Das Kulturhaus Würth mit der Bibliothek Frau Holle in den Räumen eines historischen Gasthauses versteht sich als kulturelle Begegnungsstätte.
Nikolaus-Tradition
Carmen Würth liest das Märchen „Die Bremer Stadtmusikanten“ in der Bibliothek Frau Holle.
Bild: Würth: Kulturförderpreis 2019
Künzelsau Frau Holle zählt zu den beliebtesten Märchenfiguren der Brüder Grimm. Die etwas wundersame alte Frau erscheint als streng, aber gerecht. Sie gibt allen die gleiche Chance. Sie ist geduldig, aber am Ende belohnt sie die Fleißigen und Strebsamen und bestraft die Faulen und Selbstgerechten. Oder, zeitgemäßer ausgedrückt: Sie lehrt Achtsamkeit, lebt im Einklang mit der Natur und fördert soziales Engagement.
Nach Frau Holle hat Carmen Würth, die Ehefrau des Unternehmers und „Schraubenkönigs“ Reinhold Würth, das von ihr gestiftete Kulturhaus benannt, das im Mai 2017 in Künzelsau im Nordosten von Baden-Württemberg eröffnet wurde.
Dort hat sie ihre derzeit rund 8000 Bücher umfassende Privatbibliothek der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und veranstaltet in diesem Rahmen Lesungen und Konzerte. Für dieses nachhaltige kulturelle Engagement wird Carmen Würth, die sich seit Jahrzehnten auch für die Integration von geistig behinderten Menschen einsetzt, in diesem Jahr mit dem Deutschen Kulturförderpreis in der Kategorie „Große Unternehmen“ ausgezeichnet.
Carmen Würth ist selbst passionierte Leserin. Neben Gedichten, Sachbüchern und Kunstbänden lese sie immer gern auch Märchen, sagt die 81-Jährige: „Ich liebe die tiefe Lebensweisheit, die in Märchen steckt, und die kunstvolle, bildhafte Sprache. Ich schätze die faszinierende Erfahrung, dass aus jedem einzelnen Wort eine eigene Fantasiewelt entsteht.“
Die Besucher ihres neuen Kulturhauses sollten sich selbst ein wenig wie im Märchen fühlen, wünscht sie sich. Das fängt schon mit der Einrichtung des umgebauten ehemaligen Gasthauses im Ortskern von Künzelsau an. Der Innenraum des Gebäudes wurde bis unters Dach völlig entkernt. Von oben strahlt Licht auf die Inneneinrichtung, die sich um eine mehrstöckig begehbare Regalkonstruktion für die Bücher gruppiert.
Carmen Würth, Initiatorin
Ich schätze die faszinierende Erfahrung, dass aus jedem einzelnen Wort eine eigene Fantasiewelt entsteht.
Bild: Würth: Kulturförderpreis 2019
Wandmalereien, die verschnörkelte Holzarchitektur der Regale und die gemütlichen Sitzecken erzeugen den Eindruck eines großen Wohnzimmers. Bei einer Tasse Kaffee oder Tee können die Besucher nach Lust und Laune in den Büchern der Präsenzbibliothek stöbern. Die Bandbreite reicht von Erzählungen und Gedichten über Kochbücher aus aller Welt und Werken aus der Kunst- und Kulturgeschichte bis zu einer großen Auswahl an Kinderbüchern.
„Die Familie Würth handelt seit jeher voller Überzeugung nach Artikel 14 des Grundgesetzes, in dem es heißt, Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“, erklärt C. Sylvia Weber, die Leiterin des Geschäftsbereichs Kunst und Kultur in der Würth-Gruppe.
„Die Familie Würth engagiert sich in unterschiedlichsten Initiativen, unterstützt gemeinnützige Einrichtungen und fördert eine Vielzahl von Projekten aus Kunst und Kultur, Forschung und Wissenschaft sowie Bildung und Erziehung.“
1987 gründeten Carmen und Reinhold Würth die Stiftung Würth. Die über 18.000 Werke umfassende Kunstsammlung der Würths wird an den europaweit öffentlich zugänglichen 14 Standorten des Unternehmens gezeigt. 2017 wurden die Würth Philharmoniker gegründet, im gleichen Jahr folgte das Kulturhaus Würth mit der Bibliothek Frau Holle.
Über 26.000 Besucherinnen und Besucher haben seit Eröffnung im Mai 2017 das Angebot der Bibliothek genutzt. „Sie kommen, um zu verweilen und Neues zu entdecken“, erklärt Tobias Frank-Fleck, der Leiter der Bibliothek. „Bei manchem dürfte auch die Neugier eine Rolle spielen, was denn Carmen Würth so alles gelesen hat. Viele kommen aber immer wieder, um aufzutanken und neue Anregungen zu bekommen.“
Die besondere Atmosphäre des Hauses kommt auch bei den vielen Veranstaltungen zum Tragen, die hier stattfinden. Dank des Kulturhauses kommen jetzt namhafte Schriftsteller und Schauspieler nach Künzelsau. Der Förster und Autor Peter Wohlleben hat hier ebenso schon gelesen wie der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar oder der Kolumnist Axel Hacke. Kinder- und Jugendtheatergruppen nutzen das Haus als Bühne, und einmal im Monat lädt die „Singbar!“ zum Zuhören und Mitsingen ein.
Und zum Nikolaustag wird die Stifterin dann selbst aktiv als begeisterte Vorleserin. Rund 70 Kinder aus umliegenden Kindergärten werden auch in diesem Jahr wieder lauschen, wenn Carmen Würth ihnen das Märchen „Die Bremer Stadtmusikanten“ vorliest. Im Anschluss gibt es Geschenke für die Kinder.
Das hat schon Tradition – in den Vorjahren hat sie aus Texten von Oscar Wilde und aus Antoine de Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ vorgelesen. „Es ist mir ein Herzensanliegen, dazu beizutragen, das Interesse für unsere reiche Sprache neu zu wecken“, erklärt Carmen Würth. Und damit kann man bei Kindern nicht früh genug beginnen.
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