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08.03.2022

17:10

Banken

Sparkassen in Hessen und Thüringen wollen weiter für ein Spitzeninstitut kämpfen

Von: Elisabeth Atzler, Andreas Kröner

Der neue Präsident des Sparkassen- und Giroverbands Hessen-Thüringen kritisiert den Verkauf der Berlin Hyp an die LBBW.

Reuß` Verband wolle weiter Treiber für ein Zentralinstitut bleiben. dpa

Stefan Reuß, Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen

Reuß` Verband wolle weiter Treiber für ein Zentralinstitut bleiben.

Frankfurt Die Sparkassen in Hessen und Thüringen setzen trotz mehrerer Rückschläge weiter auf eine Konsolidierung unter den öffentlich-rechtlichen Spitzeninstituten. Er werde nicht müde, „dafür zu werben, dass wir als Sparkassen-Finanzgruppe den Weg zu einem Zentralinstitut weiterverfolgen und sehr klar die Rahmenbedingungen dafür definieren“, sagte der neue Präsident des Sparkassenverbands Hessen-Thüringen (SGVHT), Stefan Reuß, am Dienstag.

Der SGVHT ist Mehrheitseigner der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), die aus Sicht des Verbands der Nukleus für ein Sparkassen-Zentralinstitut sein soll. Mehrere angedachte Zusammenschlüsse kamen in der Vergangenheit jedoch nicht zustande – unter anderem mit der NordLB und der Deka.

Auch beim Verkauf des Sparkassen-Immobilienanbieters Berlin Hyp ging die Helaba leer aus. Den Zuschlag bekam stattdessen die LBBW, die von einem Zentralinstitut nichts hält. Mit der Entscheidung habe der Sparkassen-Sektor eine „strategische Chance“ in Richtung eines Zentralinstituts nicht genutzt, klagte Reuß.

Er will sich davon jedoch nicht entmutigen lassen und weiter für Konsolidierung unter den Spitzeninstituten kämpfen. Bei möglichen Zusammenschlüssen wolle die Helaba zwei ihrer Töchter, die Immobiliengesellschaft GWH und die Frankfurter Sparkasse, jedoch nicht einbringen, machte Reuß deutlich. Bei diesen Themen setze er auf Kontiunität und positioniere sich wie sein Vorgänger Gerhard Grandke, dessen Nachfolge er zum Jahreswechsel angetreten hatte.

Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, Helmut Schleweis, hatte lange für die Schaffung eines Zentralinstituts getrommelt, ist dabei wegen Widerständen innerhalb des Sektors jedoch kaum vorangekommen.

Hohe Rückstellungen für Prämiensparverträge

Im operativen Geschäft stellen sich die 49 Sparkassen in Hessen und Thüringen auf erhebliche Nachzahlungen aus Prämien- und Ratensparverträgen ein. „Wir erwarten eine Belastung von rund 100 Millionen Euro“, sagte Verbandsgeschäftsführer Manfred Üffing. Diese Größenordnung habe sich durch eine Abfrage bei allen Sparkassen ergeben.

In den vergangenen Wochen hatten die deutschen Sparkassen einen Schwenk im Umgang mit umstrittenen Zahlungen aus Prämiensparverträgen vollzogen. Mehrere Sparkassenverbände und auch einige große Sparkassen zeigen inzwischen die Bereitschaft, Kundinnen und Kunden unter Umständen Zinsen aus den lang laufenden Sparverträgen nachzuzahlen, meist über Vergleiche.

Damit reagieren Sparkassen auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Dieser hatte im Oktober 2021 erstmals entschieden, dass Sparkassen die Zinsen in Prämiensparverträgen nur nach klaren Kriterien anpassen dürfen. Die Verbraucherzentrale Sachsen war in dem Fall per Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Leipzig vorgegangen. Die Verbraucherschützer hatten durchschnittliche Kundenansprüche von 3100 Euro berechnet.

Klar ist, dass die BGH-Entscheidung letztlich zu höheren Zinszahlungen führt. Die Sparkassen müssen sich demnach bei langfristigen Sparverträgen auch an langfristigen Marktzinsen orientieren. Zudem gilt ein relativer Abstand zum Referenzzins, was sich in Phasen von Niedrigzinsen positiv für die Kunden auswirkt.

Allerdings ist die Frage der konkreten Zinsberechnung noch offen. Das soll die Vorinstanz, das Oberlandesgericht (OLG) Dresden, mithilfe von Sachverständigen ermitteln. Bis die Frage endgültig geklärt ist, könnte aber noch Zeit vergehen, weil beide Streitparteien nach dem OLG-Urteil wieder vor den BGH ziehen könnten.

Laut der Finanzaufsicht Bafin gibt es bundesweit rund eine Million Prämiensparverträge. Auch sie übt über eine sogenannte Allgemeinverfügung Druck auf die Kreditinstitute aus und will die Kreditinstitute so zu Nachzahlungen bewegen.

Ukraine-Krieg erschwert Prognose

Zufrieden äußerte sich Reuß über die Geschäftsentwicklung im vergangenen Jahr. Das Betriebsergebnis nach Bewertung der Sparkassen in Hessen und Thüringen stieg um 35 Prozent auf 975 Millionen Euro. Die erwartete Belastung aus Zinsnachzahlungen dürften die Geldhäuser also gut wegstecken können.

Im laufenden Jahr rechnet Reuß weiter mit einer hohen Kreditnachfrage. „Bei den Einlagen werden wir wahrscheinlich weitere Zuflüsse sehen, die aber hoffentlich nicht mehr so stark ausfallen werden wie in den beiden Vorjahren.“ Grundsätzlich seien Prognosen für das Bankgeschäft wegen des Angriffskriegs von Russland gegen die Ukraine und der Auswirkungen auf die Konjunktur derzeit aber schwierig.

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