Die bisherigen Kursrückgänge beim deutschen Leitindex waren für viele Anleger nicht groß genug für weitere Zukäufe. Absicherungspositionen könnten unter Druck geraten.
Bulle und Bär vor der Frankfurter Börse
Die Investitionsbereitschaft ist weiter abgerutscht.
Bild: dpa
Düsseldorf Viele Anleger wünschen sich derzeit kurze Rücksetzer am Aktienmarkt, um einsteigen oder nachkaufen zu können und von der laufenden Rally zu profitieren. Das zeigen die Daten der Handelsblattumfrage Dax-Sentiment. Zwar signalisiert der Zukunftsoptimismus eine eher abwartende Haltung, doch die Investitionsbereitschaft ist deutlich gestiegen.
Dieses Verhalten lässt sich leicht erklären. Der Rücksetzer am 19. Januar, als der Dax um rund 250 Punkte bis auf 14.906 Zähler abrutschte, war weder hoch noch zeitlich lang genug, um investitionsfreudigen Anlegern die Chance zum Einstieg zu geben.
Seitdem sind die Kurse unter geringen Schwankungen wieder kontinuierlich gestiegen. In der vergangenen Woche gab es ein Plus von 0,7 Prozent.
Nun hoffen viele Anleger offensichtlich auf einen weiteren nennenswerten Rücksetzer, um doch noch einsteigen zu können. „Häufig warten sie vergeblich“, meint Sentimentexperte Stephan Heibel, der die Handelsblattumfrage auswertet und interpretiert. Auch der Handelsverlauf am heutigen Montag, der den Dax zwischenzeitlich bis auf 14.988 Punkte abrutschen ließ, dürfte nicht ausreichend für viele neue Käufe gewesen sein.
Die Sentimentwerte insgesamt zeigen allerdings keine eklatante Fehlallokation, die zu Problemen führen könnte. Ganz anders sieht es mit dem Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart aus. Dieser Indikator zeigt eine extrem hohe Absicherungsposition der Privatanleger an. Dieses Verhalten führt dazu, dass bei Rücksetzern bereits frühzeitig gekauft wird, der deutsche Aktienmarkt also ein stabiles Sicherheitsnetz hat.
Sollten die Kurse jedoch weiter so kontinuierlich und schwankungsarm nach oben klettern, dann könnten diese Absicherungspositionen irgendwann unter Druck geraten. Werden sie dann aufgelöst, wird die Rally weiter befeuert – nicht nur über die Deckungskäufe, sondern auch darüber, dass die zuvor unterinvestierten Anleger den steigenden Kursen hinterherlaufen. Dabei gilt, dass der Druck auf Absicherungspositionen umso größer wird, je länger ein deutlicher Kursrückgang ausbleibt.
Entsprechend meint Heibel: „Es bleibt bei meiner Aussage der Vorwoche: Das Überraschungspotenzial liegt auf der Oberseite.“
Das Anlegersentiment hat sich parallel zu den steigenden Kursen moderat aufgehellt. Nach einem Wert von 1,1 Punkten in der Vorwoche signalisiert das Anlegersentiment mit 1,9 Punkten aktuell eine gute Stimmung unter den Anlegern.
Auch die Selbstzufriedenheit zeigt mit einem Wert von 0,7 Punkten (Vorwoche 0,8 Punkte) moderate Zufriedenheit.
Für die Zukunft hingegen sieht es nicht so rosig aus: Die Zukunftserwartung ist auf 0,4 Punkte abgesackt. In der Vorwoche lag dieser Wert noch bei 1,5 Punkten. Damit leert sich das Lager der Bullen (die auf steigende Kurse setzen) zusehends, während gleichzeitig das Lager der Bären (die mit fallenden Kursen rechnen) unverändert bleibt. Offensichtlich sammeln sich die Anleger im neutralen Lager und warten auf eine Richtungsentscheidung.
Allerdings steigt die Investitionsbereitschaft auf 1,8 Punkte nach 0,8 Punkten in der Vorwoche. Damit sehen viele Anleger offensichtlich eine Chance in einem eventuellen Kursrücksetzer.
Das Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart, an der Privatanleger handeln, ist auf minus 17 gesunken, der niedrigste Wert seit dem Corona-Crash. Privatanleger fürchten offensichtlich sehr stark einen heftigen Kursrückgang und sichern sich mit entsprechenden Produkten gegen fallende Kurse ab.
Institutionelle Anleger, die sich über die Frankfurter Terminbörse Eurex mit Optionen absichern, haben ein Put/Call-Verhältnis von 2,8, was ebenfalls ein starkes Interesse an Put-Absicherungen signalisiert. Im Verlauf der Woche stand das Put/Call-Verhältnis bereits bei sieben, was ähnlich hoch ist wie das Put/Call-Verhältnis kurz vor dem Rücksetzer vor zehn Tagen. An der Chicagoer Terminbörse CBOE ist das Put/Call-Verhältnis rückläufig und signalisiert ein abnehmendes Absicherungsbedürfnis der US-Anleger.
US-Fondsanleger haben ihre Investitionsquote auf 75 Prozent hochgefahren. Damit erreichen sie das höchste Investitionsniveau der vergangenen zehn Monate. Langfristig betrachtet liegt dieser Wert wieder in einem normalen Bereich.
Die Bulle-Bär-Differenz der US-Privatanleger steht bei minus neun. Einem Anteil an Bären von 37 Prozent stehen 28 Prozent Bullen gegenüber. Anders als in Deutschland ist in den USA das Bärenlager also noch immer das größte Lager und sogar größer als das Lager der Neutralen. Der anhand technischer Marktdaten berechnete „Angst-und-Gier-Indikator“ der US-Märkte zeigt mit einem Wert von 68 Prozent moderate Gier an.
Anders als am Aktienmarkt sieht die Stimmung am Goldmarkt aus. Dort ist die Erwartung an eine künftige Rally erloschen. Die Stimmung sackt ab, obwohl der Goldpreis sein hohes Niveau halten kann. Die Zukunftserwartung ist seit sechs Wochen kontinuierlich gesunken und erreichte am Wochenende laut den Daten des Analysehauses Animusx ein negatives Extremniveau.
Für Heibel eröffnet dies die Möglichkeit, dass der Goldpreis seine gute Performance der vergangenen Monate weiter beibehält und in den kommenden Wochen weiter nach oben klettert.
Noch Mitte Januar hatte die Stimmung nach einem Plus von 15 Prozent in drei Monaten eine Verschnaufpause als wahrscheinlichstes Szenario für die kommenden ein bis zwei Wochen signalisiert. Seitdem verharrt der Goldpreis auf dem Niveau.
Hinter Erhebungen wie dem Dax-Sentiment mit mehr als 7800 Teilnehmern stehen zwei Annahmen: Wenn viele Anlegerinnen und Anleger optimistisch sind, haben sie bereits investiert. Dann bleiben nur wenige übrig, die noch kaufen und damit die Kurse in die Höhe treiben könnten. Umgekehrt gilt: Wenn die Anlegerinnen und Anleger pessimistisch sind, haben sie mehrheitlich nicht investiert. Dann können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken.
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