La Biennale Paris und Christie's machen gemeinsame Sache. Weil die Messe abgesagt wurde, soll die Offerte nun im Internet versteigert werden.
Aus dem Angebot der Kunsthandlung Neuse
Der Hofgoldschmied Kaiser Napoleons, Jean Baptiste Claude Odiot, schuf dieses Paar Weinkühler aus Silber zwischen 1798 und 1809.
Bild: Kunsthandlung Neuse
Paris Mit dem Mut der Verzweifelten organisieren das Auktionshaus Christie’s und die Messe „La Biennale Paris“ in der Coronakrise gemeinsam eine reine Internetauktion mit Messematerial. Für gewöhnlich betrachtet man Händler und Versteigerer als Konkurrenten, die beide um die Gunst des Kunden und sein Geld buhlen.
Die Biennale für Kunst und Antiquitäten findet seit 2018 jährlich statt. Aufgrund von Corona musste sie in diesem September abgesagt werden. Als Ersatz können rund fünfzig internationale Aussteller vom 10. bis 21. September je zwei oder drei Objekte in Galerien oder bei Christie’s zur Vorbesichtigung präsentieren. Verkauft werden die Kunstwerke im Netz an den Meistbietenden.
Initiator und Leiter von „La Biennale Paris“ ist der in Genf tätige Altmeisterhändler Georges de Jonckheere. Er zeichnet zusammen mit Christie’s CEO Guillaume Cerutti für den ungewöhnlichen Schulterschluss verantwortlich. Beide preisen ihn als „Win-win-Situation“ an. Die Händler bringen Sachkenntnis und Ware ein. Die Schätzpreise müssen sie aber in Kooperation mit Christie’s-Spezialisten abstimmen. Das Haus von François Pinault stellt die Onlinetechnik, Marketing und sein weltweites Kundennetz.
Da Christie’s die juristische Verantwortung trägt, gilt für die Auktion das französische Recht. Das betont Christie’s Frankreichvorstand Cécile Verdier. Unter den Teilnehmern befinden sich die Galerien: Neuse (Bremen), Aveline, Downtown, Steinitz, Anthony Meyer, Oscar Graf, Carpenters Workshop Gallery (alle Paris), Jacques de la Béraudière, Didier Claes, Yves Macaux (alle Brüssel) und Ariadne (New York).
Einige Händler bedauern, dass die Namen der Käufer aus Gründen der Berufsethik der Versteigerer geheim bleiben, das Auktionshaus jedoch potenziell seine Kundendatei um neue Bieter erweitern könne. Volker Wurster von der Galerie Neuse kritisiert das Konzept, „weil die Objekte in den Galerien bleiben und die Interessenten von einer Galerie zur anderen pilgern müssen“. Der Bremer Kunsthändler weist auch darauf hin, dass Christie’s-Spezialisten – wie alle – monatelang nicht reisen konnten, „und es dem Haus nicht ungelegen kommen dürfte, seine Auktionen mit frischem Warenangebot anzureichern“.
Noble Adresse
Christie’s Niederlassung in Paris wird Schauplatz der Versteigerung eines Kunstmessen-Angebots.
Bild: Christie’s
Zur Besänftigung der Händler verzichtet Christie’s wie bei einer Benefiz-Auktion auf die Einliefergebühr. Zwei Prozent der üblichen Käuferkommission spendet Christie’s darüber hinaus an eine staatliche französische Kulturgut-Einrichtung und den Verband der Antiquitätenhändler (SNA).
Für François Pinaults Haus ist die Zusammenarbeit mit Händlern nicht neu. Im Mai 2018 wurden handverlesene Galeristen in die Hongkong-Niederlassung eingeladen, um dort ihre Ware zu verkaufen. Der belgische Spezialist für afrikanische Tribal Art, Didier Claes, nahm teil und fand die Initiative, besonders vom kommerziellen Standpunkt aus, vollkommen zufriedenstellend, berichtet er auf Nachfrage.
Händlern wie Versteigerern ist der Ernst der Lage in der Coronakrise bewusst. „Wir müssen neue Wege finden, flexibel und anpassungsfähig sein und eventuell zurückstecken“, bringt es der auf ozeanische Stammeskunst spezialisierte Pariser Galerist Anthony Meyer auf den Punkt.
Die krisenbedingte, innovative Kooperation zwischen „La Biennale Paris“ und Christie’s soll auch dazu dienen, die scheinbare Kluft zwischen dem Handel und dem Auktionswesen abzubauen. Denn tatsächlich arbeiten die einen laufend mit den anderen zusammen, wie Georges de Jonckheere hervorhebt. Die Galeristen steigern auf den Auktionen – das heißt, entweder kaufen sie ein, oder sie stützen ihre Preise als Unterbieter. Davon profitieren das Auktionshaus, der Verkäufer und der Galerist. Es ist ferner ein offenes Geheimnis, dass sie Ware einliefern, die sie nicht absetzen können.
Überdies fungiert das Auktionswesen als Marktbarometer. So ging die Anzahl der in Frankreich organisierten Auktionen zwischen Mitte März bis Ende April im Vergleich zum Vorjahr um knapp 59 Prozent zurück, während die Umsätze um 95 Prozent einbrachen. Das belegt eine Studie des französischen Versteigerungsrats. „Wir sitzen im gleichen Boot. Und das schaukelt für alle“, konstatiert dessen Präsident, Henri Paul, der die Gemeinschaftsaktion des Handels mit einem Auktionshaus befürwortet.
Mehr: Folgen der Coronakrise: Wohin mit den ganzen Kunstmessen?
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