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10.03.2022

07:35

Kunstauktionen

Phillips und Christie's spenden für die Ukraine

Von: Stephanie Dieckvoss

Phillips gehört der russischen Mercury Group. Jetzt gab das Auktionshaus bekannt, seine Kommissionen für die Ukraine zu spenden. Christie’s zog nach.

Mit 4,9 Millionen Pfund avancierte der farbstarke Blick in den Garten zum Toplos. Phillips

David Hockney „Selbstbild auf Terrasse“

Mit 4,9 Millionen Pfund avancierte der farbstarke Blick in den Garten zum Toplos.

Phillips war das Auktionshaus, das die Auswirkungen von Russlands Krieg gegen die Ukraine in den Auktionen von Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts Ende letzter Woche in London am meisten spürte. Das Haus gehört seit 2008 der russischen Mercury Group. Das störte allerdings den moralfreien Kunstmarkt kaum. Der Versteigerer wurde nicht boykottiert, aber in der Abendauktion gab es bei einigen Geboten etwas Zurückhaltung.

Kurz vor der Auktion sah sich Phillips dazu veranlasst anzukündigen, dass die Kommissionen der Verkäufer wie der Käufer an das ukrainischen Rote Kreuz gespendet werden.

Hauptgeschäftsführer Stephen Brooks konnte 5,8 Millionen Pfund weiterreichen. Die Pressemitteilung stellt das humanitäre Engagement heraus, lässt aber die russische Eigentümerschaft unerwähnt. Cheyenne Westphal, Phillips‘ Global Chairwoman, bestätigte dem Handelsblatt, dass die Spende nach Absprache mit den beiden Eigentümern Leonid Fridlyand und Leonid Strunin getätigt wurde.

Auf weitere Fragen zur Zukunft des Hauses zeigt sie sich positiv. Sanktionen würden nicht in der Luft liegen, da weder Fridlyand noch Strunin in Russland leben. Laut Firmeninformationsdiensten residiert Fridlyand in Monaco, Strunin in Zypern. Westphal betont: „Die kommende Saison wird eine unserer stärksten werden. Unsere Käuferschicht ist global und ist mit uns dabei.“

Allerdings bleiben Fragen offen: Wie geht es mit Mercury weiter? Die Gruppe betreibt die größte Kette für Luxusmode in Russland und das berühmte Tsum Kaufhaus in Moskau. Im November letzten Jahres wollte sie an die Börse, zog die Notierung dann aber der Nachrichtenagentur Reuters zufolge zurück.

Das 2006 entstandene Leinwandgemälde kam mit 831.600 Pfund auf ein Vielfaches seiner Schätzung. Christie's Images Ltd. 2022

Yayoi Kusama "Pumpkin [TOWSSO]"

Das 2006 entstandene Leinwandgemälde kam mit 831.600 Pfund auf ein Vielfaches seiner Schätzung.

Phillips bot in der Abendauktion nur 41 Arbeiten an mit einer Gesamtschätzung von 24 bis 35 Millionen Pfund. Im Vergleich zu den Mitbewerbern ist das ein stark reduziertes Angebot. Es hängt mit Phillips‘ Schwäche im Bereich der hochpreisigen Klassischen Moderne zusammen.

Die Auktion spielte dann aber innerhalb der Erwartung 30 Millionen Pfund ein und konnte eine Verkaufsrate von starken 95 Prozent verzeichnen. Toplos wurde David Hockneys „Selbstbild auf Terrasse“ mit 4,9 Millionen Pfund.

Vier der fünf zurückgezogenen Werke hatten Taxen im Millionenbereich. Betroffen vom Desinteresse potenzieller Käufer – so die Stellungnahme bei der Pressekonferenz – waren Sigmar Polkes „Untitled“ von 1965 aus der Sammlung von Jerry Spiegel sowie ein Banksy-Bild von 2008.

Schwaches Interesse an Banksy

Das Interesse an Banksy war in dieser Woche durchweg schwach. Ob der Banksy-Hype vorbei ist, wird sich im Laufe des Jahres zeigen.

Nach Phillips' öffentlicher Unterstützung der Ukraine sah sich auch Christie’s veranlasst, eine Spende an das Rote Kreuz und das UN-Flüchtlingswerk bekannt zu geben. In der Tagesauktion wurde ein Werk von der aus Odessa stammenden Künstlerin Sonia Delaunay versteigert, das 700.000 Pfund brachte.

Christie’s und auch der Einlieferer werden je einen Teil des Erlöses spenden. In der Tagesauktion waren es jedoch Werke aus zwei deutschen Sammlungen, die für exzellente Ergebnisse sorgten. Eine in über dreißig Jahren aufgebaute, anonyme Sammlung überzeugte mit marktfrischen Arbeiten. Statt der geschätzten 522.000 bis 790.000 Pfund, brachte sie starke 1,2 Millionen Pfund.

Kunstmarkt: Auktionen in London: Stabil in instabiler Welt

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Bei Christie's und Sotheby's gehen die Preise für jüngste Kunst durch die Decke. Sammler lassen sich vom Weltgeschehen noch nicht beeindrucken.

Walter Dexel und Otto Freundlich ließen sich auf neue Preisniveaus heben. Beide Künstler sprechen mit ihrer abstrahierenden Farbigkeit auch jüngere Sammler an. Drexels „Lokomotive von Vorne“ ging bei 300.000 Pfund für das Doppelte der Taxe an einen Kunden von Dirk Boll, einem von drei Präsidenten bei Christie’s.

Eine Komposition von Lásló Moholy-Nagy erzielte bei einer Schätzung von 15.000 bis 25.000 erstaunliche 126.000 Pfund. Dieser Trend setzte sich auch für Arbeiten von Heinrich Hoerle und anderen fort.

Die zehn Arbeiten aus der Sammlung der Deutschen Bank verkauften sich oberhalb der Gesamtschätzung von 542.000 bis 836.000 Pfund und erbrachten knapp 1 Millionen, darunter Papierarbeiten von Heinrich Campendonk, Emil Nolde und Ernst Ludwig Kirchner. Zwei Papierarbeiten der unbekannten Erika Giovanna Klien erzielten das Zehnfache der Schätzung, eine kam auf 28.000, die andere auf 50.000 Pfund.

Boll gibt sich dem Handelsblatt gegenüber zufrieden: „In den Preisen für Werke der deutschen Kunst zeigt sich die große Erfahrung, die Christie‘s über 30 Jahre in diesem Gebiet aufgebaut hat, und auch die Internationalisierung der Sammlerschaft — allerdings auch deren strikte Qualitätsauslese.“

Experte Keith Gill betont, dass das Haus mehr europäische Bieter hatte als in den vergangenen Jahren, aber das Interesse an deutscher Kunst immer noch von New York mitgetragen wird.

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