Die Pariser Auktionshäuser verzeichnen Rekordeinnahmen. Die Umsätze stiegen von 925 Millionen Euro in 2020 auf 2,2 Milliarden Euro im Jahr 2021.
Vincent van Gogh
Die ungewöhnliche „Straßenszene in Montmartre“ von 1887 fand für 13 Millionen Euro einen Käufer.
Bild: Sotheby's
Paris Obwohl 2021 Pandemie bedingt ein schwieriges Jahr für die Pariser Auktionatoren war, geht ihr Gesamtumsatz von 2,2 Milliarden Euro in die Kunstmarktgeschichte ein.
Im Ranking nimmt Sotheby‘s mit den durch Auktionen erzielten 424 Millionen Euro Umsatz wieder den ersten Platz ein, den das vor zwei Jahren von Patrick Drahi aufgekaufte Haus im Jahr 2020 Christie‘s überlassen musste. Sotheby‘s gibt erstmals rund 76 Millionen Euro für die zusätzlichen Privatverkäufe bekannt, um so mit etwa einer halben Milliarde Euro Jahresergebnis zu punkten.
Christie‘s, das François Pinaults Holding gehört, folgt dem Wettbewerber mit 421 Millionen Euro auf dem Fuße. Weltweit meldet Christie‘s Privatverkäufe in Rekordhöhe für 2021, jedoch ohne mit konkreten Zahlen aufzuwarten.
Das Angebot an Privatsammlungen ist für jedes Haus ein Marketing-Argument, da die Lose im Rahmen von ganzen Sammlungen wesentlich besser bewertet werden. Den Beweis liefert der höchste französische Jahreszuschlag. 14,6 Millionen Euro konnte Christie’s für René Magrittes Gemälde „La vengeance/Die Rache“ aus der Sammlung von Francis Gross verbuchen.
Auf dem Gebiet der Tribal Art kam die Topsammlung von Michel Périnet dank der guten Beziehungen der Experten Alain de Monbrison, Pierre Amrouche und des langjährigen Christie‘s Vorstands François de Ricqlès ebenfalls unter Christie‘s Hammer. Das phänomenale Ergebnis von 66 Millionen Euro hält nun weltweit die Spitzenposition für eine Sammlung afrikanischer Stammeskunst. Die Zuschläge für auserlesene Lose notierten von 5 bis 9,1 Millionen Euro.
René Magritte
14,6 Millionen Euro erzielte Christie’s für das Gemälde „La vengeance/Die Rache“. Es ist der höchste Jahreszuschlag in Frankreich 2021.
Bild: Christie's Images Ltd. 2021; VG Bild-Kunst, Bonn 2022
Sotheby‘s konnte mit einem relativ untypischen Bild von Vincent van Gogh aufwarten: Die „Straßenszene in Montmartre“ von 1887 fand im Rahmen einer innovativen Auktion, die hybrid gleichzeitig in vier Städten und live im Auktionssaal stattfand, für 13 Millionen Euro einen Käufer. Das üblicherweise in der Groupe Drouot tätige Auktionatorenduo: Mirabeau – Mercier hatte Sotheby‘s die rentable Gemeinschafts-Versteigerung für van Goghs Werk vorgeschlagen.
Eine ähnliche Zusammenarbeit praktizierte Auktionator Claude Aguttes, der Christie‘s das Manuskript von Albert Einstein übertrug, mit dem der Physiker die Relativitätstheorie erklärt. Nach internationalen Marketing legte es mit 11,6 Millionen Euro den neuen Weltrekord für ein wissenschaftliches Manuskript fest. Nun brüsten sich beide Auktionshäuser mit dem Rekordergebnis und nehmen es in ihre Jahresbilanzen auf. Das zeigt wieder einmal die Relativität der kommunizierten Gesamtumsatzzahlen für Paris.
Übrigens schnellte der Umsatz der neu strukturierten Groupe Drouot spektakulär in die Höhe. Nach katastrophalen 205 Millionen Euro im Jahr 2020 gibt die Groupe Drouot für das Vorjahr 523 Millionen Euro bekannt. Diese Zahl beinhaltet Versteigerungen in den 15 Sälen des „Hôtel Drouot“, wo 62 Auktionshäuser agieren. Neuerdings auch Auktionatoren, die keine Aktien in der Drouot-Gruppe besitzen.
