Hamburg hat Kaufkraft, jedoch keine Messe, die sich etablieren konnte. Die zweite Paper Positions zielt mit günstigen Preisen auf jüngeres Publikum.
Eberhard Freudenreich
Die mit Bleistift geschaffene „Kantenzeichnung 2“ aus dem Jahr 2008 hat die Galerie Holzhauer auf die Messe mitgebracht.
Bild: Galerie Holzhauer
Hamburg Kunst als weicher Standortfaktor wird auch in Hamburg großgeschrieben. Deswegen wurde die zweite Ausgabe der Kunstmesse „Paper Positions“ wieder finanziell unterstützt. Eröffnet wird sie in einem ehemaligen Kaufhaus direkt gegenüber dem Hauptbahnhof.
Von den insgesamt 31 Galeristen und Kunsthändlern sind 24 aus Hamburg. Sie mussten für ihre Präsentations- und Verkaufsflächen auf der Messe keine Gebühren zahlen. Die sonst üblicherweise hohen Kosten übernahm die Hansestadt, die damit gleichzeitig geschickt den Leerstand im Innenstadtbereich überspielt.
Die eine aus Wiesbaden und die sechs aus Berlin angereisten Galerien lockte, dass sie für die Messe ebenfalls nur kleines Geld zu zahlen hatten. Und natürlich die Aussicht auf Verkäufe in einer Stadt, in der sich trotz zahlungskräftiger Kundschaft bislang keine Kunstmesse langfristig etablieren konnte.
Der Schwerpunkt der Paper Positions liegt bei Arbeiten auf und mit Papier. Jede der eingeladenen Galerien war aufgefordert, eine einzige künstlerische Position zu präsentieren, daran haben sich nahezu alle gehalten.
Für die Kunsthändler galt eine Ausnahme. So zeigt der Hamburger Händler Thole Rotermund Werke von Eduard Bargheer und Rolf Hans, zart mit Bleistift sind auf den Etiketten die Preise vermerkt. Für ein 1945 entstandenes Aquarell von Bargheer mit einer „Ansicht von Florenz“ sind es 7800 Euro, ein „Südlicher Wald, verso Aquarell einer Wüstenlandschaft“ von 1968 ist mit 8600 Euro ausgezeichnet. Der ebenfalls aus Hamburg kommende Händler Magnus P. Gerdsen zeigt etablierte Publikumsrenner wie Emil Nolde, Anita Rée und Horst Janssen.
Kuratiert wurde die als „the show“ titulierte Messe von Heinrich Carstens zusammen mit dem Geschäftsführer der Paper Positions, Kristian Jarmuschek, dessen Berliner Galerie Arbeiten von Majla Zeneli ausstellt.
Stefan Pehl
Auf dem Stand von JB Fine Arts findet sich das mit Öl und Kreide auf Papier gemalte „Untitled“ von 2014 (Ausschnitt).
Bild: JB Fine Arts
Nach coronabedingt mäßigem Erfolg im vergangenen Jahr – der Einlass war stark limitiert auf nicht mehr als 50 Personen – sind die Chancen auf einen Publikumserfolg in diesem Jahr deutlich besser. Es bleibt trotzdem ein Versuch mit offenem Ausgang. Ein deutlich jüngeres Publikum wäre für die Paper Positions in Hamburg eine Chance. Bei dem gleichen Messeformat in Berlin, von dem Hamburg ein Ableger ist, funktioniert das schon.
Die Angebote beginnen mit verlockend niedrigen Preisen, wie bei der Galerie Holthoff (Hamburg), die einige „Porn Ladies“ von Mimi Hocke in DIN-A4-Größe für 850 Euro zeigt. Daneben hängen Arbeiten von ihrem Stiefvater Werner Büttner, dessen „Akt mit Geier“ aus der Serie „Desastres de la Democracia“, eine Gouache, für 1800 Euro angeboten wird.
Fünfstellig bepreist ist ein Angebot bei der Berliner Galerie Tammen. Das starkfarbige und gleichzeitig zarte Werk von Marion Eichmann mit nie mehr verblühenden Lilien und Nelken im repräsentativen Format von 205 x 125 Zentimetern soll für 22.000 Euro einen neuen Blumenliebhaber finden.
Einen Klassiker der Hansestadt zeigt die Hamburger Galerie St. Gertrude: Es sind Werke von Dieter Roth, von dem ein wunderbares „Snow“, entstanden 1973, für 4500 Euro angeboten wird. Es ist eines seiner Multiple, hier mit zwei zerquetschten Glühbirnen.
Kunst aus und auf Papier reizt zum Experiment und überrascht. Sie hat auch den Vorteil, preislich erreichbar zu sein. Das beweist die aktuelle Spezialmesse in Berlin.
Die Wiesbadener Galerie Davis Klemm hat es nach Hamburg geschafft, weil die Kuratoren fanden, dass die farbstrahlenden Siebdrucke in kleiner Auflage von Michael Craig-Martin zwingend in die Paper Positions gehören. Die Sportmotive huldigen dem Ort der Messe, dem ehemaligen Karstadt-Sport-Kaufhaus. Jetzt ist es umgewidmet worden zu einem „Raum für kreative Zwischennutzung“.
Gutes Storytelling ist eben auch im Stadtmarketing die halbe Miete. So wurde das Haus flott umbenannt und verheißungsvoll auf den Namen „Jupiter“ getauft. Schon aus der Ferne ist der neue Name groß auf dem Dach zu lesen. Warum Jupiter? Nebenan ist das Technik-Kaufhaus Saturn. Die neue Sternenkonstellation soll neugierig machen.
Dazu gehört auch sympathisch schräger Humor. Den brauchen auch die Besucher der Messe, denn bevor sie im zweiten Stock ankommen, müssen sie erst mal vorbei an Atelierflächen, auch denen von Hobbykünstlern, an Musikerauftritten, die im ganzen Haus zu hören sind, an Vortragsveranstaltungen, an Verkaufsständern mit Kleidung aus aller Herren Länder. Solche Häuser hießen ehedem „Eine-Welt-Laden“. Das passt doch perfekt zu Jupiter, Saturn und auch zu einer Kunstmesse.
Die Messe „Paper Positions“ läuft bis 2. Oktober im Jupiter Hamburg.
Mehr: „Paper Positions“ Berlin: Papierkunst auf der Messe: Faible für Zartes
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