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23.01.2023

14:43

Dax-Umfrage

Bärenmarkt? Beim Dax sind die Kurschancen größer als die Risiken

Von: Andreas Neuhaus

Am Aktienmarkt wird diskutiert, ob eine drohende Rezession für eine Korrektur sorgen kann. Doch laut einer Handelsblattumfrage ist das nicht das wahrscheinlichste Szenario.

Die Investitionsbereitschaft ist weiter abgerutscht. dpa

Bulle und Bär vor der Frankfurter Börse

Die Investitionsbereitschaft ist weiter abgerutscht.

Düsseldorf Beim deutschen Leitindex Dax hat sich der Aufwärtstrend nach dem besten Jahresstart seiner Geschichte abgeschwächt. „Nun wird diskutiert, ob eine drohende Rezession die Aktienmärkte wieder in ihren Bärenmarkt zurückwerfen könnte oder ob wir nur eine kurze Verschnaufpause sehen“, sagt Stephan Heibel, Geschäftsführer des Analysehauses AnimusX.

Als Bärenmarkt wird eine längere Phase fallender Kurse bewertet – und tatsächlich scheint ein Rücksetzer nach der starken Rally überfällig. In diesem Jahr ist der Dax um rund acht Prozent oder mehr als 1000 Punkte gestiegen. Seit Ende September sind es mehr als 25 Prozent.

Doch die Handelsblattumfrage Dax-Sentiment unter mehr als 7000 Privatanlegerinnen und -anlegern kommt zu einem anderen Ergebnis. „Das Überraschungspotenzial liegt eindeutig auf der Oberseite“, sagt Heibel, der die wöchentliche Umfrage auswertet und um weitere Indikatoren ergänzt. Die Chance für weiter steigende Kurse ist demnach also größer als das Risiko fallender Kurse.

Was gegen einen größeren Rücksetzer oder sogar eine Korrektur von zehn Prozent oder mehr spricht, sind die ausgeprägten Absicherungen, die Anleger in der vergangenen Woche aufgebaut haben. Ablesbar ist das am Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart, wo Privatanlegerinnen und -anleger handeln.

Ein negativer Wert bedeutet, dass sie von fallenden Kursen ausgehen – und vergangene Woche ist das Sentiment auf minus 15 Prozent eingebrochen. „Privatanleger rechnen also mit einem stärkeren Rückschlag in den kommenden Wochen und sichern sich entsprechend ab“, sagt Heibel.

Diese wachsende Skepsis zeigt sich auch in der Sentiment-Umfrage. Die Anlegerstimmung ist von 4,5 in der Vorwoche auf 1,1 zurückgegangen. „Damit ist die Euphorie der Vorwoche schon wieder verflogen, die Laune der Anleger ist neutral“, beobachtet Sentiment-Experte Heibel.

Grafik

Bei institutionellen Anlegerinnen und Anlegern ist der Absicherungsbedarf offenbar ähnlich groß. An der europäischen Terminbörse Eurex ist das Put/Call-Verhältnis auf 3,6 Prozent angesprungen. Profis legen sich also vermehrt Put-Optionen ins Depot, die bei fallenden Kursen im Wert steigen.

Da viele Marktteilnehmer mit fallenden Kurse rechnen, birgt dieses Szenario das geringste Überraschungspotenzial. „Die starken Absicherungskäufe an Eurex und Euwax dürften dafür sorgen, dass wir vorerst – mit Blick auf die nächsten Wochen – keine Wiederaufnahme des Bärenmarktes erleben werden“, erklärt Heibel.

Absicherungen spannen ein Sicherheitsnetz für den Dax

Denn Put-Optionen funktionieren praktisch wie Leerverkäufe. Das bedeutet vereinfacht formuliert: Kauft ein Anleger ein Put-Produkt auf den Dax, muss die Bank im Hintergrund den Dax verkaufen. Und beim Verkauf des Derivats muss der Dax wieder zurückgekauft werden. Starke Absicherungen spannen also eine Art Sicherheitsnetz, das einen Kursverfall bis zu einem gewissen Grad abfedert.

