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03.03.2023

16:00

Kunst- und Antiquitätenmesse in Maastricht

Strenge Auslese definiert den Markenkern

Von: Susanne Schreiber

Die Tefaf betreibt viel Aufwand, um Echtheit zu garantieren. Allein 200 Jurymitglieder prüfen die Authentizität der Kunstwerke.

Expertinnen und Experten für 30 fein ausdifferenzierte Sammelgebiete leuchten jede Rarität aus und prüfen sie auf ihre Echtheit hin – in Abwesenheit der Kunsthändler. Tefaf Maastricht

Ein Mitglied des Vetting-Komitees der Tefaf

Expertinnen und Experten für 30 fein ausdifferenzierte Sammelgebiete leuchten jede Rarität aus und prüfen sie auf ihre Echtheit hin – in Abwesenheit der Kunsthändler.

Düsseldorf So streng wie die „Tefaf“, die Messe der „The European Fine Art Foundation“, ist sonst kein Mitbewerber. Wenn die 36. Ausgabe am kommenden Donnerstag, 9. März für geladene VIP-Gäste öffnen wird, sind bereits Kontrollen an Tausenden von Kunstwerken gemacht worden. Es sollen keinesfalls Fälschungen weiterverkauft werden.

Dafür liegen honorige Möbelexperten auf dem Teppichboden und leuchten unter einen Barockschrank. Denn High-End-Möbel vergangener Epochen sollten keine Ergänzungen aus späterer Zeit aufweisen. Und Altmeister-Expertinnen auf Leitern erkennen im Schwarzlicht, ob das Renaissanceporträt restauriert, überrestauriert oder im Originalzustand ist.

Im Einsatz sind nicht weniger als 200 Jurymitglieder von 115 Institutionen aus der ganzen Welt. Die Expertinnen und Experten für 30 fein ausdifferenzierte Sammelgebiete leuchten jede Rarität aus und prüfen sie auf ihre Echtheit hin – in Abwesenheit der Kunsthändler.

So viel Aufwand für die Authentizität betreibt sonst kein Messeveranstalter. Kunstwerke, die das machtvolle „Vetting Committee“ herauszieht, dürfen nicht mehr auf der Tefaf ausgestellt und verkauft werden. Doch beim peinlichen Bann durch die Jury bleibt es nicht. Er hat auch Konsequenzen für die Zukunft.

Die Steuerungsgruppe um den Vorsitzenden des Executive Boards, den Hamburger Galeristen Hidde van Seggelen, unterhält eine Warteliste für Nachrücker. „Die Zeit der Erbhöfe ist vorbei. Jeder Aussteller muss sich jährlich neu bewerben,“ erzählt Georg Laue dem Handelsblatt einige Zeit vor der Eröffnung. Der Gründer der Kunstkammer in München ist Chairman für Alte Kunst und schaut als Mitglied des siebenköpfigen Selection-Teams ganz genau hin.

Die weibliche Bronze-Büste mit einer Frisur im Stil der 1880er-Jahre hat Alexis Rudier zwischen 1910 und 1926 gegossen. Es handelt sich um eine Edition von weniger als sieben Exemplaren. Kunsthandel Willoughby Gerish

Auguste Rodin

Die weibliche Bronze-Büste mit einer Frisur im Stil der 1880er-Jahre hat Alexis Rudier zwischen 1910 und 1926 gegossen. Es handelt sich um eine Edition von weniger als sieben Exemplaren.

Positiv wirken auf einer langen Punkteliste für jeden Aussteller eine ausgefallene Standgestaltung, Innovationen und ein zufriedenes Vetting Committee. Wenn aber Fälschungen eingeschleust oder Rechnungen an die Stiftung nicht bezahlt werden, wird der Betreffende künftig nicht mehr vom Selection-Team ausgewählt.

Erst seit wenigen Jahren haben Neubewerber eine echte Chance. Das sorgt für eine anregende Durchmischung und Wettbewerb. Denn so strengen sich die Langzeit-Aussteller auch mehr an.

Der strenge Maßstab zahlt auf den Markenkern der Messe ein: Das Besten vom Besten, was der Markt an Raritäten und außerordentlichen Kunstwerken zu bieten hat – in einer Gegend, in der es keine Ablenkung gibt.

Weil das Angebot der Tefaf einzigartig ist, reisen jedes Jahr rund 75.000 Besucher an, darunter über 1000 Museumsleute aus aller Welt. Dazu kommen mehr als 75 angemeldete Freundeskreise von Museen. Gemeinsam mit dem Chefkurator oder der Museumsdirektorin suchen sie aus, was für „ihr“ Museum das „richtige“ Geschenk sein könnte. Ganz nebenbei beraten die Wissenschaftler die spendablen Freunde dann auch bei deren privaten Erwerbungen.

Die Tefaf ist berühmt für ihren exzellenten Überblick auf Alte Meister, Silber, Porzellan, Kunst- und Wunderkammerobjekte, aber auch Asiatika, Antiken, Stammeskunst und Waffen oder reich verzierte Handschriften. Diese Sammelgebiete machen zwei Drittel der Aussteller aus. Ein Drittel hat die Gegenwart und die jüngste Vergangenheit im Blick: Zeitgenössische Kunst und Skulptur, Fotografie, Design und Schmuck.

Der Londoner Händler, der vor der Firmengründung 2020 kurzzeitig Direktor bei Colnaghi war, hat orientalistische Gemälde im Angebot.

