An diesem Wochenende geht in der österreichischen Hauptstadt die schlank aufgestellte Messe „Spark Art Fair“ an den Start. Ihre Besonderheit: Es gibt nur Solo-Präsentationen in drei kuratierten Sektionen.
Tincuta Marin
Das Gemälde „Bigfoot in Medieval Interior and Still life“ hängt auf dem Stand der Jecza Gallery (Ausschnitt).
Bild: Jecza Gallery
Wien Noch eine Messe für Wien, ist das sinnvoll? Aber ja, glaubt Renger van den Heuvel, Direktor der Spark Art Fair, die an diesem Wochenende in der historischen Marxhalle stattfindet.
„Ich glaube, es ist jetzt möglich, in Wien eine neue Messe erfolgreich zu veranstalten“, erklärt Heuvel selbstbewusst. „Vor ein paar Jahren wäre das nicht so gewesen. Zudem hat die Pandemie sehr viel verändert. So, wie der Kunstmarkt früher war, wird es nicht mehr werden. Ich glaube, dass der direkte Kontakt zu den Sammlern vor Ort viel wichtiger werden wird. Diese Art der Regionalität unterscheidet sich wesentlich von einer regional ausgerichteten Messe.“
So selbstverständlich oder für Außenstehende überhaupt verständlich ist es aber nicht. Schließlich war der Niederländer selbst bis 2019 geschäftsführender Direktor der Viennacontemporary (VC), die jeden September am gleichen Ort abgehalten wird. Auch ein nicht geringer Teil des Teams war vorher für VC tätig. Dort soll es intern über längere Zeit gehörig geknirscht haben, und auch zwischen VC und dem Vermieter war es zuletzt wohl nicht zum Besten bestellt.
Jetzt gibt es also die Spark, und sie sieht großartig aus (25. bis 27. Juni). Ein Grund dafür ist der luftige Eindruck, den die Standarchitektur vermittelt. Jeweils vier Galerien teilen sich die Arme der zu Kreuzen gruppierten Wände. So entstehen gleichmäßig im Raum verteilte Inseln, zwischen denen die Besucher umherwandeln können.
Neben dem großzügigen Raumeindruck gewährleistet die Lösung auch Gleichberechtigung, denn alle Stände sind gleich groß. Potentere Aussteller können zwar mehrere Kojen mieten, doch müssen sie mit jeder einzelnen Präsentation bestehen und können nicht durch schiere Größe die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Marina Abramović
Die zwei Meter breite Farbfotografie "Holding the Lamb (from the series: Back to Simplicity)" von 2010 findet sich auf dem Stand der Galerie Krinzinger (Ausschnitt).
Bild: Marina Abramovic Archives, VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Das Konzept der Messe ist so gewagt wie simpel: Es sind ausschließlich Solo-Präsentationen zu sehen, insgesamt 71. Künstler, Kuratoren und Sammler lieben „One artist shows“, weil sie die Möglichkeit bieten, tiefer in eine Position einstigen zu können.
Galeristen sind in der Regel nicht ganz so begeistert, bedeutet es für sie doch ein erhöhtes finanzielles Risiko, alles auf eine Karte zu setzen. Das erklärt die vielen mittelmäßigen und ermüdenden Gemischtwarenläden auf Messen rund um den Globus.
In Wien sind die Standpreise jedoch moderat, was die lokalen Galerien mit zahlreicher Teilnahme honorieren. Die wichtigen einheimischen Vertreter sind fast alle dabei. Ökonomisch ist das für die meisten Veranstalter nicht einfach darstellbar, doch bei der Spark ist der Eigentümer zugleich Vermieter.
Van den Heuvel nennt aber noch andere Gründe: „Wir sind sehr schlank aufgebaut und haben eher eine Projektorganisation als einen Apparat, der das ganze Jahr über arbeitet. Spark ist Teil eines größeren Gesamtkonzepts des ganzen Areals der Marxhalle und für den Betreiber Hey-U! Media Group ist die Wirtschaftlichkeit in diesem Zusammenhang zu sehen.“
Zudem gibt es keinen künstlerischen Direktor. Vielmehr gibt es drei Sektionen, die jeweils von prominenten Kuratoren betreut werden: „Utopia: Post-War“ von Sabine Breitwieser, „Perspectives“ von Tevž Logar und „Interface – Contemporary New Media and Digital Art“ von Marlies Wirth.
Jonathan Messe „MEIN BLUT FÜR DEN MELONENKÖNIG „MABUSIS“!“
Das Leinwandgemälde ist am Stand der Galerie Krinzinger zu finden (Ausschnitt aus einem Hochformat).
Bild: Peter Adamik, Berlin; VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Spannend sind alle Sektionen, wobei Breitwieser bei ihren historischen Positionen einen besonderen Wert auf Frauen gelegt hat und neben bekannten Künstlerinnen wie Marina Abramovic (Galerie Krinzinger, Wien) auch seltener zu sehende Positionen wie Nancy Spero (Galerie Christine König, Wien) gewinnen konnte. Wienerroither & Kohlbacher (Wien), sonst eher auf Handelsmessen wie der Tefaf zu finden, präsentieren hier Zoran Music.
Bei der Avantgarde hat Marlies Wirth den Finger direkt am Puls der Zeit. Jonas Lund nimmt mit seinem Krypto-Projekt „Jonas Lund Token“ (Untitled Projects, Wien) teil. Dabei können Käufer eines physischen Kunstwerks Mitbestimmungsrechte an der Produktions- und Ausstellungspraxis des Künstlers erwerben. Der Clou der Präsentation ist ein rotes Telefon, von dem aus Anrufer direkt mit dem Künstler verbunden werden.
Das Berliner Künstler-Duo Banz & Bowinkel bringt bei Kunst&Denker (Düsseldorf) mit seinen „Bots“ das vorindustrielle Zeitalter mit Augmented Reality zusammen. Ein Teil dieser Arbeiten sind Jacquard-Teppiche. Bei dieser im frühen 19. Jahrhundert entwickelten Technik werden die Webstühle nicht mehr von Menschen bedient, sondern erhalten ihre Arbeitsanweisungen mittels Lochkarten – ein Vorläufer des Computings also.
Werden diese Teppiche mit einem speziell programmierten Tablet abgefilmt, erscheinen auf dem Monitor plötzlich künstliche Figuren, die jeweils in Dreiergruppen um Eckplätze auf dem Teppich konkurrieren – ein so belustigendes wie unheimliches Schauspiel.
Ein Besuch der Spark Art Fair lohnt sich also für Sammler mit Lust an der Entdeckung. Ob sich die Messe – ab nächstem Jahr immer im März - auch für die Beteiligten und die Wiener Kunstszene lohnt, wird sich erst dann erweisen, wenn klar ist, ob das neue Gespann aus Frühjahrs- und Herbstmesse ein Duett oder ein Duell wird.
Mehr: Corona-Folgen: Das Messegeschäft in Deutschland ist um 70 Prozent eingebrochen
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