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16.06.2022

08:05

Zeitgenössische Kunst

Entdeckermesse „Liste“ in Basel: Ausverkaufte Stände am ersten Tag

Von: Stephanie Dieckvoss

Die Satellitenmesse „Liste“ erprobt ein demokratisches Standkonzept und punktet mit der räumlichen Nähe zur Muttermesse „Art Basel“. Das gefällt den Sammlern.

Still aus dem Livestream „A Road Movie Is Impossible in Hong Kong“ von 2021, zu finden auf dem Stand von Felix Gaudlitz aus Wien. Galerie Felix Gaudlitz

Tiffany Sia

Still aus dem Livestream „A Road Movie Is Impossible in Hong Kong“ von 2021, zu finden auf dem Stand von Felix Gaudlitz aus Wien.

Basel Vor der Pandemie war die „Liste Art Fair“, die junge Messe in Basel, in ihrem labyrinthartigen Standort in der Warteck Brauerei in Basel oftmals von einer etwas chaotischen Energie geprägt. Halb drinnen, halb draußen, mit vielen Treppen war sie ein Ort, an dem man viel suchen musste, um alle neue Kunst zu finden.

Wer diese Energie im neuen Standort in den Hallen der Basler Messe direkt hinter der „Art Unlimited“, sucht, wird enttäuscht sein. In einem konzentrischen Kreis angeordnet, präsentieren sich 82 Galerien aus 37 Ländern in leider viel zu klein geratenen Ständen im Standardformat einer Messe: drei weiße Wände, beschienen von Neonröhren, oft mit kleinformatigen Objekten bespielt.

Laut der Messedirektorin Joanna Kamm ging es den Architekten um die Entwicklung eines „demokratischen Systems durch die Hallenarchitektur, in der alle gleich sind und man keinen Stand verpassen kann“. Das Konzept erarbeitete das belgische Architekturbüro OFFICE Kersten Geers David Van Severen mit dem Künstler Richard Venlet.

Das System funktioniert, wobei einige Galeristen den inneren Kreis, in dem Jeder Jeden sehen kann, auch als Panoptikum bezeichneten. Die Bezeichnung für eine Bauform, mit der der Philosoph Michel Foucault die perfekte Überwachung durch permanente Beobachtung beschreibt. Man könnte auch sagen, man fühlt sich wie auf einem Präsentierteller.

Es fällt leicht, an Ständen einfach vorbeizugehen; vor allem, da die kleinen Kojen oft kleine Arbeiten zeigen. Dominant sind nicht sehr große Objekte und Skulpturen, gefolgt von viel humoristischer Malerei, in der Kitsch und Naivität zusammenspielen. Dies ist sicher eine Antwort auf die Pandemie.

Die mit Autolack gefasste Keramikskulptur "Sleepy" von 2022 misst 11 x 53 x 21 cm. Femtensesse; VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Jennie Bringaker

Die mit Autolack gefasste Keramikskulptur "Sleepy" von 2022 misst 11 x 53 x 21 cm.

Zum Eröffnungstag am Montag drängten sich Sammlerinnen und Sammler in der Halle. Ihnen gefällt die Bequemlichkeit der räumlichen Nähe zur Hauptmesse, wie Galleristin Phillida Reid von Southard Reid betont. Für den Erfolg sprechen gleich einige ausverkaufte Stände.

Matthew Brown aus Los Angeles konnte sich vor dem Ansturm am Montag kaum retten. Die Arbeiten von Heidi Lau waren zu Preisen um die 20.000 bis 25.000 US-Dollar schnell ausverkauft. Der erst 26-jährige Amerikaner wird seit einiger Zeit auf allen Messen gehypt. Er ist exemplarisch für eine neue Generation von Galeristen, die Kamm anscheinend anlocken will, um die Messe zu verjüngen.

Hilfe für ukrainische Galerien

Hot Wheels aus Athen, Felix Gaudlitz aus Wien, Drei aus Köln, LC Qeisser aus Tiflis oder Wschód aus Krakau sind nur einige der jungen Galerien, die hier auffallen und teilweise auch außerhalb der Messe kollaborieren. So bespielen einige von ihnen gemeinschaftlich die Galerie Echo in Köln.

Insgesamt sind 20 Galerien neu dabei; Einige kamen letztes Jahr im September zum ersten Mal. Solidarität zwischen Ausstellern ist auch auf der Messe gefragt. Wschód half mit, den zwei vertretenen ukrainischen Galerien ihre Werke zur Messe zu bringen.

Voloshyn und The NakedRoom haben aus Kiew den Weg gefunden. Und auch andere Galerien zeigen ihre ukrainischen Künstler, darunter Sandwich und Suprainfinit aus Bukarest.

Zeitgenössische Kunst: Im Schatten der mächtigen Art Basel

Zeitgenössische Kunst

Im Schatten der mächtigen Art Basel

Die wichtigsten Entdecker-Messen „Liste“ und „June“ sind Corona bedingt in Hallen der Messe Basel umgezogen. Das bekommt ihnen nicht gut.

Bei Suprainfinit überzeugt die Position von Daria Koltsova, die Buntglasfenster geschaffen hat, die aussehen, als seien sie mit Klebeband gegen Bomben gesichert. Eine unheimliche, stille Schönheit spricht aus den Objekten der seit einigen Jahren international ausstellenden jungen Künstlerin. Sie kosten je 10.000 Euro. Seit Jahren schon bezieht sich Daria Koltsova immer wieder auf den Konflikt in der Region.

Auf einen anderen Konflikt verweist die Galerie Dastan aus Teheran. Der Künstler Ali Meer Azimi bezieht sich auf den Iran-Irak Krieg und versucht sich, der Zeit und dem Raum anzunähern, der zwischen dem Ausfallen des Radars und einem Bombeneinschlag vergeht. Skulpturenartige Konstruktionen erinnern an Architektur und Tonanlagen.

Obwohl viele Galerien Solopräsentation zeigen, sind raumumfassende Werke wie diese selten. Dies ist nicht nur Zeichen der neuen Umgebung, sondern auch der Zeit, in der auch die jungen Galerien auf Sicher gehen wollen und versuchen, ihre hohen Unkosten durch Mehrverkäufe einzuspielen.

Kleine Galerien spüren die wirtschaftlich unsichere Lage der Zeit sehr. Das hört man aus vielen Gesprächen heraus. Bleibt nur zu hoffen, dass neben der Solidarität auch der Experimentierfreudigkeit von Künstlerinnen weiterhin Raum gegeben wird.

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