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09.03.2023

14:08

The European Fine Art Foundation

Tefaf-Messe in Maastricht: Reformanstrengungen sorgen für ein gelungenes Comeback

Von: Stefan Kobel

Auf der „Tefaf“ herrscht mehr Wettbewerb. Der Wille zur Modernisierung hat die einmalig schöne Messe in allen Sammelgebieten noch überzeugender gemacht.

Die Tefaf Maastricht bedeutet noch immer für die Kunsthändler den Ritterschlag dpa

Blick in den Stand der Galerie Weiss

Die Tefaf Maastricht bedeutet noch immer für die Kunsthändler den Ritterschlag

Maastricht Die „Königin der Messen“ sitzt wieder auf ihrem angestammten Thron. Nach einer ausgefallenen und einer in den Juni verschobenen Ausgabe findet die Messe von „The European Fine Art Foundation“, kurz Tefaf, jetzt wieder im März statt. Nach dem Raubüberfall im letzten Jahr jetzt mit strengeren Einlasskontrollen.

Als „Destination“ hat die Stadt in der niederländischen Provinz Limburg im internationalen Vergleich etwa mit London, Paris oder New York ohnehin nicht viel zu bieten. Doch das Angebot ist im Bereich der Alten Kunst nach wie vor ungeschlagen.

Einen fulminanten Stand wie den von Botticelli Antichità aus Florenz wird man wahrlich nur auf der Tefaf finden. Einlass gewährt lediglich eine niedrige und recht schmale Flügeltür. Hinter der tut sich ein Panoptikum christlicher Kunst auf.

Zentrum der dramatisch ausgeleuchteten Präsentation ist ein Fallender Engel Luzifer des späten 17./frühen 18. Jahrhunderts aus Süditalien. Er wird für 75.000 Euro angeboten. Derartig inszeniert, kann Alte Kunst auch neue Sammler ansprechen. Die entsprechen dann zwar nicht mehr dem klassischen Bild vom Connaisseur, dessen Wissen um ein Fachgebiet sich mit der Wissenschaft messen kann. Doch der Typus ist ohnehin nahezu ausgestorben.

Crossover ist immer noch das Zauberwort, auch wenn es von Verfechtern der reinen Lehre verschmäht wird. Viele Kunsthändler tragen dem Geschmackswandel Rechnung.

Einen so eklektischen wie frischen Mix aus Design und bildender Kunst hat Demisch Danant aus New York mitgebracht. Das Spektrum reicht vom großformatigen Gemälde eines Schiffbruchs von Eugene Isabey bis zu Textilarbeiten von Sheila Hicks für 230.000 und 300.000 Euro hinter einem elegant geschwungenen Schreibtisch von Joseph-André Motte aus den 1960er-Jahren. Er soll 280.000 Euro kosten.

Die Design-Abteilung der Messe hat Höhen und Tiefen erlebt und eine schwankende Teilnehmerzahl. Stephane Danant erzählt von den Vor- und Nachteilen, die das Ausstellen auf einer nicht spezialisierten Messe hat. Die Zahl der ausgesprochenen Design-Sammler sei überschaubar. Einerseits könne er hier nicht auf sie bauen; andererseits kann er hier eben auch in andere Bereiche vorstoßen und Käufer ansprechen, die nicht zu seiner Kernklientel zählen.

Der futuristisch-elegante Schreibtisch für höhere Beamte wurde 1967 vom französischen Staat in Auftrag gegeben. Demisch Danant, Foto: Thierry Depagne

Joseph-André Motte

Der futuristisch-elegante Schreibtisch für höhere Beamte wurde 1967 vom französischen Staat in Auftrag gegeben.

Danat profitiert wie alle Aussteller von der Mischung aus Kennerschaft und Vermögen unter den Besuchern. Die in früheren Ausgaben bisweilen etwas auffällige Schmuckabteilung wurde getrennt an zwei entgegengesetzten Enden der Halle untergebracht: zeitgenössische Juwelen rechts und historischer Schmuck links. Dadurch trägt er nicht so auf, und die Besucherströme mischen sich.

Neu durchmischt wurde das Teilnehmerfeld spätestens mit der letzten Ausgabe. Paul Schönewald aus Düsseldorf ist mit seiner neuen Positionierung zufrieden: „Ich glaube, dass es in unserem Bereich sehr gut wird, denn es sind einige neue Aussteller dabei, und ich habe auch schon sehr schöne Stände gesehen.“

Schönewald selbst hat unter anderem die farbenfrohen Obstporträts von Karin Kneffel dabei. Großformatig gemalte Äpfel kosten 275.000 Euro, etwas kleinere Pfirsich-Gemälde im Kabinett 180.000. Seine Düsseldorfer Kollegen Beck & Eggeling haben Leiko Ikemura mit Gemälden, Glas- und Keramikskulpturen am Eingang zum Stand auf geschwungener Podestarchitektur einen großen Auftritt bereitet. Ikemuras Preise liegen zwischen 57.000 und 78.500 Euro.

