Für den Co-Chef der Neobank geht das rasante Wachstum nicht auf Kosten der Sicherheit. Er verspricht aber noch mehr Investitionen in Betrugsprävention.
Valentin Stalf (l.) im Gespräch mit Handelsblatt-Chefredakteur Sebastian Matthes
Die Neobank investiert nach eigenen Aussagen im laufenden Jahr 25 bis 30 Millionen Euro in die Betrugsprävention.
Bild: Marc-Steffen Unger für Handelsblatt
Frankfurt Die Berliner Smartphonebank N26 wächst weiter in hohem Tempo. Sie steuert auf die Zahl von neun Millionen Kunden zu. Valentin Stalf, Co-Chef des Unternehmens, geht davon aus, dass das rasante Wachstum nicht auf Kosten der Sicherheit geht. „Wir haben unsere Compliance-Teams über die vergangenen Jahre massiv ausgebaut und schon viel für die Betrugsverhinderung getan“, sagte Stalf auf dem Banken-Gipfel des Handelsblatts.
„Was wichtig ist: Wir sind die einzige deutsche Bank, die grenzübergreifend in vielen Ländern tätig ist – und in einigen anderen Ländern gibt es ein höheres Betrugsniveau als in Deutschland“, erklärte Stalf. Gleichwohl müsse auch N26 noch mehr tun im Kampf gegen Kriminelle. „Wir investieren dieses Jahr allein in die Betrugsprävention 25 bis 30 Millionen Euro.“
N26 ist die bekannteste Neobank in Deutschland und eines der größten Finanz-Start-ups. Mitte August war bekannt geworden, dass die Bank offenbar große Probleme mit Konten hat, die möglicherweise für betrügerische Zwecke genutzt wurden, beispielsweise für Online-Fake-Shops oder betrügerische Ebay-Accounts.
Zudem erwägt die Finanzaufsicht Bafin eine Beschränkung des Neugeschäfts von N26, wie das Handelsblatt vor Kurzem berichtet hatte. Die Behörde sei verstimmt darüber, dass N26 gravierende Mängel in der Organisation sowie bei der Bekämpfung von Geldwäsche und anderen illegalen Geschäften nach wie vor nicht behoben habe. Stalf wollte sich dazu auf dem Banken-Gipfel nicht äußern.
Anfang 2021 zählte die Neobank sieben Millionen Kunden, zwei Millionen mehr als ein Jahr zuvor. „Wir haben heute natürlich – in insgesamt 25 Ländern – mehr Kunden als vor einem Jahr“, sagte Stalf. Die Wachstumsgeschwindigkeit sei „relativ konstant“. Eine konkrete Zahl nannte er nicht.
Gewinne erzielt das Fintech bislang nicht. „Pro Kunde ist N26 profitabel, als Gesamtunternehmen aber nicht“, sagte Stalf. Im vergangenen Jahr lag der Verlust vor allem angesichts der weiter hohen Investitionen bei 110 Millionen Euro. 2019 war er sogar doppelt so hoch gewesen. Damals hatte N26 Stalf zufolge besonders viel investiert.
Herr Stalf, die Coronakrise hat die traditionellen Banken verändert. Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf eine Mobilbank wie N26?
Wir haben vor allem gelernt, dass wir die Zukunft ganz schwer voraussagen können. Zudem hat die Krise die Digitalisierung beschleunigt. Bei N26 gab es auch vor der Coronakrise die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. Aber auch das hat sich beschleunigt, wir sind viel flexibler geworden bei der Frage, ob unsere Mitarbeiter zu Hause oder im Büro arbeiten.
Und wie hat die Pandemie das Zahlungsverhalten Ihrer Kunden geändert?
In Deutschland ist der Anteil der Karten- und Smartphonezahlungen am Gesamtvolumen seit zwei Jahren höher als der Anteil der Barzahlungen. Auch dieser Trend hat sich in der Coronakrise verstärkt, und die Entwicklung hält an. Bei N26 ist der Anteil von kontaktlosen Zahlungen und Zahlungen per Smartphone extrem gestiegen, und er steigt weiterhin.
Lassen Sie uns auf die Zahlen von N26 blicken. Wie viele Kunden haben Sie inzwischen?
Sieben Millionen Kunden. Das ist die letzte Zahl, die wir veröffentlicht haben.
Diese Zahl hat N26 auch schon zu Jahresbeginn genannt. Wie ist es denn seither weitergegangen? 2020 sind zwei Millionen Kunden dazugekommen – ist es bei diesem Tempo geblieben?
