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Emissionszertifikate

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Etwa zwei Drittel der CO2-Zertifikate werden an Börsen gehandelt, zum Tagespreis oder auf Termin. Emissionsrechte sind damit Spekulationsobjekte - wie Schweinebäuche, Aktien oder Öl. Kraftwerksbetreiber und Stahlkonzerne handeln mit ihnen, aber eben auch Hedgefonds und Investmentbanken. Weltweit werden jährlich Emissionsrechte für 144 Milliarden Dollar umgesetzt. 90 Prozent des Börsenhandels kontrolliert die US-Terminbörse ICE über ihre Tochterunternehmen European Climate Exchange in London und Chicago Climate Exchange.

ICE wiederum ist fest in der Hand der großen US-Investmentbanken wie Morgan Stanley und Goldman Sachs sowie riesiger amerikanischer Vermögensverwalter, darunter T. Rowe Price, BlackRock und State Street. Goldman Sachs, Morgan Stanley und JP Morgan handeln zudem an den ICE-Tochterbörsen mit Emissionsrechten. Die US-Finanzinstitutionen verdienen somit gut an Europas CO2-Zertifikaten. Andererseits weigern sich die USA aber bis heute, einen verbindlichen Emissionshandel einzuführen - auch auf Druck einflussreicher Kohle-Großkonzerne wie Peabody und Arch Coal.

Bundeskanzlerin Angela Merkel steht derzeit eher unter dem Druck der Atomkraftbetreiber, die längere Laufzeiten für ihre Meiler durchsetzen wollen. Bei ihrem Besuch am 19. August in der Leipziger Strombörse erwähnte sie den Atomstreit nicht, hoffte aber auf "mehr Transparenz" auf dem Energiemarkt. Leipzig werde dazu einen Beitrag leisten. Bei Emissionsrechten wird der allerdings nicht allzu groß sein: Nur 2,4 Prozent aller CO2-Zertifikate werden hier gehandelt (siehe Grafik Seite 84).

An der Leipziger Strombörse sind E.On, RWE und EnBW beteiligt. Dass ausgerechnet Leipzig 2007 in Verdacht geriet, den großen deutschen Stromkonzernen Preismanipulationen zu ermöglichen, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Um den Strompreis zu stützen, hätten die Versorger dem Börsenhandel durch Aufkäufe große Strommengen entzogen, so der Verdacht des Bundeskartellamts. Die Untersuchungen blieben ergebnislos, ebenso 2009 eine Anzeige des Grünen-Politikers Ansgar Federhen gegen die Vorstände von E.On und RWE. Europas Energiekommissar Günther Oettinger will jetzt den europäischen Stromhandel auf Schwachstellen überprüfen lassen und eine europaweite Aufsicht installieren.

Fünf Milliarden Steuerschaden: Verbesserungswürdig ist auch der Börsenhandel von CO2-Zertifikaten. Im März dieses Jahres mussten die Klimabörsen Bluenext in Paris, Greenmarket in München und die norwegische Nordpool den Handel mit Emissionsrechten aus Klimaschutzprojekten vorübergehend einstellen, nachdem bereits benutzte Zertifikate aus Ungarn in den Handel gelangt waren.

Sehr viel dreister gingen Kriminelle bei einem Fall von Umsatzsteuerbetrug vor: Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt kämpft sich zurzeit durch durch einen Aktenberg, der millionenschweren Umsatzsteuerbetrug beim Handel mit Emissionsrechten belegen soll. Auch Mitarbeiter der Deutschen Bank stehen unter Verdacht.

Das Umsatzsteuerkarussell könnte so gelaufen sein: Ein Verkäufer im EU-Ausland veräußert CO2-Zertifikate an einen Komplizen im Inland. Der Deutsche schlägt auf die Zertifikate die Umsatzsteuer auf, führt sie jedoch selbst nicht ab und reicht die Emmissionsrechte an einen Händler weiter. Der wiederum verkauft sie den Bankern, die mit den Betrügern unter einer Decke stecken. Sie lassen sich die Umsatzsteuer erstatten und verkaufen die Emissionsrechte wieder an den ersten Verkäufer im Ausland zurück. Die vom Fiskus erstattete Steuer wird geteilt, danach beginnt der Kreislauf wieder neu.

Kommentare (4)

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Leertasche

06.09.2010, 10:34 Uhr

..."Spekulanten und Kriminelle..."
Der erste Schritt ist getan!
Es wird eben in dieser Sache Zeit, beide in einem Atemzug zu nennen!
Hoch lebe Europa! Hoch lebe der europäisch einheitliche Energiepreis für Strom, Öl und Kraftstoffe für industrie und Einzelabnehmer!

Öko-Freund

06.09.2010, 10:59 Uhr

Ein absolut polemischer und unsachlicher Artikel. Der Autor greift lediglich Vorurteile von Sachunkundigen auf. Wer einen solchen Artikel schreibt, hat das System des Emissionshandels offenbar nicht verstanden und sollte lieber über etwas schreiben, womit er sich auskennt. Dieser Artikel ist unter der Würde und dem Nieveau des Handelsblattes. Schade, dass der Autor eine ausgewogenen Darstellung nicht leisten kann.

Monaco

07.09.2010, 13:12 Uhr

Es ist zu begruessen, dass endlich das Thema angepackt wurde, deshalb meine Hochachtung.

Jetzt muss nur noch Licht in die anderen dunklen Seiten gebracht werden um die Massen aufzuklaeren.
Wie z.b. in Australien und schon wechselt die Politikerelite! in Europa wird es auch bald Licht werden!

Oeko-Freund scheint ein Politiker zu sein da er keine begruendungen gibt und polemisiert!

Herr Ermecke benennt wenigsten die physikalischen Grundlagen (Waermestrahlung/ boltzmann Konstante/ Planck) - ihr Einsatz ist sehr zu begruessen!
Sie erinnern mich an Richard Dawkins und seine Aufklaerungsarbeit bezueglich der Religionen!
Meine Stimme haben Sie.

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