Auf der Paris Photo präsentieren etliche Galerien ihr vollständiges Programm dicht an dicht. Auf afrikanische Kunst fokussiert ist die Akaa.
Omar Victor Diop
Der afrikanische Fotograf inszeniert farbenprächtige Tableaus. Den abgebildeten Pigmentdruck "Allegoria 6" von 2021 bietet die Galerie Magnin-A aus Paris an.
Bild: Omar Victor Diop
Es gibt Positives von der weltweit größten Fotokunstmesse „Paris Photo“ zu berichten, aber auch Negatives. Das „Grand Palais Ephémère“, die provisorische Ausstellungshalle am Fuß des Eiffelturms, ist zwar kleiner als das wegen Renovierung geschlossene „Grand Palais“; es ist aber den Messebedingungen entsprechend konzipiert und klimatisiert, also angenehm.
Die 24. Ausgabe findet erstmals physisch und online statt. Von 177 Ausstellern aus 29 Ländern stellen die Deutschen mit 18 Galerien nach den Franzosen und Nordamerikanern das drittgrößte Kontingent.
Deutsche Fotokünstler sind omnipräsent, egal, ob es sich um historische oder um zeitgenössische Fotografie handelt. Besonders erfreulich ist, dass viele Galerien Fotografinnen in den Vordergrund stellen. Kicken aus Berlin tut das mit einer Wand voller Vintageprints aus den 1920er- bis 1930er-Jahren. Dabei handelt es sich um Abzüge, die zeitnah zur Aufnahme entstanden.
Unter den bekannten Fotografinnen fallen rare Werke auf: etwa der Silbergelatineabzug mit Collagen auf schwarzem Holz von Marta Hoepffner. Die „Afrikanische Kunst“ betitelte Arbeit entstand 1935, einem wichtigen Jahr für die Dokumentation afrikanischer Kunstwerke. Kicken erwartet für sie 90.000 Euro.
Bleiben wir beim Geld: der Messeeintritt kostet 30 Euro, am Wochenende 32 Euro, den Katalog gibt es nur noch online. Der aber ordnet Galerienamen nach Vornamen. Ruzicska findet nur, wer weiß, dass der Salzburger Nikolaus heißt. Kürzlich wurde bekannt, dass der Eigentümer der Paris Photo und der „Fiac“ die beiden Direktionen fusioniert. Im Klartext wird entweder der Posten von Florence Bourgeois oder Jennifer Flay eingespart, gefolgt von 235 der insgesamt rund 600 Stellen, die zur Disposition stehen.
Bernd Halbherr „Jeju Forest“
Die Fotoskulptur von 2010 besteht aus einem Lambdaprint, der 100 von einem Computerprogramm zusammengesetzte Einzelaufnahmen beinhaltet. Die Skulptur hat einen Durchmesser von 50 cm und kam in einer Auflage von 5 auf den Markt. Für die Lackbeschichtung der Oberfläche entwickelte der Künstler eine eigene Zentrifugen-Technik.
Bild: Galerie van der Grinten
Die Standkosten hingegen werden keineswegs geringer. Das betont die extra aus Südafrika angereiste Galeristin Emilie Demon der Afronova Gallery. Sie setzt sich kämpferisch für vier junge südafrikanische Fotografinnen ein. Die 26-jährige Südafrikanerin Dimakatso Mathopa wurde im Rahmen des Parcours „Elles x Paris Photo“ ausgezeichnet, der 30 Fotografinnen im Namen des französischen Kulturministeriums präsentiert.
Ein weiterer Grund zur Kritik ist der vom Sponsor J. P. Morgan Bank organisierte Abendcocktail vor der VIP-Eröffnung. Hier sind die Ankäufe spärlich, die Musik aber übertönt jegliches Verkaufsgespräch mit angereisten Museumskustoden und Sammlern.
