Mehrere Art Market Reports wollen den Kunstmarkt durchleuchten. Und die Nachfrage nach Non Fungible Tokens vorhersagen. Doch genau daran scheitern sie. Ein Vergleich.
Yuga Labs Affen aus dem „Bored Ape Yacht Club“
Hatten jüngst wenig Grund zum Lachen.
Bild: Bored Ape Yacht Club,/Sotheby´s
Berlin Der Finanzmarkt liebt sie, ebenso institutionelle Anleger und Family Offices, in der Kunstszene sind sie umstritten: Kunstmarkt-Reports. Der bekannteste ist der „Art Basel & UBS Art Market Report“, den Clare McAndrew jedes Jahr im Frühling veröffentlicht. Doch es gibt zahlreiche weitere Anbieter, die ihre Untersuchungsergebnisse ebenfalls kostenlos zur Verfügung stellen. Wir stellen im Folgenden vier Untersuchungen mit ihren Stärken und Schwächen vor.
Art Basel & UBS Art Market Report Das Kompendium der Schweizer tritt mit wissenschaftlichem Anspruch auf und ist entsprechend mühsam zu lesen. Es breitet auf knapp 300 Seiten eine Fülle von Daten aus, die in Tabellen, Diagrammen und Schaubildern eine Objektivität vermitteln sollen, die nicht immer gegeben ist. Diese Überwältigungsstrategie kann leicht darüber hinwegtäuschen, dass eine präzise Erfassung des Kunstmarkts nur in Teilen möglich ist.
Für die großen Auktionshäuser liegen einigermaßen verlässliche Zahlen vor. Für den Rest des Kunsthandels, der über Galerien und Kunstmessen abgewickelt wird oder für die Untersuchung der Käuferseite, ist man auf Umfragen, Steuerdaten und Schätzungen angewiesen.
Eher Randnotiz sind die großen Themen der letzten zwei Jahre: Non Fungible Tokens (NFTs), Kunst mit digitalem Eigentumszertifikat, und Fractional Ownership, die Aufteilung physischer Kunstwerke in virtuelle Anteile, die digital verbrieft wie Aktien an Investoren verkauft werden.
Artnet Intelligence Report Das grafische wie journalistische Highlight unter den sonst recht trockenen Marktuntersuchungen ist der „Artnet Intelligence Report“. Er erscheint zweimal im Jahr. Artnet betreibt nicht nur die renommierteste Auktionspreisdatenbank sowie ein Galerienportal, sondern versammelt bei Artnet News auch einige der bekanntesten Marktbeobachter im englischsprachigen Raum. Schon der Titel verspricht neben Analyse Unterhaltung „First The Apes Came For Crypto. Now They‘re Coming For Art.“
Artnet Intelligence Report
Grafisch und inhaltlich bietet die Studie die unterhaltsamste Aufbereitung des trockenen Zahlenmaterials.
Bild: Artnet
Es geht in dem Report nicht nur um NFTs, wie der Titel vielleicht suggeriert, indem er sich auf die blockchainbasierten Affenbilder des Bored Ape Yacht Club bezieht. Vielmehr wird die jüngere Entwicklung des gesamten Kunstmarkts skizziert und an einzelnen Beispielen verdeutlicht, von den Non Fungible Tokens bis hin zum Altmeistersegment.
Ein besonderes Augenmerk legt Artnet auch auf Fractional Ownership. Katya Kazakina untersucht in einem ausführlichen, mit Fakten und Zitaten unterfütterten Artikel die Entstehung der neuen Anlageklasse, ihre Chancen und Risiken.
Eine Entsprechung im traditionellen Kunstmarkt findet der NFT-Boom im sogenannten Ultra Contemporary-Segment der nach 1974 geborenen Künstler. Dessen Umsatz steigt auf Auktionen in den letzten beiden Jahren derart kometenhaft, dass er die kurze Blüte der scherzhaft ‚Zombie Formalism‘ getauften Marktblase von 2013/2014 geradezu bescheiden erscheinen lässt. Artnets Report beschert sicherlich das größte Lesevergnügen, ohne die Analyse zu vernachlässigen.
