Die Norweger zählen zu den glücklichsten Menschen der Welt. „Kos“ steht für eine gute Zeit – findet man sie auch im Karl Johan Hotel in Oslo?
Fassade des Karl Johan
Das Haus glänzt im wunderbaren Jugendstil.
(Foto: Karl Johan Hotel)
Für einen Citytrip favorisiere ich Stadthotels, von denen aus ich direkt fußläufig zum Zentrum gelange. Auf meiner aktuellen Reise nach Oslo wähle ich das Vier-Sterne-Hotel Karl Johan, das direkt an der gleichnamigen Straße Karl Johans gate im Stadtzentrum liegt. Trotz der Nähe zum Zentrum ist das Hotel sehr ruhig und wertet seine Lage durch die Nachbarschaft auf: Nach nur 500 Metern erreiche ich das königliche Schloss. Königlich hoch sind auch die Preise: 605 Euro kostet die Nacht im Standardzimmer.
Das Karl Johan Hotel glänzt im wunderbaren Jugendstil. Im Mittelpunkt der Lobby entdecke ich eine historisch anmutende Treppe, deren Stufen unter meinen Füßen knarzen. Die Großzügigkeit der Lobby, die meinen ersten Eindruck prägt, setzt sich leider nicht fort. Mein Zimmer ist höher als es breit ist.
Ein weiteres Manko ist die Schaumstoffmatratze. Diese biegt sich, wenn ich mich in der Mitte betten möchte. Habe ich zu viel diniert am Vorabend? Wohl kaum! Die Decken sind nicht von bester Qualität. Trotz nordischer Kühle in der Nacht liege ich schwitzend wach. Ich hätte mir gewünscht, dass man bei der Renovierung auch in die Schlafstätten der Zimmer investiert hätte.
Übermüdet begebe ich mich an das Frühstücksbuffet und bin sehr positiv überrascht. Dieser Start in den Tag ist ausgezeichnet. Von frischen Beeren über frisch gepresste Obstsäfte bis hin zu einer großen Lachsauswahl rettet mir das Frühstück den Tag.
Ich blicke großzügig über die Plastikpflanzen hinweg. Das Budget hat wohl nicht mehr für echte Blumen gereicht. Dafür scheint die Morgensonne durch das Glasdach auf meinen Müsliteller.
Zimmer im Karl Johan Hotel
Bei der Renovierung hätte man auch in die Schlafstätten der Zimmer investieren sollen.
(Foto: Karl Johan Hotel)
Wenngleich der Service meine neu geweckte Euphorie wieder dämpft. Tipps für meinen Oslo-Aufenthalt oder meine Tagesgestaltung bekomme ich nicht. Service wird nicht besonders großgeschrieben. Der Check-in am Vortag erfolgte schon relativ nüchtern, wenn auch zügig. Besondere Wünsche – wie Milch auf meinem Zimmer für den Kaffee aus der vorhandenen Kaffeemaschine – werden nicht persönlich erfüllt. Ich kann mir meine Milch bestellen und anschließend selbst abholen. Ebenso meine ausgedruckten Unterlagen, die ich für meine Business-Meetings benötige. Das spart mir zumindest das Workout.
Wahrscheinlich bin ich noch verwöhnt von meinem letzten Aufenthalt in Oslo. Wenn Sie in einem exzellenten Hotel übernachten wollten, dann empfehle ich Ihnen das „The Thief“.
„No Oslo, no Tesla.“ Diesen Ausspruch soll der Visionär Elon Musk selbst geprägt haben. Oslo ist die Stadt und Norwegen das Land mit den meisten Elektrofahrzeugen auf den Straßen. 90 Prozent sind es wohl. In Sachen Nachhaltigkeit sind uns die sympathischen Nordmänner voraus. Die Stadt Oslo ist erfrischend ruhig für eine Metropole mit 1,5 Millionen Menschen. Mir begegnen durchweg freundliche Gesichter und hilfsbereite Einheimische.
The Thief
Ein exzellentes Haus in Norwegens Hauptstadt.
(Foto: The Thief)
Die Norweger sind stolz auf ihr Land und ihre Nachhaltigkeit. Ich sehe das kritischer. Immerhin investieren sie die Gewinne, die sie aus Öl- und Erdgasabbau erhalten, in erneuerbare Energien. Böse Zungen könnten behaupten, dies sei Greenwashing. Manchmal wird aus einem „Grün“ doch eher ein „Olivgrün“.
Wussten Sie, dass Oslo lange Zeit Marktplatz für die umliegenden Bauerndörfer war? Zwei Burgen prägten das mittelalterliche Stadtbild. Innerhalb der Stadtmauern gab es neun Kirchen sowie die Hallvardskathedrale. Kaufleute und Handwerker lebten hier. Auch heute ist die sympathische Stadt das wirtschaftliche Zentrum Norwegens und auf jeden Fall eine Reise wert.
Abendliche Kulisse
Die sympathische Stadt ist das wirtschaftliche Zentrum Norwegens – und auf jeden Fall eine Reise wert.
(Foto: Christoffer Engstrom on Unsplashed)
Das Hotel Karl Johan wirkt auf den ersten Blick sehr jugendlich und wie frisch renoviert. Allerdings wurde vergessen, auch den Service zu upgraden. Die Direktorin des Hauses ist mir in den zwei Tagen meines Aufenthalts nicht einmal begegnet. In Sachen Nahbarkeit sehe ich hier viel Luft nach oben.
Halbinsel „Tjuvholmen“: Die „Diebesinsel“ lädt zum Flanieren ein.
Bar-Tipp: Rooftop-Bar auf dem Hotel The Thief.
Museumstipp: Zeitgenössische Kunst im Astrup Fearnley Museum of Modern Art.
Must see: Kvadraturen, das historische Zentrum Oslos.
Fjord-Tipp: Das Fjord samt Hafenpromenade ist vom historischen Zentrum nur wenige Minuten entfernt.
1. Ausdrückliche Reisewarnung
2. Besser als unter der Brücke
3. So lala, nicht oh, là, là
4. Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino
Über den Autor: Als früherer Grandhotelier und Betreiber einer Reiseplattform ist Carsten K. Rath Globetrotter von Berufs wegen. Sämtliche Hotels, über die er für das Handelsblatt schreibt, bereist er auf eigene Rechnung. Rath ist Ideengeber des Rankings „Die 101 besten Hotels Deutschlands“, zu dessen Partnern auch das Handelsblatt gehört.
Carsten K. Rath, Rolf Westermann: Die 101 besten Hotels Deutschlands.
Institute for Service- and Leadership Excellence AG
521 Seiten
34,90 Euro
ISBN: 978-3033088719
Rath ist zudem Autor des Buchs zum Ranking. Die nächste Ausgabe des Buchs erscheint unter Mitarbeit des Handelsblatts Ende November im Rahmen der Veröffentlichung des nächsten Rankings der 101 besten Hotels Deutschlands.
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