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12.06.2022

08:44

Rath checkt ein: Castello del Nero und Locanda Rossa

Historisches Ambiente mit Stil: Eine Kurzreise durch die südlichste Toskana

Von: Carsten K. Rath

Gut erreichbar, angenehme Temperaturen und eine luxuriöse Umgebung mit Stil: Castello del Nero und Locanda Rossa in der Toskana.

80 Prozent der Gäste sind Amerikaner, die sich besonders von dem originalen, historischen Ambiente angezogen fühlen. (Foto: COMO/Castello del Nero)

Rezeption im Castello del Nero

80 Prozent der Gäste sind Amerikaner, die sich besonders von dem originalen, historischen Ambiente angezogen fühlen.

(Foto: COMO/Castello del Nero)

So fantastisch es klingt: Es stimmt tatsächlich. Nicht einmal eine halbe Autostunde vom Flugplatz Florenz-Peretola entfernt beginnt mein toskanischer Traum. Inmitten der Olivenhaine und sanften Hügellandschaften findet sich ein imposantes, ockerfarbenes Anwesen, dessen beeindruckend lange Historie ich bereits auf einen ersten Blick erkennen kann. Eine weitläufige Park- und Gartenlandschaft umschließt das ursprünglich aus dem 12. Jahrhundert stammende Castello del Nero. Die Hotelgruppe „COMO“ bewirtschaftet hier mehr als 720 Hektar.

Die COMO-Hotels sind bei uns zwar noch weitgehend unbekannt, aber meiner Meinung nach eine der besten Hotelgruppen der Welt. Es sind dann auch 80 Prozent amerikanische Gäste, die sich besonders von dem originalen, historischen Ambiente angezogen fühlen. Dafür sind diese Gäste auch bereit, in der Hauptsaison mehr als 1000 Dollar pro Nacht im Doppelzimmer auszugeben.

Zu meinem Erstaunen scheint das Haus allerdings ebenso vom Gruppentourismus zu leben. Nach meiner Beobachtung war dieser allerdings von ganz besonderer Art: Eine niederländische Ferrari-Gruppe und eine deutsche Porsche-Truppe hatten das Castello del Nero zum Ziel ihrer Ausfahrt auserkoren – gleichzeitig, ohne voneinander zu wissen!

Nach einer ansprechenden Tagesplanung gefragt, kann mir das sehr angenehme Personal eine ganze Reihe von Vorschlägen unterbreiten: Angefangen von einem kostenlosen Shuttlebus für Tagesausflüge nach Florenz und Siena über Kochkurse, saisonale Trüffelsuche, Eisherstellung, Wein- und Olivenverkostungen im Keller aus dem 12. Jahrhundert.

Ebenfalls im Angebot: Touren durch die Weinberge, Helikopter- und Ballonfahrten, zwei Tennisplätze und Wanderwege, die sich durch das Anwesen und über seine Grenzen hinaus zum Wandern und Radfahren ziehen. Schließlich sind da noch die terrassenförmig angelegten Gärten und der beheizte Außenpool mit Aussicht über die traumhafte Landschaft.

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Wo der Süden Europas am schönsten ist: Carsten K. Rath in Bella Italia

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Mein Abend war einem Aufenthalt im Restaurant oder besser in den Restaurants vorbehalten. Auf der Terrasse mit wunderbarem Blick über die Zypressen existiert hier das, was ich mit dem Begriff Fluidum umschreiben möchte: Der Geruch von Rosen, Pinien, Lavendel und Kräutern, der in der Luft liegt, erzeugt ein anderes Lebensgefühl.

Pasta al Pomodoro oder Chianina-Steak

In dem mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurant La Torre, das sich in den alten Stallungen befindet, werden die rohen Zutaten und Aromen der Toskana mit raffinierten, schmackhaften Interpretationen traditioneller Gerichte auf den Tisch gebracht. Olivenöl aus dem eigenen Anbau kommt hinzu. Gekrönt wird die Verwöhnung mit großartigen Weinen. Wenn mir das Essen dann auch noch heiß serviert werden würde, wäre es großartig. Ein wenig schade!

Design-Päpstin Paola Navone brachte eine helle, luftige, beinahe zwanglose Ästhetik in das Ambiente ein.(Foto: COMO/Castello del Nero)

Suite im Castello del Nero

Design-Päpstin Paola Navone brachte eine helle, luftige, beinahe zwanglose Ästhetik in das Ambiente ein.