Ein Manko haben allerdings alle Marktbetrachtungen: Sie versuchen aus Daten der Vergangenheit Prognosen zu erstellen. In einem derartig neuen und schnelllebigen Segment wie dem Markt für NFTs wirkt selbst eine halbjährliche Erscheinungsweise wie der Versuch, eine aufgescheuchte Fliege mit einer Lupe betrachten zu wollen.
Den Einbruch der NFT-Verkäufe im Zuge des Krypto-Winters, der die virtuellen Währungen erfasste, hatte in dem Ausmaß wohl niemand auf dem Schirm, zumindest nicht so bald. Ob und wie sich dadurch die digitale Spreu vom künstlerischen Weizen trennt, wird sich wohl in den jeweils nächsten Ausgaben zumindest als Trend niederschlagen. Wenn es bis dahin nicht neue Themen gibt.
Art & Finance Report Einen ganz auf seine Kundengruppe zugeschnittenen „Art & Finance Report“ legt der Finanz- und Steuerberatungskonzern Deloitte in Zusammenarbeit mit dem Kunstmarkt-Datendienstleister ArtTactic ungefähr alle zwei Jahre vor. Er betrachtet Kunst ausschließlich als Investment und Teil der Portfoliodiversifikation. Viel Raum nehmen daher dem Großteil des Kunstpublikums eher fremde Themen wie Art Lending, Portfolio- und Sammlungsmanagement ein.
Das Interesse an neuen Investmentformen sei bei Sammlern und Kunstmarktprofis etwas geringer ausgeprägt als bei Beratern, steige jedoch in beiden Gruppen an. Während jeweils deutlich über 80 Prozent bei Direktinvestitionen eine Zukunftsperspektive sähen, sei dies in Bezug auf NFTs nur bei rund einem Viertel der Sammler und einem Drittel der Finanzberater der Fall.
Der Investorenblick über den Tellerrand des Kunstmarkts fördert bisweilen Erstaunliches zutage. Zum Beispiel ergibt die Untersuchung verschiedener Kunstsparten mit anderen Indizes eine höhere Korrelation mit dem Goldpreis als etwa mit Aktien.
Die Publikation kommt in Form von querformatigen Seiten aus Powerpoint-Präsentationen daher. Gruselig wird es allerdings, wenn der Finanzdienstleister aus Imagegründen ein Feigenblatt gesellschaftlicher Verantwortung zwischen die übrigen Folien schiebt.
Zu den dürftigen Schlüsselerkenntnissen des Reports gehört ein lauwarmes Bekenntnis: „Es setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass Smart Cities sowohl Technologie als auch Kultur miteinander verbinden müssen, denn die Verbesserung der Lebensqualität erfordert nicht nur Technologie, sondern ist auch eine Frage der Verbindung und Inspiration der Menschen.“
Online Art Trade Report Der Versicherungskonzern Hiscox erstellt ebenfalls mit ArtTactic den „Online Art Trade Report“, für den 595 Kunstkäufer befragt wurden. Auch hier zeigt sich wieder, wie schmal die Datenbasis ist. Der spezielle Fokus auf den Internetmarkt macht dieses Manko jedoch ein wenig wett. Wenig überraschend geht es über 80 Prozent der NFT-Käufer mehr um Investment als um Kunst, und bei 95 Prozent jener, die mehr als 25.000 Dollar ausgegeben haben, steht die Rendite im Vordergrund.
Interessant ist auch der Blick auf die Social Media-Nutzung im Kunstkontext. War 2015 noch Facebook mit etwas über der Hälfte der Platzhirsch, hat sich bis 2022 der Anteil von Instagram auf über zwei Drittel mehr als verdoppelt, während Facebook mit nur noch 17 Prozent in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden droht.
Mehr: Non Fungible Token: NFT: Schrumpfendes Interesse an der Geldmaschine
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