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27.02.2023

15:06

Dax-Umfrage

Anleger mit schwachen Nerven reagieren panisch – Gute Basis für neue Kursgewinne

Von: Jürgen Röder

Nach einem kleinen Rücksetzer ist die Anlegerstimmung schnell auf den tiefsten Stand des Jahres gefallen. Offenbar ist der Bärenmarkt 2022 noch zu präsent.

Die Investitionsbereitschaft ist weiter abgerutscht. dpa

Bulle und Bär vor der Frankfurter Börse

Die Investitionsbereitschaft ist weiter abgerutscht.

Düsseldorf Die jüngste Verschnaufpause am Aktienmarkt hat sowohl in Deutschland als auch in den USA deutliche Spuren hinterlassen. Das zeigen die Handelsblattumfrage Dax-Sentiment und die US-Erhebung American Association of Individual Investors (AAII). Dabei betrug das Wochenminus beim deutschen Leitindex Dax und dem marktbreiten US-Index S&P 500 lediglich rund 1,7 Prozent.

Für den Sentimentexperten Stephan Heibel ist diese Entwicklung eine gute Basis für weitere Kursanstiege. In der Vergangenheit erwies es sich häufig als Einstiegschance, wenn wie in der Vorwoche auf eine moderate Atempause bei den Kursen ein deutlicher Stimmungseinbruch folgte. „Viele Anleger mit schwachen Nerven haben den Markt verlassen“, erläutert er. „Es bleiben die besonneneren Anleger, die ihre Positionen nicht so schnell verkaufen.“

Dieser aktuell rasante Stimmungseinbruch ist mit Blick auf die Börsenentwicklung schon erstaunlich: Seit Ende September hat der Dax mehr als 25 Prozent gewonnen, seit dem Jahreswechsel knapp zehn Prozent. Trotzdem reichte ein Wochenminus von 1,7 Prozent, damit die Stimmung auf den tiefsten Stand des gesamten Jahres fällt.

Der Stimmungseinbruch trug sogar Züge von Panik. Das ist aber eher ein positives Zeichen, wie eine Börsenregel zeigt: Kurse steigen an einer Wand voller Zweifel („Wall of Worry“). Denn wenn im Markt große Angst vor Kursverlusten herrscht, verkaufen die Anleger mit schwachen Nerven schnell. Und wenn sie das getan haben, dann müssen gar nicht die Sorgen verschwinden. Es reicht oft schon, dass es keine negativen Nachrichten mehr gibt, und der Markt steigt wieder – so wie am heutigen Montag.

Der Grund für die aktuelle Angst vor Kursverlusten dürfte auch mit den Erinnerungen an den Bärenmarkt des Vorjahres zusammenhängen, als der Dax zwischenzeitlich 25 Prozent im Minus lag.

Grafik

Natürlich gab es eine Reihe von Konjunkturmeldungen, die weitere Zinsanhebungen erwarten lassen und somit die Rezessionsgefahr schüren. Diese Gefahr ist real und nach der Aktienmarktrally der vergangenen Monate nicht mehr vollständig im Aktienmarkt eingepreist. „Je nach Nachrichtenlage kann der Druck auf den Kursen anhalten, doch ein Abrauschen ist vor dem Hintergrund der doch schon recht negativen Stimmung eher unwahrscheinlich“, meint Sentimentexperte Heibel.

Aktuelle Umfragedaten

Das Anlegersentiment ist auf den schlechtesten Stand seit Jahresbeginn gefallen und liegt bei minus 0,3 Punkte. Noch in der Vorwoche lag dieser Wert bei 1,4 Prozent.

Auch die Verunsicherung unter Anlegern ist wieder zu messen: Minus 1,9 zeigt der Indikator für die Selbstzufriedenheit, nach plus 0,9 in der Vorwoche. Auch dieser Wert ist erstmals seit Jahresbeginn ins Minus gerutscht.