(Foto: COMO/Castello del Nero)

Das zwanglosere La Taverna befindet sich in den alten Küchen mit knisterndem Feuer samt Bar. Hier genieße ich rustikale toskanische Klassiker wie Pasta al Pomodoro oder Chianina-Steak. In den wärmeren Monaten öffnet das Pavillon-Restaurant im Freien abends und serviert auch Mittagessen und Pool-Snacks.

Egal, wo ich gespeist habe – man spürt die tiefe Verbundenheit von Mitarbeitern und Küche zu dieser Landschaft. Bis hin zum Kellner wirkt alles echt und selbstverständlich, ist jedes Angebot von höchster Qualität – aber ohne Chichi.

Wie nicht anders zu erwarten war, strahlt die gesamte Anlage einen selbstbewussten aristokratischen Charme aus. Die in Mailand lebende Designerin Paola Navone durfte eine helle, luftige, beinahe zwanglose Ästhetik in das Ambiente einbringen. Das ergibt Momente eines reduzierten Luxus mit schnörkellosem Weiß, Grau, Silber, wässrigem Blau und mit wogenden weißen Vorhängen. Traditionelle Merkmale wie Holzbalkendecken und Terrakotta-Bodenfliesen werden dabei durch modernere Möbel von italienischen Trendsettern wie Gervasoni akzentuiert. Einfach nur klassische Eleganz.

Im historischen Gemäuer: Neue und alte Zeit wurden auch im Barbereich geschickt kombiniert.(Foto: COMO/Castello del Nero)

Bar im Castello del Nero

Im historischen Gemäuer: Neue und alte Zeit wurden auch im Barbereich geschickt kombiniert.

(Foto: COMO/Castello del Nero)

Dieses besondere Flair wurde von der Hotelchefin angeregt. In Geschmacksfragen halten es die Singapurer Hotelière Christina Ong und ihre Tochter Melissa wie einst Oscar Wilde: Ganz einfach nur mit dem Besten zufrieden sein. Mit den weltweit bewirtschafteten Hotels und Resorts ihrer Gruppe COMO (der Name setzt sich aus ihren Initialen CO und denen ihrer Tochter Melissa zusammen) definieren die beiden luxusaffinen Damen Sterne-Hotellerie auf eine sehr zeitgemäße Art: Reduktion auf das Wesentliche, dafür das wenige vom Feinsten. Protz oder gar Blattgold sucht man dann auch im Castello del Nero vergebens.

Es gibt 50 Zimmer, die sowohl im Hauptschloss als auch in seinen Nebengebäuden und Innenhöfen verstreut sind – dabei sind keine zwei gleich. Die 16 Zimmer im Schloss, darunter Suiten mit Fresken und Antiquitäten aus dem 18. Jahrhundert, sind die großartigsten.

Das Frühstück war, wie nicht anders zu erwarten: schlicht und einfach erlesen. Alles vom Feinsten bis hin zur handgepflückten und ebenso geputzten Erdbeere.

Die Gäste erwartet in der Umgebung des Hauses ein echter  Garten Eden voller Rosen und alter Olivenbäume.(Foto: Hotel Locanda Rossa)

Rezeption im Locanda Rossa

Die Gäste erwartet in der Umgebung des Hauses ein echter  Garten Eden voller Rosen und alter Olivenbäume.

(Foto: Hotel Locanda Rossa)

Weiter geht es in den Süden der Toskana – und diesmal nur eine Autostunde von der Hauptstadt entfernt. Das Locanda Rossa ist eher etwas für die Europäer und damit auch für mich.

In die Landschaft der maremmischen Hügel habe ich mich sofort verliebt. Weit ab vom Trubel der Stadt geht es hier nur darum, zur Ruhe zu kommen. Sicherlich auch ein Grund, warum sich die Elite der römischen Gesellschaft hier ihre Privathäuser bauen ließ. Zu sehen war allerdings niemand – zu erkennen gegeben hätte sich aber sicherlich auch niemand.

