Der Schweizer Schriftsteller über sein Verhältnis zur Credit Suisse, die Folgen der Fusion für den Finanzplatz Zürich und warum er nicht zur UBS gehen würde.
Martin Suter
Der Schweizer Bestseller-Autor hat eine sehr dezidierte Meinung zur Fusion der beiden Geldhäuser Credit Suisse und UBS. In seinem neuen Roman "Melody", der dieser Tage erscheint, hat er sich aber einem anderen Thema gewidmet.
Bild: dpa
München Die meisten der zwölf Romane des Schweizer Bestsellerautors Martin Suter spielen in Zürich oder einer Stadt, die Zürich sein könnte. Da war es programmiert, dass Suter sich irgendwann einmal der Schweizer Bankenwelt widmen würde. In seinem bereits 2015 erschienenen Roman „Montecristo“ gerät das Schweizer Bankensystem an den Rand der Katastrophe. Wer ihm angesichts der Ereignisse der vergangenen Tage seherische Fähigkeiten unterstellen will, bekommt höchstens ein amüsiertes Lächeln zu sehen.
Dennoch treibt den 75-Jährigen der Beinahekollaps der Credit Suisse um. Er war lange Kunde der Bank und hat mit „Lassen Sie Ihr Geld für sich arbeiten, Sie arbeiten schließlich auch für Ihr Geld!“ den wohl bekanntesten Werbeslogan der Schweizer Finanzbranche getextet.
Lesen Sie im Interview, was Suter heute über diesen Slogan denkt und wie er die Notfusion der Crédit Suisse mit der UBS sieht.
Herr Suter, Sie waren einmal Credit-Suisse-Kunde und haben dem Geldhaus vor Jahren den Rücken gekehrt. Warum?
Ich war seit 1968 bei der Credit Suisse, der Schweizerischen Kreditanstalt, wie sie damals noch hieß. Ich war meistens sehr zufrieden mit ihr. Weshalb ich mich schließlich schweren Herzens von ihr getrennt habe, hatte damit zu tun, dass ich mich jeden Morgen fragen musste, was ist wohl heute bei meiner Bank wieder schiefgelaufen? So verliert man das Vertrauen, und das ist das wichtigste Kapital einer Bank. Denn Geld hat ja keine Bank genug, um die Einlagen ihrer Kunden zurückzuzahlen, wenn etwas schiefgeht. Banken arbeiten prinzipiell mit Geld, das ihnen nicht gehört.
Fühlen Sie sich durch die aktuellen Ereignisse in Ihrer Entscheidung bestätigt?
Ja, denn sonst wäre ich jetzt bei der UBS. Wenn bei der etwas schiefgeht, hat sie auch nicht genug Geld, um die Einlagen zurückzuzahlen. Und dass auch bei der etwas schiefgehen kann, hat sie 2008 drastisch bewiesen. Auch sie musste gerettet werden. Ich bin jetzt bei der Zürcher Kantonalbank, der einzigen Bank, die ich kenne, bei der ich, wenn etwas schiefgeht, mein ganzes Geld wieder zurückbekommen würde.
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Kennen Sie noch Credit-Suisse-Kunden, und wenn ja, sprechen diese Menschen über die Krise der Bank oder kehren dem Institut auch den Rücken?
Ich wurde früher manchmal gefragt, weshalb ich die Bank gewechselt habe. Jetzt fragt das niemand mehr.
Was war Ihr erster Gedanke, als Sie davon erfahren haben, wie schlecht es der Bank geht?
Wie schlecht es einer Bank geht, erfährt man nie wirklich. Vermutlich geht es ihr meistens besser, als man sagt. Das Problem ist aber, dass man sagt, dass es ihr schlecht gehe. Das frisst das Kapital Vertrauen und damit das Kapital Geld.
Welche Folgen wird die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS für den Finanzplatz Zürich haben?
Wenn man aus zwei Unternehmen eines macht, entstehen Synergien. Das heißt, man macht auch aus zwei Abteilungen nur eine und auch aus zwei Angestellten nur einen. Es werden Leute überflüssig. Es wird Tausende gute Arbeitsplätze kosten. Das werden die schlimmen Folgen sein. Die Folgen für den Finanzplatz? Ich weiß nicht. Es wird dann eben nur noch eine, dafür noch größere Bank geben. Und sie wird weiterhin unterfinanziert sein und deren Management weiterhin überfinanziert.
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In Ihrem Roman „Montecristo“ haben Sie sich mit der Möglichkeit von Bankenpleiten auseinandergesetzt. Ihre Idee, dass sich an zwei identischen Hundertern ein Finanzskandal entzünden könnte, hielten Banker laut Ihren Erzählungen von damals für absurd. Schreibt das Leben nicht doch die krasseren Geschichten?
Die zwei Hunderter mit derselben Nummer waren eine Panne einer Bank, die Geld drucken ließ. Nicht um es auszugeben, nur um es zeigen zu können als vertrauensbildende Maßnahme. Vielleicht hätte das die Credit Suisse auch tun sollen.
Ist das, was gerade am Finanzplatz Zürich geschieht, für Sie Stoff für einen neuen Roman?
Nein, das Thema ist für mich abgehakt.
Mit dem Werbespruch „Lassen Sie Ihr Geld für sich arbeiten, Sie arbeiten schließlich auch für Ihr Geld!“ hat Ihre Karriere als Werbetexter einen Schub bekommen. Wie stehen Sie heute zu dieser Zeile?
Ich finde sie inzwischen zynisch. Es war die Wortspielerei eines jungen Mannes. Ich habe sie für die Schweizerische Volksbank getextet, die vor 30 Jahren von der Credit Suisse übernommen wurde.
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