Mit ihrer kuratierten „Mittelmeer“-Sektion beweist die „Arco“ in Madrid, wie inspirierend es sein kann, auf eine klassische Standarchitektur zu verzichten.
Ma Ke „Journey to the West - Far Far Away“
Das 2022 entstandene Ölgemälde ist auf dem Stand der Galerie Rüdiger Schöttle zu finden.
Bild: Galerie Rüdiger Schöttle
Madrid Die „Arco“ in Madrid hat als einzige große Kunstmesse während der Pandemie nie aussetzen müssen. Diese Kontinuität zahlt sich aus. Die Messe gilt als relativ sichere Bank für die Aussteller, da die zuverlässige spanische Sammlerschaft traditionell durch ein großzügiges Einladungsprogramm ergänzt wird.
Rosemarie Schwarzwälder von der Galerie Nächst St. Stephan aus Wien ist entsprechend zufrieden mit dem Auftakt. Sie verkaufte für 20.000 Euro eine größere Leinwand von Jongsuk Yoon an koreanische Sammler, die auf ihrer Europa-Tour eigens einen Abstecher nach Madrid unternommen hatten. Das VIP-Programm sei wohl ausgebucht, erklärt Galeriedirektorin Melanie Harl.
Bärbel Grässlin aus Frankfurt schränkt zunächst ein, dass das Publikum ihrem Eindruck nach weniger international sei als in den Vorjahren. Das liege vielleicht auch an der Vielzahl der Messen, die dadurch in ihrer Gesamtheit jeweils wieder regionaler würden. Bei der Aufzählung der ersten Verkäufe wird jedoch klar, das nicht nur Spanier unter den Kunden sind, sondern auch Deutsche, Amerikaner und Portugiesen.
Die terminliche Nähe und das Erstarken der „Zona Maco“ in Mexiko wird von den Spaniern genau beobachtet, doch Direktorin Maribel Lopez ist zuversichtlich: „Wir dachten, die Terminverschiebung würde uns mehr treffen als sie es tatsächlich tut.“ Auf ihren Lorbeeren ausruhen kann sich die Arco dennoch nicht, denn auf beiden Kontinenten ist die Konkurrenz groß. Lopez zeigt sich aber zufrieden: „Allein aus Deutschland sind Capitain Petzel, Rüdiger Schöttle und Contemporary Fine Arts erstmals hier.“
Im Bereich mit vorwiegend lateinamerikanischen Ausstellern hat Livie aus Zürich ihre Messepremiere. Die vor dreieinhalb Jahren gegründete Galerie teilt sich mit Ruth Benzacar aus Buenos Aires die Künstlerin Sofía Durrieu.
Die zarten Bronzeskulpturen der in Basel lebenden Argentinierin bilden Tränenflüsse nach und sind beweglich an Wandhalterungen befestigt. So kann sie sich der Betrachter auflegen, um so zum Teil des Kunstwerks zu werden. Einzelstücke kosten zwischen 5000 und 12.000 Euro. Die Kooperation mit der bereits seit zwei Generationen an der Messe teilnehmenden Benzacar dürfte den Schweizern bei der Einführung in den Markt helfen.
Nilbar Güres „Trans Form“
Kraftvoll auch im Kleinformat von 35 x 35 cm. Zu finden bei der Wiener Galerie Janda (Ausschnitt).
Bild: Reha Arcan; Galerie Martin Janda, Wien
Ein großer Wurf ist der Messe mit den kuratierten Bereichen gelungen. Das war nicht immer so. Eine sehr glückliche Hand beweist die griechische Kuratorin Marina Fokidis mit der Sektion „El Mediterráneo: Un Mar Redondo“. In dem um eine Art Agora angeordneten Raum ist die klassische Kojen-Architektur aufgegeben zugunsten einer Durchmischung der unterschiedlichen Einzelpräsentationen. Die Teilnahme erfolgte auf Einladung, ohne Standkosten.
So nahm etwa Francesco Pantaleone aus Palermo erstmals teil. Er zeigt Fotografien von Letizia Battaglia zu Preisen von 5000 bis 20.000 Euro. Daneben hängen die Stickarbeiten der 2013 94-jährig verstorbenen Maria Lai. Sie werden von der Galerie m 77 aus Mailand gezeigt. Die großen musealen Arbeiten kosten 120.000 und 180.000 Euro, kleinere Bücher z.B. um die 20.000 Euro. Direktorin Chiara Principe ist von der Arco begeistert und will wiederkommen, hat sie doch schon am ersten Tag hier gut verkauft.
Die Wiener Kunstmesse Spark Art Fair findet dieses Jahr nicht statt. Die Absage kam keine zwei Monate vor der Eröffnung. Grund sind lokale Querelen.
Der Wiener Martin Janda kommt — wie viele seiner lateinamerikanischen Kollegen auch — gerade aus Mexiko von der Zona Maco. Madrid lässt sich er sich gleichwohl nicht nehmen. Das Mittelmeer-Projekt habe ihn überzeugt, erklärt er. Die Türkin Nilbar Güres zeigt er mit drei Arbeiten, zwei kleinen Gemälden für 11.000 und 12.000 Euro und einer mehrteiligen Installation mit einem Video und einer großen Fotografie zu 30.000 Euro.
In der jetzigen Form sieht Messe-Direktorin Lopez großes Potenzial. Das Modell der Einladungssektionen gibt es seit 1994, aber es hat nicht immer funktioniert. Aus dem Indien-Schwerpunkt 2009 ist niemand übrig geblieben.
„Wir müssen uns immer überlegen, welches Experiment sinnvoll ist und in welche Richtung wir gehen wollen“, so Lopez. „Wir haben mit Ländern und klassischen Ständen angefangen. Jetzt haben wir offene Räume mit thematischen Schwerpunkten. Dieses Jahr sind wir sehr zufrieden mit der Kuratierung.“
Die Art-o-Rama besticht mit mediterraner Entspanntheit und Preisen, bei denen das Kaufen Spaß macht.
Ein etabliertes Format ist „Opening“ für junge Galerien. Die ist in diesem Jahr besonders spannend geraten, weil die 2014 als Projektraum gegründete Galerie Sperling aus München mit ihrer zweiten Teilnahme hier schon zum Establishment gehört. Für Johannes Sperling und seine Künstlerin Veronika Hilger hat sich die Teilnahme schon am ersten Tag ausgezahlt. Eine spanische Sammlerin, die weder die Galerie noch die Künstlerin kannte, hat sich spontan in eines der mittleren Formate zu 4600 Euro verliebt.
Laura Gonzàlez Palacios gehört zu einer Generation junger Akteure aus Barcelona, die neuen Schwung verbreiten. Sie hat ihren Chiquita Room 2018 gegründet und nimmt hier zum ersten Mal an einer Messe außerhalb ihrer Heimatstadt teil.
Die Rolle als Verbindungsglied Lateinamerikas mit der Welt kann die Arco immer noch souverän für sich beanspruchen. Für Cuautéhmoc Medina, Chefkurator des Museo Universitario Art Contemporaneo in Mexiko Stadt, ist die Veranstaltung seit Jahrzehnten ein Fixstern im Kalender. „Die Veranstalter sind die Besten darin, Menschen zusammenzubringen“, erklärt er. „Viele Kooperationen auf dem Subkontinent werden in Madrid vereinbart.“
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