Ansatzweise war dieser Effekt schon in der vergangenen Woche zu beobachten. Der Rücksetzer ließ den Dax noch nicht einmal nachhaltig unter die Marke von 15.000 Punkten fallen. „Wirklich überrascht hat der Rücksetzer kaum jemanden“, sagt Heibel. Daher ist weiterhin Selbstzufriedenheit mit einem Wert von 0,8 vorhanden. „Die Verunsicherung, die Anleger das gesamte vergangene Jahr belastet hat, kehrt nach ein paar Tagen der Verschnaufpause noch lange nicht zurück. Kleine Rücksetzer sitzt man locker aus.“

Die Verschnaufpause wird sogar als gesund betrachtet. Die Zukunftserwartung ist von minus 1,1 auf plus 1,5 gestiegen. Die Anleger werden also etwas optimistischer.

Die Investitionsbereitschaft ist nahezu konstant, sie gibt von 0,9 auf 0,8 nach. „Viele Anleger haben sich offensichtlich inzwischen long positioniert, wollen aber auf dem aktuellen Kursniveau noch nicht nachlegen“, sagt Heibel.

Dadurch liegt das Überraschungspotenzial auf der Oberseite, wie Heibel erklärt: „Sollte die Konsolidierung den Dax in den kommenden Tagen wider Erwarten der heimischen Anleger nicht nochmals deutlich tiefer führen, wo sie ihre Absicherungspositionen dann eindecken würden, dann könnten die heimischen Anleger unter Druck geraten, ihre Absicherungspositionen in steigende Kurse hinein auflösen zu müssen.“

Dabei gilt, dass der Druck auf Absicherungspositionen umso größer wird, je länger ein deutlicher Kursrückgang ausbleibt. Werden sie dann aufgelöst, wird die Rally weiter befeuert – nicht nur über die Deckungskäufe, sondern auch darüber, dass die zuvor unterinvestierten Anleger den steigenden Kursen hinterherlaufen.

Der entscheidende Auftakt-Impuls für steigende Kurse könnte übrigens von internationalen Investoren kommen: In den USA ist das Put/Call-Verhältnis an der Terminbörse in Chicago deutlich auf 1,0 zurückgegangen. Das Absicherungsbedürfnis geht also zurück. Passend dazu werden die US-Fondsanleger mutiger, die Investitionsquote der US-Fondsanleger ist um 20 Prozentpunkte auf 65 Prozent gestiegen. Es besteht also eine „Stimmungsdiskrepanz zwischen Anlegern in Deutschland und in den USA“, stellt Heibel fest.

„Den internationalen Zahlungsströmen und dem stark gestiegenen Euro-Wechselkurs gegenüber dem US-Dollar können wir entnehmen, dass ein guter Teil der Aktienmarktrally in Deutschland auf internationale Anleger zurückzuführen ist“, sagt Heibel weiter. „Offensichtlich sehen internationale Anleger die Situation in Deutschland positiver, als wir selbst es wahrhaben wollen.“

Hinter Erhebungen wie dem Dax-Sentiment mit mehr als 7800 Teilnehmern stehen zwei Annahmen: Wenn viele Anlegerinnen und Anleger optimistisch sind, haben sie bereits investiert. Dann bleiben nur wenige übrig, die noch kaufen und damit die Kurse in die Höhe treiben könnten. Umgekehrt gilt: Wenn die Anlegerinnen und Anleger pessimistisch sind, haben sie mehrheitlich nicht investiert. Dann können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken.

Sie wollen an der Umfrage teilnehmen? Dann lassen Sie sich automatisch über den Start der Sentimentumfrage informieren und melden Sie sich für den Dax-Sentiment-Newsletter an. Die Umfrage startet jeden Freitagmorgen und endet Sonntagmittag.

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