Negativ fällt auf, dass viele Stände allzu kommerziell ausgerichtet sind und gleich das ganze Galerieprogramm dicht an dicht hängen. Das ist eine für die historische, thematisch gehängte Fotografie praktikable Methode, wie sie etwa von dem Galeristen Johannes Faber aus Wien gepflegt wird.
Unter den 20 amerikanischen Galerien tendieren einige zum „too much“. Dabei sind die späteren Abzüge von den wertvolleren Vintages nicht zu unterscheiden. Galerist Karsten Greve verdeutlicht den Unterschied bei seiner monografischen Schau von Herbert List geschickt durch unterschiedliche Rahmung .
Marta Hoepffner
Die Collage mit Fotografie „Afrikanische Kunst“ entstand 1935.
Bild: Estate Marta Hoepffner/Kicken Berlin
Der in diskretes Licht getauchte Stand von H. P. Kraus aus New York mit auserlesenen Fotografien des 19. Jahrhunderts legt den Fokus auf ein blaugrundiges Fotogramm von Anna Atkins (1799 – 1871), das zwei Baumblätter von 1851 zeigt.
Fotos der kürzlich verstorbenen Filmemacherin und Fotografin Agnès Varda, die die Bildhauerin Valentine Schlegel und deren Keramiken in schwarz-weiß festhielt, entdeckt man bei der Pariserin Nathalie Obadia.
Von den Filmen, Texten und der Biografie der in Indonesien aufgewachsenen Marguerite Duras beeinflusst ist eine Serie der Fotografin Flore. Flore ist Preisträgerin des vom Finanzier Marc Ladreit de Lacharrière gestifteten Fotopreises der Académie-des-beaux-arts und stellt derzeit beim Fotofestival in Deauville aus. Die Pariser Galerie Clementine de la Feronnière vertritt die Fotografin.
Eine ganz ähnliche Wirkung haben die auf versilberten Kupfertafeln gedruckten Landschaften von Elger Esser, den vier Galerien auf der Paris Photo präsentieren: RX aus Paris/New York, Tanit aus Beirut/München, van der Grinten aus Köln und Bruce Silverstein aus New York.
Die Paris Photo ist stets ein Ereignis. Die Verkäufe halten sich aber, zumindest am Eröffnungstag, noch in Grenzen.
Die feinsinnigen, spartenübergreifenden Arbeiten von Lena von Goedeke, die im Polarkreis filmt und mit ihren Glasskulpturen auf die Kältebedingungen hinweist, bietet die Galerie m aus Bochum. Gewissermaßen als Kontrastprogramm engagiert sich Daniel Blau aus München für die umfangreiche Farbserie der amerikanischen Fotografin Sofia Valiente. Sie dokumentiert Dörfer mit sozial Ausgegrenzten in Südflorida.
Fast zeitgleich lockt im Pariser Carreau du Temple bis Sonntagabend die auf zeitgenössische afrikanische Kunst und Design spezialisierte Messe „Akaa (Also Known As Africa)“, die seit 2016 auch in Paris veranstaltet wird. Sie führt 30 europäische und afrikanische Aussteller zusammen (bis 14.11.).
Die Londoner October Gallery kam trotz Brexit; und der Brüsseler Kunsthändler Didier Claes zeigt die Gemälde von Gopal Dagnogo von der Elfenbeinküste. Einige bespielen gleichzeitig auch die Paris Photo. Die Galerie Magnin-A präsentiert auf der Paris Photo inszenierte Fotografien von Omar Victor Diop und auf der Akaa Arbeiten von vier Afrikanern.
Auch hier weht der Wind günstig für die schwarzen, Kunst schaffenden Frauen, sowohl aus den USA, wie aus den 54 afrikanischen Staaten. Dem Trend entsprechend folgen in den nächsten Tagen mehrere Auktionen mit zeitgenössischer afrikanischer Kunst.
Mehr: Galerien und Kunsthandel: Neugründung in Paris: Nobeladresse für die Kunst aus Afrika
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