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21.08.2021

10:00

Wirtschaftsbuchpreis 2021

Ein Plan für die Post-Corona-Welt

Von: Martin Greive

Wie können Staaten besser mit Krisen umgehen? Der Ökonom Markus Brunnermeier skizziert die Idee eines „resilienten Gesellschaftsvertrags“ als Antwort.

Asiatische Länder wie Taiwan, Südkorea oder Japan nutzen soziale Normen, um die Pandemie zu bekämpfen. dpa

Passanten in Taipeh, Taiwan

Asiatische Länder wie Taiwan, Südkorea oder Japan nutzen soziale Normen, um die Pandemie zu bekämpfen.

Berlin Corona ist ein einschneidendes Erlebnis. Für jeden Einzelnen, für Staaten, für die ganze Welt. Die Pandemie hat gezeigt, wie verwundbar Gesellschaften sind. Und wie mühsam es ist, aus solchen Krisen wieder herauszukommen.

In seinem Buch „Die resiliente Gesellschaft – Wie wir künftige Krisen besser meistern können“ geht der Ökonom Markus Brunnermeier der Frage nach, wie der Einzelne, Staaten und Weltgemeinschaft in Zukunft besser mit solchen Schocks umgehen können.

Brunnermeiers Werk, das für den diesjährigen „Wirtschaftsbuchpreis“ des Handelsblatts nominiert ist, sticht aus bisherigen Corona-Analysen heraus. Es ist ein zeitgeschichtliches Dokument, das aus der Sicht eines Ökonomen die verschiedenen Ansätze beim Management der Coronakrise analysiert und aufzeigt, wie die Pandemie die Welt verändern wird.

Und es liefert eine Analyse, welche Konsequenzen Gesellschaften daraus ziehen sollten. Brunnermeier geht dabei weit über die Gesundheitskrise hinaus und fokussiert sich darauf, wie eine vorausschauende Wirtschaftspolitik aussehen müsste.

Resilienz ist schon seit längerer Zeit ein großes Schlagwort in der Politik. Brunnermeier nimmt es als Bezugspunkt, um von dort eine ganze Theorie zu entwickeln. Resilienz sei „der Polarstern, der bei der Gestaltung einer Post-Corona-Gesellschaft zur Orientierung dienen kann“, lautet seine Kernthese.

Resilienz beschreibe die Fähigkeit, „nach Schocks zurückzufedern“, und sei nicht zu verwechseln mit Standfestigkeit, schreibt Brunnermeier. Bei Resilienz gehe es darum, einen Sturm zu überstehen und danach „auf einen Schlag wieder aufzustehen“.

Markus Brunnermeier: Die resiliente Gesellschaft. Wie wir künftige Krisen besser meistern können.
Aufbau Verlag
Berlin 2021
336 Seiten
24 Euro

Entscheidend dafür sei, einen „resilienten Gesellschaftsvertrag“ durchzusetzen. Dies könne entweder über soziale Normen, staatlichen Zwang in einer autoritären oder offenen Gesellschaft oder über Märkte geschehen. Allerdings habe jeder der drei Ansätze „seine Schattenseiten“, so Brunnermeier. Es brauche daher stets eine Kombination aller drei.

Diese theoretischen Überlegungen bricht Brunnermeier zunächst auf die Coronakrise herunter. Er zeigt, wie Japan oder Südkorea auf soziale Normen zur Bekämpfung der Pandemie setzten, während China etwa mittels Zwang das Virus eindämmte.

Aus den unterschiedlichen Erfahrungen leitet der Ökonom ab, was entscheidend für die Bekämpfung einer solchen Gesundheitskrise sei: Informationsgewinnung, Tests, gute Kommunikation, die staatliche Förderung von Impfstoffen sowie das Aufzeigen einer neuen Normalität. Letzteres hätten insbesondere asiatische Staaten unterschätzt.

Den größten Raum im Buch nimmt allerdings die Frage ein, wie Staaten sich grundsätzlich fit für Krisen machen können. „Die Coronakrise hat tiefe Gräben in der Gesellschaft aufgezeigt. Ungerechtigkeit, Ungleichheit, Rassismus und eine Verneinung der Meritokratie rütteln an der Resilienz“, so Brunnermeier. Darüber hinaus seien neue Möglichkeiten etwa in der Gentechnologie eine Chance, aber auch ein Risiko, etwa durch die Entwicklung neuer Waffen.

Abkehr von der rein auf Effizienz getrimmten Unternehmenswelt

Brunnermeier, von Hause aus Finanzökonom, beschreibt, wie wirkmächtig Zentralbanken für die Sicherung von Resilienz sind, wie Staaten aus früheren Krisen gelernt haben, welche Risiken ihnen aber auch heute bei zu hoher Verschuldung drohen. Staaten und Notenbank müssten sich gemeinsam der Gefahr einer mittelfristigen Inflation entgegenstellen, schreibt Brunnermeier.

Der Ökonom fordert auch eine Abkehr von der rein auf Effizienz getrimmten Unternehmenswelt. „Als Preis für eine höhere Resilienz müssen wir einen Teil der Effizienz opfern“, schreibt er. „Resilienz macht Redundanzen nicht zur Sünde, sondern zu einer Tugend.“

Für Nicht-Ökonomen wird das Buch nicht immer leicht zu verstehen sein, auch bleiben seine Vorschläge manchmal etwas vage. Erfrischend ist aber, wie akribisch und unideologisch Brunnermeier, der an der Universität Princeton lehrt, analysiert. Er benennt die Dinge, ohne wertend zu sein. Eine Tugend, die leider immer mehr abhandenkommt.

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