Das Projekt „Kulturfunke“ versorgt Lübeck während der Pandemie mit Kultur. So wird der kreativen Szene schnell und unbürokratisch unter die Arme gegriffen.
Jana Nitsch
Die Straßensängerin gibt in Lübeck ein Spontankonzert.
Bild: Markus Berthold
Lübeck Die „Schwalbe“, Farbton Saharabraun, strahlt in der Frühlingssonne. Am gut gepflegten Moped aus DDR-Produktion lehnt Jana Nitsch, im Arm ihr Akkordeon. Der sehnsuchtsvolle Klang ihres Instruments und ihre kräftige Stimme füllen den Platz vor der Wichernkirche im Lübecker Stadtteil Moisling. Jana Nitsch, Schmuckdesignerin, Dichterin, Sängerin mit Straßenmusik-Vergangenheit, singt französische und deutsche Chansons.
Ein Spontankonzert mitten in Moisling. Ein Stadtteil, der eher als sozialer Brennpunkt bekannt ist, weniger als Kulturort. Dass sich das vielleicht gerade ändert, daran wirkt ein ganzes Netzwerk an Akteuren mit.
Künstler aus Lübeck, der kunstaffine Pfarrer der Wicherngemeinde, Christian Gauer, das „Kulturtreibhaus“, eine Vernetzungsinitiative der freien Szene und nicht zuletzt die Lübecker Possehl-Stiftung. Hinter ihr steht die Unternehmergruppe Possehl, eine Holding mit mehr als 200 Gesellschaften in Bereichen wie Reifentechnik, Druckmaschinen oder Elektronik.
Seit Beginn der Corona-Lockdowns versorgt die Stiftung mit ihrem Programm „Kulturfunke“ die Hansestadt mit Kunst, von der Weltkulturerbe-geschützten Innenstadt bis zu den Randbereichen.
Kulturfunke – das sind Konzerte für einen oder mehr Zuhörer an coronakonformen Orten, Ausstellungen in Schaufenstern oder in Kirchen, Tanzworkshops oder Kita-Besuche von Jongleuren. Bislang rund 700 Veranstaltungen an 400 Orten mit Künstlerinnen und Künstlern aus Lübeck, zunehmend aber auch aus anderen Orten. „Der Kulturfunke ist inzwischen meine Lebensgrundlage“, sagt die Sängerin Jana Nitsch. „Ohne diese Förderung müsste ich mich Arbeitsuchend melden – obwohl ich das nicht bin.“
Die Künstlerin Bettina Thierig, die an der Kirche in Moisling eine große Außeninstallation aus einem Fischernetz angebracht hat, stimmt zu. „Das ist eine Wertschätzung für uns Künstler, nicht nur finanziell, sondern auch, weil wir unsere Arbeit endlich wieder öffentlich zeigen können.“
Zusammen mit drei Kolleginnen und Kollegen zeigt Thierig an vier Orten in der Stadt für die jeweiligen Orte konzipierte Werke. Dafür haben sie beim Kulturfunke-Projekt eine Gemeinschaftsförderung von 24.000 Euro erhalten. Einzelförderungen umfassen bis 6000 Euro.
Drei Wochen nach Beginn des ersten Lockdowns seien in der Stiftung die ersten Hilfsanfragen von freien Künstlern eingegangen, erklärt Max Schön, der Vorsitzende der Stiftung. Statt aber wie das Jobcenter Einkommens- und Vermögensnachweise prüfen zu müssen, wollte man stattdessen die Arbeitsfähigkeit der Künstler stärken. Zusammen mit dem „Kulturtreibhaus“ wurde schnell und unbürokratisch der „Kulturfunke“ aus der Taufe gehoben, der inzwischen sogar als Marke geschützt ist.
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