu sammeln.

Die beiden Juwele seiner Sammlung, „L’Empire des Lumières“ und Magrittes „Le Domaine de Arnheim“, hatte Ostin dem kalifornischen Produzenten und Großsammler David Geffen abgekauft. Hier wurden am unteren Rand der Erwartung immerhin 18,9 Millionen Dollar realisiert. Der Abend spielte insgesamt bereits 123,7 Millionen Dollar ein.

Bieter griffen nur bei wichtigen marktfrischen Werken und dem ganz Besonderen zu. Wie bereits Alex Rotter, Christie’s Chef der Abteilung 20/21, am 11. Mai konstatierte: „Wir sind mit einer schwierigeren Marktsituation konfrontiert, sowohl ökonomisch, politisch, in jeder Hinsicht“. Die niedrigen Zinsraten, die den Markt lange befeuerten, stehen nun auf dem höchsten Niveau seit 16 Jahren.

Klimts ungewöhnliche atmosphärische Wasserstudie wurde zu 53,2 Millionen Dollar inklusive Aufgeld in eine japanische Sammlung verkauft. Sotheby's; dpa

Gustav Klimt „Insel im Attersee”

Klimts ungewöhnliche atmosphärische Wasserstudie wurde zu 53,2 Millionen Dollar inklusive Aufgeld in eine japanische Sammlung verkauft.

In Sotheby’s anschließender Auktion „Modern Evening“ erreichten 23 von 40 verkauften Losen noch nicht einmal die untere Schätzung. Das ist aber auch immer die eine Chance für Sammler, etwas günstiger einzukaufen.

Die andere liegt im Nachverkauf. Die acht unverkauft geblieben Werke, unter anderem von Georgia O‘Keeffe und von René Magritte, waren vielleicht etwas weniger charakteristisch. Sie werden jetzt zu einem leicht abgesenkten Preis angeboten, den das Auktionshaus zwischen dem Einlieferer und dem preisbewussten Interessenten vermittelt.

Aber Sotheby‘s Zugpferd, Gustav Klimts ungewöhnliche atmosphärische Wasserstudie „Insel im Attersee“ reüssierte.

Das seit 1978 in einer New Yorker Sammlung verwahrte Bild wurde zu 53,2 Millionen Dollar brutto, knapp über den unveröffentlichten 45 Millionen Dollar netto, in eine japanische Sammlung verkauft. Überhaupt waren Sammler aus Asien sehr aktiv und zeichneten für über ein Drittel der Einnahmen verantwortlich.

Zu ihren Erwerbungen zählen Paul Gauguin, Vincent van Gogh, Camille Pissarro, Claude Monet, Edouard Manet, Henri Matisse und Edvard Munch. Einen neuen Spitzenpreis gab es auch für Vilhelm Hammershøis Interieur, eine Studie des Musikzimmers in seinem Apartment an Strandgade 30 von 1907, das bereits mit einer Rekordtaxe von mindestens 3 Millionen Dollar antrat. Bevor bei 9,1 Millionen Dollar brutto ein amerikanisches Museum zugriff, meldete auch hier kurz ein japanischer Bieter Interesse an.

Einen Überraschungserfolg verzeichnete bei 12,3 Millionen Dollar Isamu Noguchis Skulpturentrio „The Family“. Hier feuern die zahlreichen neuen privaten Skulpturenparks das Interesse an Großskulpturen an. Der prominente Architekt Gordon Bunshaft hatte Noguchi 1956 für den Garten eines Bürokomplexes in Connecticut beauftragt. Jetzt griff Sotheby’s Chairwoman in Mexico City, Lulu Creel, für ihren Kunden zu. Insgesamt wurden 427 Millionen Dollar eingespielt, das dritthöchste Ergebnis für einen einzigen Abend in Sotheby’s Geschichte.

Ausgestattet mit einer lückenlosen Provenienz animierte das 1910 entstandene Gemälde vier Bieter, sich lange um das Werk zu streiten. Er erreichte 43,5 Millionen Dollar mit Aufgeld. Christie's Images Ltd. 2023

Henri Rousseau „Les Flamants”

Ausgestattet mit einer lückenlosen Provenienz animierte das 1910 entstandene Gemälde vier Bieter, sich lange um das Werk zu streiten. Er erreichte 43,5 Millionen Dollar mit Aufgeld.

Christie’s „20th Century Evening“ wartete am 11. Mai ebenfalls mit einer Marktrarität auf. Hier war der als „Zöllner“ bekannte naive Maler Henri Rousseau mit „Les Flamants“ von 1910 vertreten und konnte in einem von Fälschungen geschüttelten Markt mit lückenloser Provenienz punkten. Vier Bieter stritten sich lange bis zu 43,5 Millionen Dollar brutto um das Werk. Unterbieter war der New Yorker Privathändler Philippe Ségalot.

Nach dem Sensationserfolg für den Nachlass des Microsoft-Mitbegründers Paul Allen im letzten November hat sein Name offenbar nichts von seiner Magie eingebüßt. Unvermindert heftig wurden sieben weitere Bilder aus seiner Sammlung beworben und addierten nochmals 88,9 Millionen Dollar für gemeinnützige Zwecke.

Rendite mit Jean Michel Basquiat

Christie’s Auktion „21st Century“ am Montagabend hatte bei der herrschenden Verunsicherung im Markt nur 28 Lose zusammengebracht. Aber das Haus konnte mit Jean Michel Basquiats dreiteiligem Großformat „El Gran Espectáculo (The Nile)“ von 1983 punkten. Es besorgte bei 67,1 Millionen Dollar brutto zwei Drittel der Abendeinnahmen von 98,8 Millionen Dollar für die ganz junge Kunst.

Unter den drei Interessenten war auch Galerist Larry Gagosian im Saal. Er bot sehr diskret über einen Angestellten. Basquiat zeigt darin die Verbindungen zwischen Afrika und der afrikanischen Diaspora auf. Der italienische Modeschöpfer Valentino Garavani hatte das Querformat im November 2005 zu damals sehr hohen 5,2 Millionen Dollar bei Sotheby’s ersteigert und in seinem New Yorker Apartment aufgehängt. Was für eine Rendite.

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×