Für 195 Millionen Dollar kam bei Christie’s in New York ein Bildnis von Marilyn Monroe unter den Hammer. Der Grund für den Rekordpreis: Die einzigartige Entstehungs- und Herkunftsgeschichte.
Andy Warhol „Shot Sage Blue Marilyn“
Für das 1964 gemalte Porträt der Schauspielerin Marilyn Monroe erzielte Christie's den Rekordpreis von 195 Millionen Dollar.
Bild: Ted Shaffrey/AP/dpa
Düsseldorf/New York Das strahlend schöne Porträt „Shot Sage Blue Marilyn“ von Andy Warhol hat Kunstmarktgeschichte geschrieben. Christie’s konnte das Bild aus dem Jahr 1964 am Montagabend für 195 Millionen Dollar versteigern. Damit ist das Bildnis das teuerste Werk des 20. Jahrhunderts, das je versteigert wurde.
Der Kampf um diese Trophäe startete beim Ausruf von 110 Millionen Dollar. Mindestens drei Bieter und der Großgalerist Larry Gagosian hielten mit bei den Zehn-Millionen-Schritten. Bis 170 Millionen. Danach fand der Auktionator Jussi Pylkkänen keinen Kunstfreund mehr, der bereit war noch 5 Millionen mehr zu geben.
Den Zuschlag erhielt Larry Gagosian, der brutto 195 Millionen zu bezahlen hat. Der unveröffentlichte Schätzpreis hatte bei 200 Millionen Dollar gelegen. Teurer war nur der „Salvator Mundi“ von Leonardo da Vinci gewesen, den Christie's vor fünf Jahren für 450 Millionen Dollar vermarkten konnte.
Dieser Rekordpreis ist einer ganzen Reihe von Umständen geschuldet. Sie machen das Bildnis des Sexsymbols einmalig und riefen superreiche Kunstfreunde in aller Welt auf den Plan. Der 102 mal 102 cm große Siebdruck stellt nicht nur das beliebteste Motiv von Amerikas wichtigstem Künstler des 20. Jahrhunderts dar.
„Es ist der absolute Höhepunkt der amerikanischen Pop Art und das Versprechen des amerikanischen Traums, der Optimismus, Zerbrechlichkeit und Berühmtheit in sich vereint,“ schwärmt Alex Rotter, Christie’s Chef für die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Rotter stellt den Siebdruck gleich neben Botticellis „Geburt der Venus“ und Da Vincis „Mona Lisa“.
Andy Warhol hatte in seiner Factory von 1962 an, dem Todesjahr der tragisch verstorbenen Filmdiva, viele „Marilyn“-Varianten drucken lassen. Doch die salbei-bläuliche Version ist etwas Besonderes. Im Herbst 1964 besuchte die Perfomance-Künstlerin Dorothy Podber Warhols Atelier in New York, die Factory. Sie bat Warhol um Erlebnis „to shoot the Marilyns“.
Der Pop Artist willigte ein, weil er an ein Foto Shooting dachte. Irrtum! Dorothy Podber zückte einen Revolver und durchlöcherte fünf Marilyn-Porträts. Das Loch in der Leinwand sieht man nicht mehr. Die Bilder tragen aber seitdem das Wörtchen „Shot“ im Titel.
Das Vertrauen in den Kunstmarkt sei ungebrochen, verkünden die New Yorker Auktionshäuser. Sogar einer der höchsten Rekorde könnte fallen - dank eines sehr bekannten Bildes.
„Shot Sage Blue Marilyn“ stammt aus einer führenden Galerie für die Kunst des 20. Jahrhunderts, der Galerie Thomas Ammann in Zürich. Die Zürcher Galeristenlegende Doris Ammann war im Frühjahr 2021 im Alter von 76 Jahren verstorben. Davon erfuhr die Kunstwelt nicht durch die stets auf Diskretion bedachte Galerie Ammann. Es war der jetzt siegreichreiche amerikanische Groß-Galerist Larry Gagosian, der die Nachricht in einem berührend persönlichen Nachruf in die Welt brachte.
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Eingeliefert hat das Hauptwerk und weitere dutzende von Kunstwerken aus der Privatsammlung der Nachlassverwalter und Präsident der Thomas und Doris Ammann Foundation, Georg Frei. Der Kunsthistoriker hatte die Galerie Thomas Ammann Jahrzehnte lang mit Thomas‘ Schwester Doris Ammann geleitet - nach dem plötzlichen Tod des Galeriegründers im Jahr 1993.
Die Herkunftsgeschichte liest sich wie ein „Who is Who“ der Marktmacher. „Shot Sage Blue Marilyn“ war durch die Hände von Sammlern und Galeristen wie Leon Kraushar, Leo Castelli und Fred Mueller gegangen. Dann erwarb es der anspruchsvolle Kunstsammler, der „Vogue“-Verleger und Condé-Nast-Eigentümer Samuel Irving Newhouse Junior. Aus der Kunsthandlung Thomas Ammann Fine Art gelangte es um 1982/83 in die Privatsammlung des Galeriegründers.
Der Gesamterlös der ersten von zwei Ammann-Versteigerungen beträgt 318 Millionen Dollar für 36 Kunstwerke. Zusammen mit dem Erlös der Tagauktion von kommendem Freitag fließt er zu 100 Prozent Stiftungen zu, die sich mit Gesundheits- und Erziehungsprogrammen um das Wohlergehen benachteiligter Kinder kümmern. Die Geschwister Thomas und Doris Ammann waren beide kinderlos geblieben.
Einen ausführlichen Nachbericht über die wichtigen Auktionen dieser Woche lesen Sie ab Freitag, 13. Mai auf handelsblatt.com.
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