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28.12.2022

10:33

Geldanlage

Gesetzänderungen sorgen für Auf und Ab bei Cannabis-Aktien

Von: Stefan Terliesner

Bisher verbuchen Cannabisaktien vor allem Verluste. Das Investment ist riskant. Ob es sich lohnt, dürfte vor allem ein Faktor entscheiden: die Regulierung.

Das Gewächs gehört zu den ältesten Kulturpflanzen. imago images/Future Image

Hanfpflanze

Das Gewächs gehört zu den ältesten Kulturpflanzen.

Köln Anleger, die auf Cannabisaktien gesetzt haben, dürften bislang enttäuscht sein. Auf kurzzeitige Kursgewinne in der Pandemiezeit folgten zwei Jahre voller Kursverluste. Im Herbst 2022 deutete sich dann zunächst eine Bodenbildung im Global Cannabis Stock Index an, der den börsennotierten Markt für medizinisches und legales Cannabis abbildet – im Dezember ging es jedoch weiter abwärts.

„Maßgeblich für die Kursentwicklung ist die Regulatorik“, betonte kürzlich Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank, mit Blick auf einen anstehenden Meilenstein für die Branche in den USA: den „Safe Banking Act“. Er würde es Banken erlauben, Kredite an Marihuana-Unternehmen zu vergeben.

Inzwischen ist allerdings klar: Die für die Cannabisbranche wichtige Gesetzesänderung verzögert sich oder ist möglicherweise sogar gescheitert. Medien zufolge wurde der Gesetzentwurf jetzt vom US-Senat gestoppt. Das ist ein Dämpfer für Cannabisaktien. Die Branche hofft nun, dass die Bankbestimmungen im nächsten Jahr reformiert werden.

Denn die Finanzierung ist derzeit ohnehin ein Problem für Cannabisunternehmen. Kredite sind heute deutlich teurer als vor einem Jahr. Denn zur Inflationsbekämpfung haben große Notenbanken ihre Leitzinsen kräftig erhöht.

In der Folge ist das Zinsniveau in Ländern wie den USA, Kanada und Deutschland – hier sind die meisten Cannabisanbieter beheimatet – gestiegen. Das trieb die Kapitalkosten der jungen, oft wenig profitablen Firmen und sorgte gleichzeitig für niedrigere Barwerte zukünftiger Gewinne, also niedrigere Bewertungen, erklärte Ulrich.

Als „Marihuana“ werden die getrockneten, harzhaltigen Blüten der weiblichen Hanfpflanze (Cannabis) bezeichnet. Neben diesem Rauschmittel existieren medizinische Produkte auf Cannabisbasis. Sie gibt es seit 2017 in Deutschland auf Rezept. Aus Hanf lassen sich auch Öle, Textilien und Seile herstellen. Das Gewächs gehört zu den ältesten Kulturpflanzen.

Cannabis-Aktien: Börsenwert von Cantourage beträgt 190 Millionen Euro

Die Entwicklung in Deutschland belegt, wie wichtig der Faktor Regulierung für die Kursentwicklung von Cannabisaktien ist: Die Bundesregierung will den Verkauf von Marihuana legalisieren. Ende Oktober hatte das Gesundheitsministerium ein entsprechendes Eckpunktepapier veröffentlicht. Aktuell prüft die EU-Kommission, ob die Pläne mit internationalem Recht vereinbar sind.

Bei einer positiven Stellungnahme könnte Berlin im ersten Quartal 2023 einen Gesetzentwurf vorlegen. Für die Cannabisunternehmen wäre das eine bedeutende Nachricht: Deutschland könnte damit möglicherweise zum größten Cannabismarkt der Welt aufsteigen. Bislang sind Hanfprodukte in Kanada, Uruguay und einigen US-Bundesstaaten frei verkäuflich.

Dieses Momentum nutzte das Berliner Start-up Cantourage im November für den Gang an die Frankfurter Börse. Der erste Kurs lag bei 6,48 Euro. Aktuell kostet das Papier rund 14 Euro. Der Börsenwert von Cantourage beträgt derzeit rund 190 Millionen Euro.

Im Jahr 2021 erzielte das Berliner Start-up mit dem Verkauf von medizinischen Cannabisprodukten einen Umsatz von rund fünf Millionen Euro. In diesem Jahr soll sich der Erlös verdreifachen und das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) „leicht negativ“ sein, bestätigte ein Unternehmenssprecher gegenüber dem Handelsblatt.

Synbiotic: Canopy-Growth-Gründer als Berater

Mit Aktien von Synbiotic handeln Anleger bereits seit Anfang 2021. Unterbrochen von kurzzeitigen Gewinnen zum Jahreswechsel 2021/2022 ging es mit dem Papier allerdings die meiste Zeit bergab.

Vor vier Wochen berichtete das Management, dass Bruce Linton mit einem geringen Anteil bei Synbiotic eingestiegen ist und das Unternehmen fortan berät. Als Gründer und ehemaliger CEO von Canopy Growth, einem der größten Cannabisproduzenten der Welt, könne Linton dem Unternehmen auf seinem Wachstumskurs helfen.

Linton sehe „ein enormes Potenzial auf dem europäischen Markt, insbesondere aufgrund der kürzlich angekündigten Legalisierung in Deutschland“, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Er halte Synbiotic „für bestens positioniert, um die Vorteile der Legalisierung voll auszuschöpfen und das dominierende Cannabisunternehmen in Europa zu werden“.

Sollte man jetzt in Cannabis-Aktien investieren?

Ob die Hoffnungen der Cannabisanleger Realität werden, bleibt abzuwarten. Investments in entsprechende Aktien sind hochspekulativ. Die Kurse der bereits seit mehreren Jahren an der Börse notierten Unternehmen weisen auf Dauer häufig abwärts.

Bleiben weitere regulatorische Lockerungen aus, könnten Wachstumspläne, die auf Cannabis als Rauschmittel und persönlichen Freizeitgenuss setzen, schnell am Ende sein. Umgekehrt gilt allerdings auch: Kommt die Legalisierung, winken üppige Gewinne.

Erstpublikation: 21.12.22, 14.58 Uhr (zuletzt aktualisiert am 28.12.22, 10:28 Uhr).

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