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17.09.2022

13:28

Wirtschaftsbuchpreis 2022

Wie Wasserstoff die Energiewende erst möglich macht

Von: Michael Scheppe

Die Autorin Monika Rößiger erklärt in „Die Wasserstoffwende“ die Grundlagen der Technologie, nennt viele Praxisbeispiele aus unterschiedlichen Gebieten – und zeigt Grenzen auf.

Neben dem Einsatz in der Industrie kann Wasserstoff auch bei der Verkehrswende eine große Rolle spielen. Er kann als Treibstoff für Züge, LKWs und Flugzeuge dienen. dpa

Wasserstoffzug auf Testfahrt

Neben dem Einsatz in der Industrie kann Wasserstoff auch bei der Verkehrswende eine große Rolle spielen. Er kann als Treibstoff für Züge, LKWs und Flugzeuge dienen.

Das Ziel ist ambitioniert: Bis 2045 will Deutschland klimaneutral werden. Für Monika Rößiger ist deshalb klar: „Ohne klimafreundlich produzierten Wasserstoff kann die Energiewende nicht gelingen.“ Das schreibt sie in ihrem neuen Buch „Die Wasserstoffwende.“ Tatsächlich ist H2, so die chemische Formel, in den unterschiedlichsten Wirtschaftsbereichen einsetzbar: zur Erzeugung von Energie, in der Industrie oder im Bereich der Mobilität.

Als Rößiger, die als Wissenschaftsjournalistin vor allem über Wasserstoff schreibt und als Sachbuchautorin arbeitet, sich in der Schlussphase ihres Manuskriptes befand, bekam ihr Buch durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine eine ganz neue Bedeutung. Der Krieg habe Industrie und Verbrauchern „vor Augen geführt, wie riskant und unklug die Abhängigkeit von fossilen Energien ist“.

Spätestens seit Kriegsausbruch ist Wasserstoff ein bestimmendes Thema. Rößiger trifft damit also genau den Zeitgeist. Das Buch ist weniger für Experten als für den Normalbürger geschrieben, der dadurch die Gelegenheit bekommt, die Hintergründe und Anwendungsbereiche deutlich besser zu verstehen.

Rößiger beschreibt in verständlichen Worten die Grundlagen der Wasserstofftechnologie und stellt eine Vielzahl von Projekten vor, in denen H2 in der Praxis eingesetzt wird. Dazu hat die Autorin mit zig Unternehmen, Experten und Fachverbänden gesprochen.

Der Text kann dem Leser wie ein langer Zeitungsartikel vorkommen. Denn Rößiger reiht nicht nur Fakten aneinander, sondern erzählt Anekdoten von ihren Vor-Ort-Recherchen und erklärt die Hintergründe der Projekte.

Fundierter Überblick

Nach der Lektüre des nur etwas mehr als 250 Seiten umfassenden Buches hat der Leser einen guten Überblick über das Thema – und kann danach in der aktuellen Debatte viel fundierter mitdiskutieren. So weiß er dann auch, dass sich Wasserstoff gewinnen lässt, wenn Wasser mittels Elektrolyse in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird.

Wenn dieser elektrochemische Prozess mit Strom aus erneuerbaren Energien abläuft, sprechen Experten von grünem Wasserstoff. Um diesen geht es in dem Buch primär, weil er für den Klimaschutz die wichtigste Rolle spielt.

Monika Rößiger: Die Wasserstoffwende<
Edition Körber
Hamburg 2022
256 Seiten
20,00 Euro

Rößiger räumt mit dem Mythos auf, dass Wasserstoff gefährlich sei, und erklärt, wie mit Hilfe der Brennstoffzelle aus Wasserstoff Strom und Wärme entsteht. In jeweils einem Kapitel geht sie auf den Einsatz von Wasserstoff in der Industrie, bei der Verkehrs- und bei der Wärmewende ein.

Besonders wichtig ist grüner Wasserstoff für die Industrie, insbesondere für die Stahlherstellung. Stahl wird überall gebraucht, sei es in Brücken, Windrädern oder E-Autos, doch er verursacht sieben Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Rößiger beschreibt, wie Stahlhersteller in bestehenden und Pilotprojekten den Werkstoff durch den Einsatz von Wasserstoff grüner machen. Sie zeigt aber auch auf, dass Stahl so 200 Euro mehr pro Tonne kostet und deutsche Hersteller ohne staatliche Unterstützung nicht mehr wettbewerbsfähig wären.

Im Kapitel zur Verkehrswende zeigt sie, wie Mittelständler bestehende Lastkraftwagen umbauen, damit sie mit Wasserstoff betrieben werden können, oder wie Bahnen und Schiffe mittels H2 nachhaltiger werden. Auch in der Luftfahrt könnte Wasserstoff als Treibstoff fungieren. Weil er aus physikalischen Gründen mehr Platz braucht, werden Flieger dann aber weniger Passagiere befördern.

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Und klimaschädliche Kondensstreifen in der Luft kann auch Wasserstoff nicht verhindern. „So wird eine klimaschonende Luftfahrt wahrscheinlich das schwierigste Kapitel der Verkehrswende“, schreibt die Autorin.

Insgesamt gibt sich Rößiger allerdings optimistisch, dass die Wasserstoffwende gelingen kann und sie der Industrie mehr Chancen als Risiken bietet. Am Ende des Buchs finden Leser hilfreiche Schaubilder, eine nützliche Übersicht über wichtige Abkürzungen und Hinweise zu den im Text zitierten Quellen.

„Viele der Technologien, die in diesem Buch vorgestellt wurden, sind nicht komplett neu“, räumt die Autorin selbst ein. „Neu ist aber der Mut und der Ehrgeiz, sie wirklich im großen Maßstab einzusetzen.“

Sie mahnt aber auch: Allein mit neuen Technologien sei die Energiewende nicht zu schaffen. Auch die Menschen müssten sich verändern und Energie sparen

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