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28.04.2022

17:53

Messe für zeitgenössische Kunst

Art Brussels: Pflichtprogramm für Europas Kuratoren

Von: Stefan Kobel

Die „Art Brussels“ glänzt nach zwei Jahren Pandemie-Pause mit 33 Einzelschauen von Künstlern und Künstlerinnen. Sammler schätzen solch risikobereite Galeristen.

Das Bild findet sich am Stand von Rodolphe Janssen auf der Art Brussels (Ausschnitt aus einem Hochformat). Galerie Rodolphe Janssen

Tom Poelmans „L‘ Ecluse“

Das Bild findet sich am Stand von Rodolphe Janssen auf der Art Brussels (Ausschnitt aus einem Hochformat).

Brüssel Ein wenig nostalgisch kann man schon werden beim Besuch der „Art Brussels“. Denn es ist die letzte Ausgabe der Messe in den historischen Tageslichthallen des Areals Tour & Taxis (bis 1.5.). Die Immobilienbranche ist gnadenlos: „Von den vier Hallen werden zukünftig zwei permanent vermietet,“ erklärt Direktorin Anne Vierstraete. „Das ist für uns zu klein.“

Nach fünf Ausgaben kehrt die traditionsreiche Veranstaltung daher zurück auf das Messegelände Brussels Expo. Dort wird sie die zentrale Halle mit ihrem historischen Art Déco-Eingang beziehen.

Zunächst sind jedoch alle froh, dass überhaupt wieder eine Kunstmesse in Brüssel stattfindet. Zweimal musste die Art Brussels wegen Corona aussetzen. Entsprechend groß sei der Hunger nach Kunst, ist Vierstraete überzeugt: „Wir nehmen einen rieseigen Enthusiasmus wahr, bei Künstlern, Galerien und Sammlern.“ Mehr als 30 Museumsgruppen, aus Belgien, der Schweiz, Frankreich, Niederlande, Luxemburg und Großbritannien hätten sich angekündigt. Einige kämen zum ersten Mal, allerdings keine aus Deutschland.

Auf den ersten Blick scheint Paris der Brexit-Gewinner auf dem Kunstmarkt europäischen Festlands zu sein. Doch für Brüssel sprechen ebenfalls starke Argumente: Die ausgeprägte bürgerliche Sammlertradition, die öffentlich zugängliche Showrooms hervorbringt, zählt neben den Museen und Stiftungen dazu.

Für Alex Reding aus Luxemburg, der gerade eine Dependance in der belgischen Hauptstadt eröffnet hat, gab etwas anderes den Ausschlag: „Eine vergleichbare Immobilie kostet in Paris das Sechsfache. Als Galerie, die hauptsächlich mit jüngeren Positionen und mid career artists im Preissegment bis 30.000 Euro arbeitet, ist Paris einfach nicht darstellbar.“

Eine der großen Tapisserien ist zurzeit in der Ausstellung „Portrait of a Lady“ der Fondation Boghossian zu sehen. Diese ähnlich große Arbeit ist am Stand für 64.000 Euro inkl. MwSt. zu haben. Michael Janssen Gal.; VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Margret Eicher

Eine der großen Tapisserien ist zurzeit in der Ausstellung „Portrait of a Lady“ der Fondation Boghossian zu sehen. Diese ähnlich große Arbeit ist am Stand für 64.000 Euro inkl. MwSt. zu haben.

Um auf sich aufmerksam zu machen, nimmt Reding nicht nur hier teil, sondern zusätzlich an der „Brafa“ im Juni, einer Messe für Alte Kunst und Antiquitäten, die sich in den letzten Jahren zunehmend der Gegenwartskunst öffnet. Als Plattform ausschließlich für zeitgenössische Kunst ist die Art Brussels mit immerhin 157 Ausstellern der unbestrittene Platzhirsch.

Für den Berliner Michael Janssen ist der Marktplatz jedenfalls ausreichend attraktiv, um sein Engagement nach einigen Jahren mit weniger internationalen Messepräsenzen wieder zu verstärken. Online sei ja schön und gut, doch letztlich gehe es bei Kunst immer um die sinnliche Erfahrung und den direkten Austausch. Der habe in den letzten Jahren gefehlt.

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Statt auf der abgesagten Messe Art Brussels bespielen Galerien ihre Stammsitze. Schauplätze sind Brüssel, Paris, Antwerpen und Knokke. Parallel gibt es eine Online-Messe.

Die Entscheidung für Brüssel fiel sicher auch vor dem Hintergrund, dass eine der großen Tapisserien von Margret Eicher aktuell in der unbedingt sehenswerten Ausstellung „Portrait of a Lady“ der Fondation Boghossian prominent platziert ist. Am Stand ist eine ähnlich großformatige Arbeit für 64.000 Euro brutto zu haben.

Der Eyecatcher ist eine vor Ort entstandene Skulptur aus Eisen und Gips des Belgiers Stijn Ank in einer eigenen kleinen Kojenkonstruktion, die in blendendem Weiß und ätzendem Pink den Besucher magisch anzieht und gleichzeitig abstößt. Sie soll 25.000 Euro ohne MwSt. kosten.

Überhaupt ist ungewöhnlich viel Skulptur zu sehen. Praktisch jede Galerie versucht mit dem eher sperrigen Format zu punkten. Ebenfalls auffällig ist die Rekordanzahl von 33 Einzelpräsentationen. Für Anne Vierstraete hat das hat auch damit zu tun, dass die Künstler so lange keine Gelegenheit mehr hatten, ihre Arbeit zu zeigen.

Solidarität mit der Ukraine

Solidarität mit der Ukraine hat man sich in Brüssel selbstverständlich auch auf die Fahnen geschrieben. Die Veranstalter haben auf eigene Kosten Anstecker des rumänischen Künstlers Dan Perjovschi produzieren lassen. Der gesamte Verkaufserlös geht so an die belgische Hilfsorganisation „Ukraine 12-12“; die Einnahmen aus dem Verkauf der motivgebenden Zeichnungen kommen „Logs“ zugute, die in Rumänien ukrainischen Flüchtlingen hilft.. Und die Galerien aus der Sektion „Invited“ zeigen jeweils einen ukrainischen Künstler, um der dortigen Szene Sichtbarkeit zu verleihen.

Mit dem Umzug 2016 war eine Verkleinerung des Teilnehmerfelds einhergegangen, die mit der Rückkehr in die klassischen Messehallen nicht rückgängig gemacht werden soll. Im Sinne der Qualitätssicherung ist das die richtige Entscheidung. Die nächste Ausgabe wird vom 20. bis 23. April stattfinden, dann wieder am Atomium.

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