Auf dem Stand von Will Elliott

Der Londoner Händler, der vor der Firmengründung 2020 kurzzeitig Direktor bei Colnaghi war, hat orientalistische Gemälde im Angebot.

In jährlichem Wechsel präsentieren die Veranstalter jüngere Händler und Galeristinnen mit Potenzial. Deren kleiner dimensionierten Stände werden zur „Showcase“-Reihe gruppiert. Dieses Jahr sind es zehn statt sechs Auserwählte. Platziert wird der Nachwuchs im ersten Stock um die Seafood Bar, dort, wo einige Jahre zuvor die Kunst auf Papier zu finden war.

Auf übersehene Künstler des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts hat sich Ambrose Naumann Fine Art spezialisiert. Der Sohn des einstigen Tefaf-Ausstellers und Altmeisterhändlers Otto Naumann hat seine Firma 2018 gegründet. Der New Yorker präsentiert im „Schaukasten“ ein Blumenstillleben, das wie ein Altmeistergemälde wirkt und verblüfft. Denn gemalt und signiert hat es Liselotte Schramm-Heckmann 1947.

Einen echten Alten Meister hat hingegen Miriam Di Penta Fine Arts für Showcase aus Rom mitgebracht. Der Maler Mattia Preti erfasste die Madonna mit Kind 1650 so plastisch und lebensnah, dass sie den Betrachter unmittelbar in Bann ziehen. Im Herbst 2023 plant Miriam Di Penta die Eröffnung einer Pariser Niederlassung.

Kunstmesse in Brüssel: Antikenhändler stellen nicht mehr auf der Brafa aus

Kunstmesse in Brüssel

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20 Sammelgebiete werden in der Brüsseler Kunst- und Antiquitätenmesse zu einem abwechslungsreichen Parcours gemischt. Händler für Stammeskunst und Antiken sehen sich kriminalisiert und ziehen sich zurück.

Attraktive Gemälde der Orientalisten hält der Londoner Will Elliott bereit, der vor der Firmengründung 2020 kurzzeitig ein Direktor bei Colnaghi war. Der 37-jährige Willoughby Gerrish aus London lenkt hingegen den Blick auf kleinere Skulpturen großer Namen. Zu entdecken sind u.a. ein Mädchenkopf von Auguste Rodin und ein kubistisch gebrochener „Sitzender Badender“ von Jacques Lipchitz.

Wer es zeitgenössischer haben will, sollte unbedingt den Stand der Galerie Schönewald aus Düsseldorf ansteuern. Hier findet sich erwartungsgemäß eine feine Auswahl an Bildern von Gerhard Richter. Die Auswahl reicht von einem streng konzeptuellen „Grauen Spiegel“ von 1990 über leuchtende Papierarbeiten zu juwelhaft anmutenden Lackarbeiten. Dazu ein Schwamm-Relief von Yves Klein und Gemälde von Obstbäumen der vorzüglichen Malerin Karin Kneffel. Deren Karriere startete einst in der Düsseldorfer Akademie in der Klasse von Gerhard Richter.

Münchner Herbstmessen: Kunst- und Antiquitätenhandel: Jahrtausende alte Keramik trifft auf Malerei mit Meteoritenstaub

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Die zwei Messen in München ergänzen sich perfekt. Von überschaubarer Größe kann man die nahegelegenen Leistungsschauen gut hintereinander besuchen.

Bei Beck & Eggeling erwartet ein Zero-Schwerpunkt die Besucherin. Ausgehend von den flügelartig arrangierten Aluminiumnetzen in „Wings of Gabriel“ von Heinz Mack aus dem Jahr 1965 lässt sich hier das Umfeld der Künstlerbewegung „Zero“ in der Tiefe erkunden: Mit Arbeiten von Walter Leblanc, Raimund Girke, Gotthard Graubner und Hal Busse.

Letztere heißt mit bürgerlichem Namen Hannelore Bendixen-Busse (1926-2018). Beck & Eggeling haben die etwas aus dem Blickfeld geratene Künstlerin gerade wiederentdeckt. Sie stellen Busses verblüffend frische Abstraktionen aus der Zeit kurz nach Beteiligung an der „Zero“-Ausstellung von 1958 in Düsseldorf und in Maastricht vor.

Die Pariser Galerie Vallois überrascht mit einer Maschinenskulptur des Neo-Dadaisten Jean Tinguely. Der Schweizer hat 1974 eine Schleifmaschine geadelt, indem er sie in eine heitere Skulptur aus Fundstücken vom Schrottplatz einbaute.

Echtheitsfragen - wie eingangs beschrieben - lassen sich bei zeitgenössischer Kunst übrigens einfacher klären als bei Alter Kunst. Galeristen wissen durch den engen Kontakt zu lebenden Künstlern oder zu Nachlass-Verwaltungen um die Herkunftsgeschichte ihrer Exponate.

Egal welche Abteilung der Tefaf der Messebesucher durchstreift, so gut wie alle ausgestellten Kunstwerke lehren die Betrachtenden das Staunen und das Fragen. Ein guter Einstand für ein angeregtes Gespräch mit den Galeristinnen und Galeristen.

36. Tefaf im MECC in Maastricht, 11. bis 19. März, täglich 11 bis 19 Uhr (19.3. 18:00); 50 Euro Einfacher Eintritt; 125 Euro Mehrfacher Eintritt

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