Gegenwartskunst setzt starke Akzente

Die zeitgenössische Kunst hat allgemein Fortschritte gemacht. Mennour aus Paris hat eigens für die Tefaf einen Fußboden von Daniel Buren entwerfen lassen und die teuer gemietete Wandfläche mit großen Spiegeln rhythmisiert, in denen die seit den 1960er-Jahren nicht mehr gezeigten Gemälde Burens mit den neueren Steinskulpturen von Anish Kapoor vielfach in Dialog treten.

„Für mich hat sich sofort eine geistige Landschaft gebildet, als ich die Bilder im Atelier sah“, erklärt Kamel Mennour. „Und ich wusste sofort, dass das Museumsstücke sind.“ Die „Streifenbilder vor den Streifenbildern“ kosten 550.000 Euro, Kapoors Werke 800.000 bis 900.000 Pfund.

Das barocke Madonnenbildnis bringt Di Penta Fine Arts für die Abteilung „Showcase“ mit. Es überzeugt mit seiner Lebensnähe und Strahlkraft. Di Penta Fine Arts

Mattia Preti

Das barocke Madonnenbildnis bringt Di Penta Fine Arts für die Abteilung „Showcase“ mit. Es überzeugt mit seiner Lebensnähe und Strahlkraft.

Zum zweiten Mal ist der „Showcase“ für Erstteilnehmer in dem kleinen Annex eine Treppe höher untergebracht. Dort, wo vorher die „Art on Paper“ zu sehen war.

Sowohl von der Standgestaltung mit überbordendem Blumenschmuck als auch inhaltlich sticht der erst 2018 gegründete Handel Ambrose Naumann Fine Art, Sohn von Otto Naumann, aus dem auf zehn gewachsenen Teilnehmerfeld heraus. Die Stillleben und Landschaften von weniger bekannten Künstlern wie Liselotte Schramm-Heckmann oder Marcel Delmotte aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bewegen sich zwischen Neuer Sachlichkeit und Surrealismus. Kostenpunkt: 25.000 bis 195.000 Dollar.

Diese Arbeiten finden einen zeitgenössischen Widerhall in den kleinformatigen Gemälden des 1973 geborenen Franzosen Ronan Barrot für 5000 Euro brutto bei der römischen Altmeisterhändlerin Miriam de Penta schräg gegenüber.

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Sowohl der Messe selbst wie den Ausstellern ist der Wille zur Veränderung anzumerken. Das beginnt bei den individuellen Standgestaltungen, die nur noch in seltenen Fällen wie Zeitkapseln des Kunsthandels der 1980er-Jahre aussehen. Ganz freiwillig mag die Modernisierung des Auftritts nicht bei allen gewesen sein. Doch die überfällige Reform der von Händlern organisierten Tefaf hat es mit sich gebracht, dass auch die Standpräsentation in die Beurteilung der Bewerbung für das nächste Jahr einfließt. Flegelhaftes Verhalten mancher Teilnehmer werde ebenfalls nicht mehr geduldet, erklärt ein Mitglied eines der zahlreichen Komitees der Messe.

Nach einigen — nicht unbedingt gelungenen — Experimenten hat der Koloss Tefaf anscheinend seine Entschlossenheit zur aktiven Gestaltung gefunden. Die zweite Tochter in New York, Tefaf Fall, wurde aufgegeben. Zu nah an den Inhalten der Muttermesse sei sie gewesen und zu groß der Aufwand der Jurierung für eine Veranstaltung mit rund 90 Ausstellern.

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Hidde van Seggelen, der zeitgenössische Galerist aus Hamburg, ist jetzt nicht nur Chairman und Präsident des Executive Committee. Zur Aufgabe der Herbstmesse sagt er: „Die Pandemie war mit Sicherheit ein Faktor für unsere Entscheidung, dass wir nur noch eine Messe in New York machen.“

Der Galerist für zeitgenössische Kunst, Hidde van Seggelen, ist Präsident des Executive Committee und jetzt auch Chairman der Abteilung Modern Art. Die ist zuletzt immer wichtiger geworden. Ihr stand zuletzt Christoph van de Weghe aus New York vor. Sein Rückzug wird von vielen auch als Besinnung auf alte Stärken der Tefaf gelesen.

Der Münchener Händler Georg Laue, Chairman der Alten Kunst, sieht die Veränderung als natürlichen Prozess: „Früher war man für immer drin, wenn man einmal drin war. Jetzt muss man sich jedes mal neu bewerben und bewähren.“

Der nachhaltige Erfolg sei ein Zeichen dafür, dass die Messe nach wie vor auf dem richtigen Weg sei, unterstreicht Laue: „Es ist immer noch so, dass die Tefaf Maastricht für alle Kunsthändler den Ritterschlag bedeutet, wenn sie hier ausstellen dürfen. Hier muss man einfach hinkommen, egal, ob man Restaurator ist oder Kunsthistoriker, Museumstrustee, Sammler oder Kunsthändlerkollege.“

„Tefaf Art Fair Maastricht“, bis 19. März, MCC, Maastricht-Randwyk, täglich 11 bis 19 Uhr, am 19. März nur bis 18 Uhr. Eintritt 50 Euro; 45 Euro online. 125/105 Euro für Mehrfachbesuche.

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