Auf die digitale Zukunft ausgerichtet ist seit November 2021 die globale Internet-Plattform „Drouot.com“, die von 788 Auktionshäusern aus 30 Ländern benützt wird. Die Ergebnisse dieser Live- oder Online-Versteigerungen sind im Jahresumsatz der Groupe Drouot eingerechnet.
Den höchsten Zuschlag im Hôtel Drouot erzielte das Auktionshaus Binoche-Giquello für „Big John“, das aus den USA eingelieferte Riesenskelett des größten, 66 Millionen Jahre alten „Triceratops horridus“, der für 6,7 Millionen Euro einen neuen Liebhaber fand.
François-Xavier Lalanne
Die „Große Ente“ aus bemaltem Eisenblech kam für knapp 2 Millionen Euro wieder unter den Hammer.
Bild: Groupe Drouot; VG Bild-Kunst, Bonn 2022
Dass es sich lohnt, die Auktionen der Groupe Drouot zu verfolgen, beweist eine der so begehrten Tierskulpturen von François-Xavier Lalanne, die „Große Ente“ aus bemaltem Eisenblech. Der Transportunternehmer Jean-Claude Gallienne gab Lalanne 1971 den Auftrag für das Unikat, das 2010 erstmals in Paris bei Piasa für 270.680 Euro zugeschlagen wurde. Nach mehreren Etappen, darunter die Transaktion durch die Pariser Galerie Patrice Trigano auf der Maastrichter Messe, kam die „Große Ente“ nun für knapp 2 Millionen Euro wieder unter den Hammer.
Die Wertsteigerung um fast acht Mal innerhalb von elf Jahren ist akzeptabel. Jedoch relativ bescheiden im Hinblick auf die Preise, die Sotheby‘s für die Werkgruppe von François-Xavier Lalanne am 4. November in Paris einfahren konnte. Die von Tochter Dorothee Lalanne einlieferten Tierskulpturen brachten jeweils bis zu 8,3 Millionen Euro. Sie stammten zwar aus erster Hand, aber aus der Spätzeit, als der Bildhauer mit weniger surrealem Witz glänzte.
François-Xavier Lalanne und seine Ehefrau Claude zählen in den letzten Jahren zu den gefeierten Designstars in Versteigerungen. Ihre Preise klettern konstant nach oben.
Das britische Auktionshaus Bonhams hat den schwedischen Mitbewerber Bukowskis übernommen. Die Akquise soll Bonhams mehr Gewicht in Europa geben.
Das innovative französische Auktionshaus Artcurial konnte sich 2021 auf 169 Millionen Euro verbessern. Artcurial versteigerte Sammlerautos wie Kunstobjekte, setzte Comics, Street Art und Lifestyle-Auktionen durch und versteigert in Marrakesch orientalistische und zeitgenössische afrikanische Malerei.
Mit Niederlassungen in München, Wien, demnächst in Genf und einer Vertretung in Spanien folgt Artcurial einem europaweiten Ausbau. Sein Europa-Direktor Martin Guesnet teilt dem Handelsblatt mit, dass die deutschen Kunden weiterhin zu den wichtigsten des Hauses zählen.
Das englische Auktionshaus Bonhams, 2018 vom Investment-Fonds Epiris aufgekauft, lancierte im Vorjahr zur üblichen Pariser Oldtimer-Auktion 19 weitere Versteigerungen in Paris und setzte 28,4 Millionen Euro um. Mit einem weiteren Standbein in Stockholm platziert sich auch Bonhams im europäischen Markt (s. Seite 59).
Im Durchschnitt liegt der Jahresumsatz der übrigen Pariser Auktionshäuser etwas über dem ihrer deutschen Kollegen: Ader-Nordmann-Dominique mit 40 Millionen Euro, Aguttes mit 77,5 Millionen Euro, Pierre Bergé & Associés mit 23,6 Millionen Euro, Millon mit 81,7 Millionen Euro, Osenat mit 36,5 Millionen Euro, Piasa mit 43 Millionen Euro und Tajan mit 46,2 Millionen Euro. Dazu addieren sich noch 240 Millionen Euro der Internet-Auktionsplattform „Interenchères“ für Kunst und Sammelobjekte.
NFT-Versteigerungen sind in Frankreich – noch – verboten, weil nur „materielle Güter“ zur Auktion kommen dürfen.
Mehr: Frankreichs Auktionsmarkt im ersten Halbjahr 2021: Der Aufschwung der reinen Onlineauktionen setzt sich fort
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