Die Zukunftserwartung steigt häufig mit fallenden Kursen. Doch nicht so diese Woche: Der Wert von minus 0,5 zeigt die aufkommende Skepsis, die Anleger in Bezug auf die künftige Aktienmarktentwicklung haben. Fast hat es den Anschein, dass die fallenden Kurse die Hoffnung auf eine Fortsetzung der Rally zunichtemachen.

So ist auch die Investitionsbereitschaft auf plus 0,4 gefallen, nach plus 1,1 in der Vorwoche. Dies ist der zweitniedrigste Wert seit einem Jahr.

Das Euwax-Sentiment der Privatanleger bleibt mit einem Wert von minus 7,5 auf einem moderat negativen Niveau. Anleger sichern sich weiterhin gegen Kursverluste ab. Denn ein negativer Wert zeigt, dass in den Depots der Privaten mehr Put-Hebelprodukte, die bei fallenden Kursen im Wert steigen, als Call-Hebelprodukte sind, mit denen man auf höhere Kurse setzt.

Das Put/Call-Verhältnis der Frankfurter Terminbörse Eurex, über die sich die institutionellen Anleger absichern, zeigt mit einem Wert von 1,5 nur eine verhältnismäßig geringe Absicherungsneigung an.

Das Put/Call-Verhältnis der Chicagoer Terminbörse CBOE ist hingegen leicht angestiegen, US-Anleger werden wieder vorsichtiger. Auch die US-Fondsanleger werden vorsichtiger und haben ihre Investitionsquote drastisch auf 57 Prozent gesenkt. In der Vorwoche lag dieser Wert noch bei 81 Prozent.

Die Bulle/Bär-Differenz der US-Privatanleger ist wieder ins Minus gerutscht. Der Anteil der Pessimisten, Bären genannt, liegt bei 39 Prozent. 22 Prozent der Befragten sind hingegen bullish gestimmt. Es handelt sich um einen heftigen Stimmungsumschwung, den die US-Anleger in der vergangenen Woche vollzogen haben. Noch in der vergangenen Woche lag der Anteil der Bullen fünf Prozentpunkte über dem der Bären.

Der anhand technischer Marktdaten berechnete „Angst-&-Gier-Indikator“ der US-Märkte pendelt im neutralen Bereich. Andere eher kurzfristige technische Indikatoren sind deutlich abgerutscht und stehen kurz davor, einen überverkauften Markt und damit eine Gegenbewegung Richtung Norden zu signalisieren.

Großer Optimismus am Ölmarkt

Eine interessante Konstellation liegt am Ölmarkt, bei dem andere Regeln als am Aktienmarkt gelten. Während Optimismus bei den Aktienkursen eher als eine Belastung gilt, hat solch eine freundliche Stimmung hingegen stets zu höheren Ölpreisen geführt. Laut den Daten des Analysehauses Animusx gab es in den vergangenen Jahren bereits 17 Mal solch eine hohe Zukunftserwartung wie derzeit. Jedes Mal stieg der Ölpreis in den sechs Folgemonaten stark, durchschnittlich um 38,5 Prozent.

Hinter Erhebungen wie dem Dax-Sentiment mit mehr als 7800 Teilnehmern stehen zwei Annahmen: Wenn viele Anlegerinnen und Anleger optimistisch sind, haben sie bereits investiert. Dann bleiben nur wenige übrig, die noch kaufen und damit die Kurse in die Höhe treiben können. Umgekehrt gilt: Wenn die Anlegerinnen und Anleger pessimistisch sind, haben sie mehrheitlich nicht investiert. Dann können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken.

Sie wollen an der Umfrage teilnehmen? Dann lassen Sie sich automatisch über den Start der Sentimentumfrage informieren und melden Sie sich für den Dax-Sentiment-Newsletter an. Die Umfrage startet jeden Freitagmorgen und endet Sonntagmittag.

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