Locanda Rossa: Ein echter Garten Eden

Das „Rosa Landhaus“ hält, was der Name verspricht: nett bis bezaubernd – ein Kleinod. Ein echter  Garten Eden voller Rosen und alter Olivenbäume wie aus dem Bilderbuch. Es sollen 3800 Exemplare sein! Einfach malerisch. Der kleine Hotelkomplex des Locanda Rossa ist förmlich in einen kleinen Hügel hineingewachsen. Rustikal, ja – aber der Luxus wurde auch nicht vergessen: Tennisplätze und zwei Swimmingpools sprechen dafür.

Auch mit seinen kulinarischen Angeboten befindet sich das haus auf dem ambitionierten Weg zum fünften Stern.(Foto: Hotel Locanda Rosso)

Verglastes Restaurant

Auch mit seinen kulinarischen Angeboten befindet sich das haus auf dem ambitionierten Weg zum fünften Stern.

(Foto: Hotel Locanda Rosso)

Der erste Blick auf das Anwesen überrascht, denn es empfängt mich ein kräftiges, dunkles, sattes Ochsenblutrot. Die Locanda Rossa ist kein Hotel im herkömmlichen Sinne, sondern eine planvoll gestaltete Architektur-Landschaft von Zimmern, Suiten und vier frei stehenden Villen. Mit viel Liebe zum Detail wurde das gesamte Anwesen unter den renommierten Architekten Tommaso Ziffer und Paolo Pejrone restauriert. Im Ergebnis ist eine Mischung aus traditionellem und modernem Stil entstanden, die ein elegantes und dennoch legeres Ambiente vermittelt. Es ist schwer zu schaffen, eine solche Atmosphäre zu erzeugen – hier hat es absolut geklappt.

Die Speisenkarte variiert je nach Verfügbarkeit der lokal erzeugten Produkte.(Foto: Carsten K. Rath)

Restaurant am Strand

Die Speisenkarte variiert je nach Verfügbarkeit der lokal erzeugten Produkte.

(Foto: Carsten K. Rath)

Die Interieurs wurden von den Eigentümern persönlich und sehr liebevoll zusammengefügt, sodass ein Niveau von vier Sternen völlig gerechtfertigt erscheint. Derzeit befindet man sich auf dem ambitionierten Weg zum fünften Stern. Wirklich schwer wird diese Zertifizierung nicht werden, denn das Rossa kann noch weiter punkten – mit den Stränden von Chiarone, die sich in der Nähe befinden, und dem dortigen Restorante La Dogana Capalbio in der Via Graticciaia.

Dieses Restaurant hat tatsächlich eine erstaunliche Entwicklung gezeigt: In den letzten Jahren ist aus einem mittelalterlichen Zollhaus und einer ehemaligen Bretterbude, die noch in jüngster Vergangenheit von den Besuchern eines in der Nähe befindlichen Campingplatzes frequentiert wurden, ein fantastisches Fisch-Restaurant mit einer exzellenten Weinkarte gewachsen. Kulinarische Spitzenleistungen und vor allem eine wunderbare Lage mit Tischen mit direktem Blick aufs Meer!

Im Restaurant sitzen und die Welt vergessen ist mein purer Lebensluxus – egal, ob an einem der bis unmittelbar am Meer stehenden Tische oder in der verglasten Lounge. Die Speisenkarte variiert je nach Verfügbarkeit der lokal erzeugten Produkte. Eine Tatsache, die absolut für die Qualität und natürlich auch für die Nachhaltigkeit der Erzeugung spricht. Apropos Ökologie: Um die Locanda Rossa herum wurde ein Obst- und Gemüsegarten angelegt, aus dem sich die Gäste bedienen können. Körbchen stehen dafür in den Zimmern bereit.

Es fällt mir tatsächlich schwer, vom Locanda Rossa und seinem Strand abzureisen. Eine echte Empfehlung für eine Reise in den äußersten Süden der Toskana.

Über den Autor: Als früherer Grandhotelier und Betreiber einer Reiseplattform ist Carsten K. Rath Globetrotter von Berufs wegen. Sämtliche Hotels, über die er für das Handelsblatt schreibt, bereist er auf eigene Rechnung. Rath ist Ideengeber des Rankings „Die 101 besten Hotels Deutschlands“, zu dessen Partnern auch das Handelsblatt gehört. Das Buch zum Ranking ist im Buchhandel erhältlich.

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