Wir haben heute natürlich – in insgesamt 25 Ländern – mehr Kunden als vor einem Jahr. Und ja, die Wachstumsgeschwindigkeit ist relativ konstant.
Aber Verluste schreiben Sie immer noch. Wann und wie wird N26 irgendwann einmal Geld verdienen?
Wir haben eine günstigere Kostenbasis als eine traditionelle Bank, bei der die Kosten pro Kunde vermutlich jährlich bei 200 bis 300 Euro liegen. Wir kommen auf ein Fünftel oder ein Sechstel davon, weil wir alles digital machen. Das ermöglicht uns, auch wenn wir noch nicht so viele Produkte anbieten wie andere Banken, eine höhere Marge pro Kunde.
Sie hatten Anfang des Jahres gesagt, dass N26 in Deutschland und in Frankreich fast profitabel sei. Ist es inzwischen so weit?
Zu einzelnen Märkten äußere ich mich nicht. Nur so viel: Pro Kunde ist N26 profitabel, als Gesamtunternehmen aber nicht. Wir investieren derzeit stark ins Team.
Was genau werden die wichtigsten Umsatztreiber für N26?
Ein Großteil unserer Einnahmen kommt derzeit aus Gebühren aus dem Zahlungsverkehr und aus den Konten. Wir wickeln pro Monat mehrere Milliarden Euro an Transaktionen ab, viele Kunden zahlen mit Karte, was ein Umsatztreiber ist. Zudem haben 30 bis 40 Prozent der Kunden ein Kontomodell mit einem Entgelt. Im nächsten Jahr werden wir ein Trading-Produkt auf den Markt bringen.
Das ist zweifellos eine beeindruckende Wachstumsstory. Nun haben Sie aber gleichzeitig kräftig Ärger: Kriminelle haben das Wachstum ausgenutzt, um zahlreiche Konten für Fake Shops anzulegen. Leidet wegen des schnellen Wachstums die Sicherheit?
Überhaupt nicht. Wir haben unsere Compliance-Teams über die letzten Jahre massiv ausgebaut und schon viel für die Betrugsverhinderung getan. Was wichtig ist: Wir sind die einzige deutsche Bank, die grenzübergreifend in vielen Ländern tätig ist – und in einigen anderen Ländern gibt es ein höheres Betrugsniveau als in Deutschland. Aber wir müssen auch noch mehr tun im Kampf gegen Kriminelle. Wir investieren dieses Jahr allein in die Betrugsprävention 25 bis 30 Millionen Euro.
Ärger gibt es auch von anderer Seite: Die Finanzaufsicht Bafin erwägt eine Beschränkung Ihres Neugeschäfts, weil Sie bei der Bekämpfung von Geldwäsche und anderen illegalen Aktivitäten nicht vorankommen. Was wollen Sie unternehmen, um die Bafin zu beruhigen?
Dazu wollen wir uns im Moment nicht äußern.
Hätte N26 sich nicht früher um die Themen Geldwäsche- und Betrugsbekämpfung kümmern müssen?
Wir haben unsere Anstrengungen über die vergangenen Jahre immer wieder verstärkt und auch etliche Maßnahmen ergriffen. Das ist ein Prozess, den wir als Start-up durchlaufen.
N26 ist sehr schnell gewachsen – womöglich zu schnell?
Das sehe ich nicht so. Es ist auch nicht so, dass unsere Investoren uns zum Wachstum zwingen. Es ist vielmehr so, dass unser Produkt von immer mehr Kunden genutzt wird.
Kritiker monieren allerdings, N26 habe noch immer zu wenig Experten an Bord, die ein Gespür für die regulatorischen Anforderungen haben.
Wir haben ein Topteam, viele Mitarbeiter mit großer Erfahrung. N26 ist eine der Topmarken im Bankenmarkt, und wir bekommen jeden Tag etliche Bewerbungen.
Gibt es Lehren, die die großen Banken aus der Geschichte von N26 ziehen können?
Die großen Banken wissen selbst ganz genau, dass die Digitalisierung der Treiber für ihr Geschäftsmodell ist – und die etablierten Geldhäuser wissen selbst auch am besten, was sie tun können. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob alle Bankvorstände einmal ausprobiert haben, bei der eigenen Bank digital ein Konto zu eröffnen. Mein Ratschlag an alle Banker ist zu prüfen, ob die eigenen digitalen Produkte einfach genug sind und den Kunden wirklich Freude machen.
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