PremiumBafin-Chef Felix Hufeld warnt, dass den Banken die größten Belastungen in der Coronakrise noch bevorstehen. Nicht alle Institute werden überleben.
Felix Hufeld auf dem Banken-Gipfel des Handelsblatts
Der Bafin-Chef rechnet damit, dass die Kapitalpuffer der Banken durch Kreditausfälle deutlich schrumpfen werden.
Bild: Marc-Steffen Unger für Handelsblatt
Frankfurt Für die deutschen Banken hat die Coronakrise gerade erst begonnen. Die Finanzaufsicht und auch die Institute selbst stellen sich auf eine lange Durststrecke für die Wirtschaft ein, mit gravierenden Folgeschäden für die Banken. „Wir werden nicht schmerzfrei aus dieser Sache herauskommen, so viel steht fest“, sagte der Chef der deutschen Finanzaufsicht Bafin, Felix Hufeld, auf dem Banken-Gipfel des Handelsblatts. Für die Bankenbranche in Gänze seien die Belastungen durch die Krise zwar verkraftbar, sagte Hufeld, der in der Wirecard-Affäre selbst erheblich unter Druck geraten ist, „aber wir machen uns schon Sorgen um die 20 bis 30 schwächsten Institute. Das dicke Ende steht noch aus.“
Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing hält eine neue Bankenkrise auf Sicht der nächsten zwölf bis 18 Monate zwar für sehr unwahrscheinlich. Aber wenn die Coronakrise sich noch mehrere Jahre hinziehe, dann würden die Folgeschäden auch auf die Banken durchschlagen, räumte der Banker ein.
Zudem hat Sewing die Sorge, dass sich viele Firmen nicht schnell genug an die Welt nach Corona anpassen. „Wenn jedes sechste Unternehmen in Deutschland durch Rettungsgelder und faktisch ausgesetzte Insolvenzmeldungen ein ‚Zombie‘ wird, dann hätte das gravierende Auswirkungen auf die Produktivität unserer Volkswirtschaft.“
Auch auf die Banken steigt der Druck, ihre Geschäftsmodelle zu überarbeiten. Dabei dürfte man keine Zeit verlieren, sagte Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis. Für alle laute die Devise: „Don‘t walk, run.“
Bereits im ersten Halbjahr haben die Banken wegen der Coronakrise deutlich mehr Geld für ausfallgefährdete Kredite zurückgelegt. Und in den kommenden Monaten und Jahren dürfte sich die Lage weiter zuspitzen. „Wir haben das Schlimmste ganz sicher noch nicht gesehen“, warnt Bafin-Chef Hufeld.
Bisher bildeten viele Banken vor allem deshalb mehr Risikovorsorge, weil sich die Ratings ihrer Kreditnehmer im Zuge der Pandemie verschlechterten. Aber: „Die eigentlichen Kreditausfälle, die mit ganz hoher Wahrscheinlichkeit die Bilanzen der Banken erreichen werden, haben wir zu ganz großen Teilen noch nicht gesehen“, betont Hufeld. Das liege unter anderem an den staatlichen Hilfsprogrammen. Zudem hat die Bundesregierung die Insolvenzantragspflicht wegen Corona bis Jahresende ausgesetzt. Viele Experten rechnen deshalb ab dem kommenden Jahr mit einer Welle an Firmenpleiten und Kreditausfällen.
Aus Sicht von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing waren die umfangreichen Rettungsprogramme von Politik und Notenbanken richtig. Nun müssten sich die Unternehmen aber schnellstmöglich an die neue Lage anpassen, fordert der Banker. Die Geldhäuser wiederum müssten damit rechnen, dass die Coronakrise die globale Wirtschaft noch lange belasten werde. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Wirtschaft in einigen Bereichen nur mit 90, 80 oder gar 70 Prozent ihrer Kapazität läuft“, erklärte der Chef von Deutschlands größtem Geldhaus. Einige Firmen hätten es in ihrer aktuellen Aufstellung schwer, auf diesem Niveau gewinnbringend zu arbeiten.
