Die Olympischen Spiele verschoben, die EM abgesagt – für die Leichtathletin ein Tiefschlag. Im Interview erzählt sie, welche Folgen die Coronakrise für sie hat.
Gesa Krause
Der Europameisterin über 3000 Meter Hindernis brechen 2020 viele Einnahmen weg.
Bild: dpa
Düsseldorf Gesa Krause ist Deutschlands erfolgreichste Läuferin. Die 3000-Meter-Hindernis-Spezialistin ist zweifache Europameisterin und gewann jeweils Bronze bei den Weltmeisterschaften 2015 und 2019.
Doch anstatt sich derzeit in den USA und in Südafrika auf die Olympischen Spiele vorzubereiten, trainiert sie in ihrer hessischen Heimat. Soweit es die Coronakrise zulässt. Welche finanziellen Auswirkungen hat die Pandemie auf die Profisportlerin?
Frau Krause, die Olympischen Spiele 2020 in Tokio sind aufgrund der Pandemie längt verschoben worden, jetzt wurde auch noch die Leichtathletik-EM in Paris abgesagt. Wie wichtig ist es für Sie in finanzieller Hinsicht, in diesem Jahr überhaupt noch Wettkämpfe laufen zu dürfen?
„Die Ungewissheit, ob ich 2020 noch einmal an der Startlinie stehen werde, ist sehr groß. Ich hoffe natürlich, laufen zu können und meine Leistung zu zeigen, denn mein Sport finanziert sich über Preis- und Antrittsgelder. Zum Glück aber nicht nur.“
Welche Einnahmequellen haben Sie noch?
„Ich starte für einen Verein, der mich auch finanziell unterstützt. Zudem habe ich mehrere Sponsoren, große Konzerne und kleine regionale Firmen. Mein Arbeitgeber ist die Bundeswehr, die mich für den Leistungssport freistellt. Dazu kommen Gelder aus der Stiftung Deutsche Sporthilfe und aus der Deutschen Leichtathletik Marketing – einer Vermarktungsagentur. Es sind viele kleine Bausteine, mit denen ich mein Leben als Profisportlerin finanziere.“
Einige davon fallen derzeit weg. Haben Sie seit Ausbruch der Coronakrise Existenznot?
„Not würde ich das zum Glück nicht nennen. Ich laufe seit zehn Jahren professionell, es ist mein Beruf. Da muss man wirtschaftlich natürlich so planen, dass man auch mal ein schlechtes Jahr wegstecken kann. Denken Sie daran, dass ich beispielsweise auch mal ein Jahr lang verletzt sein könnte. Aber klar: Ein Jahr ohne Medaillen, ohne Rekorde und ohne Preisgelder ist ein Jahr, in dem mir am Ende Geld fehlen wird.“
Dabei haben Sie ihre Leistung schlicht nicht erbringen dürfen…
„Es ist in diesem Jahr nicht meine Schuld, das stimmt. Aber als Leistungssportlerin muss ich immer mit Einschnitten rechnen. Im Gegensatz zu einem Bundesliga-Fußballer bin ich nicht Angestellte eines finanzstarken Klubs. Zusammengefasst: Die Pandemie ist für mich ein tiefer Einschnitt, sportlich wie wirtschaftlich, aber sie bedeutet für mich nicht den Ruin.“
Läuft alles nach Plan, wird die Bundesliga ab Mitte Mai ihre Spiele wieder aufnehmen können. Ärgert Sie die Bevorzugung des Fußballs vor anderen Sportarten?
„Nein, im Gegenteil, ich kann das sehr gut verstehen. Der Fußball hat in Deutschland einen besonderen gesellschaftlichen Stellenwert. Und die Deutsche Fußball-Liga (DFL) verfügt dementsprechend über die notwendigen finanziellen Mittel. In der Leichtathletik ist es einfach nicht umsetzbar, jetzt Wettkämpfe ohne Zuschauer zu veranstalten.“
Warum nicht?
„Die großen Meetings in Deutschland, die Deutsche Meisterschaft, oder das ISTAF in Berlin, sind auf die Zuschauereinnahmen zwingend angewiesen. Es gibt überhaupt nur zwei, drei Meetings, die im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt werden. Es fehlt an Geld. Die Unterschiede zum Fußball sind immens. Die Leichtathletik kann es sich schlicht nicht leisten, auf Zuschauer zu verzichten. Im Gegenteil, sie ist auf Menschen angewiesen, die helfen, ohne dafür etwas zu verlangen.“
Leichtathletik-Weltmeisterschaft
In Katar gewann Gesa Krause 2019 die Bronzemedaille.
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Das sind durchaus kritische Töne. Was verlangen Sie von der Politik, um Ihrem Sport zu helfen?
„Ich möchte darauf aufmerksam machen, welchen Stellenwert der Sport in der Gesellschaft hat. Es ist enorm wichtig, dass Kinder sich von klein auf bewegen. Am besten im Verein. Es gibt hierzulande so viele Talente, die nicht entdeckt werden. Weil der Schulsport ausfällt, weil ein Verein keine Trainer mehr findet, weil die Motivation fehlt. Wer sich als Land mit Medaillen schmücken will, der muss an der Basis anfangen. Und nicht darauf hoffen, dass ein Olympiasieger ein Zufallsprodukt ist.“
Sie haben es geschafft, nicht nur sportlich erfolgreich zu sein, sondern sich auch selbst zur Marke zu machen. Warum ist Ihnen das so wichtig?
„Ich sehe mich als Ich-AG. Als eine Sportlerin, die sich über erbrachte Leistung definiert. Die aber auch in der Öffentlichkeit für etwas stehen möchte. Für Kampfgeist, Fair Play, Gesundheit. Das sind alles Themen, die mir wichtig sind. Und eben auch meinen Sponsoren.“
Sind Sie in der Pandemie einem Berufsverbot ausgesetzt?
„Ich gehöre zu Deutschlands Kaderathleten und darf deshalb meinen Beruf weiter ausüben. Ab dieser Woche darf ich in Frankfurt sogar wieder ins Stadion. Es sind harte Regeln. Zwei Sportler, ein Trainer, mehr ist nicht erlaubt. Aber es gibt Hoffnung.
Frau Krause, vielen Dank für das Interview.
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