Optimistischer ist Hans-Walter Peters, der Präsident des Privatbankenverbands BdB. „Aus meiner Sicht wird die Erholung ein wenig schneller gehen, als die einen oder anderen prognostizieren“, sagte er. „Ich hoffe, dass wir 2022 schon wieder auf dem Vorkrisenniveau sind.“
Dass Banken ähnlich wie die Fluggesellschaft Lufthansa in der Coronakrise Staatshilfe benötigen könnten, glaubt Peters nicht – und das wäre aus seiner Sicht auch der falsche Weg. „Als Unternehmer habe ich mit Staatsgeld ein Riesenproblem“, betonte Peters, der im Hauptberuf Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter der Hamburger Berenberg Bank ist. „Wenn ich Staatsgelder annehme, muss ich akzeptieren, dass der Staat auch mitreden will. Das ist kein guter Ratgeber für die Zukunft.“
Aus Sicht von Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis haben die deutschen Banken in der Coronakrise bisher einen guten Job gemacht. „Die erste Verteidigungslinie für die Realwirtschaft waren wir in der Kreditwirtschaft“, sagte Schleweis. Allein die Sparkassen hätten in den ersten sieben Monaten 63,5 Milliarden Euro an neuen Krediten vergeben und damit 20 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV). Zudem hätten die Institute 13 Milliarden Euro an Hilfskrediten der Förderbank KfW weitergeleitet. Im Gegensatz zur Finanzkrise 2008 habe das Bankensystem bisher also hervorragend funktioniert, findet Schleweis. „Deshalb sollten wir uns jetzt auch nicht in eine Krise hineinreden.“
Bafin-Chef Hufeld sieht die Lage naturgemäß etwas kritischer. Er rechnet damit, dass die Kapitalpuffer schrumpfen werden. „Da pendeln die Prognosen je nach Schwere der unterstellten Szenarien zwischen zwei und um die sieben Prozent Kernkapitalverzehr“, sagte Hufeld.
Insgesamt werde die Bankenbranche das verkraften, aber für die schwächsten Institute könne es eng werden. „Es gibt keinen Grund zur Panik unter Finanzstabilitätsaspekten“, betonte Hufeld. „Aber es gibt große Wachsamkeit und große Sorge um viele, die lange vor Corona schon etwas schwach auf der Brust waren.“ Grundsätzlich steigt durch die Coronakrise laut Hufeld die Notwendigkeit, dass Banken ihre Geschäftsmodelle anpassen. „Der Druck wird weiter steigen.“
DSGV-Präsident Schleweis hat die Sparkassen vergangene Woche im Handelsblatt-Interview schon aufgefordert, die Sparanstrengungen wegen der Coronakrise und der Null- und Negativzinsen zu verstärken. Die Reaktionen darauf fielen laut Schleweis positiv aus. „Jedem bei uns in der Gruppe ist klar, dass wir uns selbst effizient aufstellen müssen, um gute Leistungen für unsere Kunden zu erbringen.“ In einer föderalen Organisation wie der Sparkassen-Finanzgruppe sei es oft mühsam, Veränderungen herbeizuführen. „Aber wenn wir zu Ergebnissen kommen, dann stehen sie auch“, sagte Schleweis – und verband das mit einem Seitenhieb auf die Commerzbank. „Deshalb erleben Sie bei uns auch keine Strategie 4.0 oder 5.0 – wir haben eine feststehende Strategie, die auf einem öffentlichen Auftrag beruht.“
Im privaten Finanzsektor rechnen Bankenmanager und -aufseher nach der Coronakrise mit einer beschleunigten Konsolidierung. „Wir werden stärkere Ausleseprozesse sehen“, sagt Bafin-Chef Hufeld. „Es wird Marktaustritte geben, es wird Marktgewinner geben.“ Zu den Gewinnern könnten dabei auch Unternehmen gehören, „die nicht aus der traditionellen Finanzwirtschaft stammen“.
Citi-Europachefin Kristin Braden
Sie glaubt an das Geschäftsmodell von Universalbanken.
Bild: Marc-Steffen Unger für Handelsblatt
Kristine Braden, Europachefin der Citigroup, vergleicht beim Thema Covid-19 die USA mit Europa: Während in den USA immer noch viele Städte geschlossen seien, komme Europa relativ gut durch die Pandemie. Grundsätzlich zahlt sich aus ihrer Sicht in der Krise das Geschäftsmodell von Universalbanken aus. Institute, die ein starkes Kapitalmarktgeschäft haben, „werden aufblühen“. Auf der anderen Seite werde die Zahl der Kreditausfälle steigen – auch in Europa.
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