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12.04.2023

15:51

Bankenkrise

Denkzettel für Credit-Suisse-Retter: Schweizer Parlament lehnt Notkredite für Pleitebank ab

Von: Jakob Blume

Das Schweizer Parlament verweigert bei den Nothilfen für die Credit Suisse die Unterstützung. An der Übernahme der Bank durch die UBS ändert das jedoch nichts.

Die große Kammer hatte am Dienstag mit 102 der 200 Stimmen die Rettungsaktion der Bank zunächst missbilligt. Reuters

Credit Suisse

Die große Kammer hatte am Dienstag mit 102 der 200 Stimmen die Rettungsaktion der Bank zunächst missbilligt.

Zürich Das Schweizer Parlament hat das Rettungspaket für die Credit Suisse nachträglich abgelehnt. Auswirkungen auf die staatlich verordnete Übernahme der Krisenbank durch den Konkurrenten UBS hat die Entscheidung nicht. Sie ist jedoch besonders für die liberale Bundesrätin Karin Keller-Suter eine Niederlage.

Das von ihr geführte Finanzdepartement hatte zusammen mit der Schweizer Nationalbank (SNB) Finanzgarantien im Umfang von 109 Milliarden Franken bereitgestellt, welche die UBS gegen finanzielle Risiken der Übernahme absichern sollen. Diese wurden am Sonntag vor knapp vier Wochen per Notrecht und ohne Zustimmung des Parlaments auf den Weg gebracht.

Die Finanzdelegation, ein sechsköpfiges Gremium, das unter anderem für derartige Notfälle geschaffen wurde, hat den Deal im Namen des Parlaments bereits abgesegnet. Dass die Parlamentarier nun im Nachhinein der Regierung die Unterstützung für das Rettungspaket versagen, hat daher vor allem symbolischen Wert.

Sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite des politischen Spektrums formierte sich Widerstand gegen die Notfusion. Grüne und Sozialdemokraten hatten als Reaktion auf die Bankenkrise strengere Regeln für die Bankenaufsicht gefordert. Die kleine Kammer des Parlaments war den Sozialdemokraten in dieser Forderung am Mittwoch entgegengekommen.

Der Ständerat – die Vertretung der Kantone – hatte dem direkt gewählten Nationalrat die Zustimmung zu strengeren Regeln für die Bankenaufsicht angeboten. Voraussetzung dafür sei, dass diese den staatlichen Garantien für die Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS zustimmen.

Zunächst sah es danach aus, dass sich die Sozialdemokraten auf diesen Deal einlassen. Doch die für Finanzen zuständige Bundesrätin Keller-Suter hatte vor der entscheidenden Abstimmung strengere Eigenkapitalvorschriften für Schweizer Banken abgelehnt, mit Verweis auf das internationale Regelwerk zur Bankenregulierung Basel III, das ohnehin angepasst werde.

Daher stimmte die Fraktion der Sozialdemokraten (SP) überraschend gegen das Rettungspaket. SP-Fraktionschef Roger Nordmann erklärte das Abstimmungsverhalten gegenüber dem „Tagesanzeiger“ so: „Wir können nicht unser Okay zu den Krediten geben, wenn der Bundesrat und das Parlament nicht bereit sind, dafür zu sorgen, dass so etwas nie mehr geschieht.“

Pirmin Bischof, ein Mitglied der bürgerlichen Partei Die Mitte im Ständerat, sagte: „Wir sind uns einig, dass wir nach den Ereignissen vom 19. März nicht einfach weitermachen können.“

Wirkungslose Bankenregulierung

Am 19. März war die staatlich eingefädelte Rettung der Credit Suisse durch die UBS verkündet worden. Bischof kritisierte: „Die ,Too big to fail‘-Regelung hat einfach keine Wirkung gezeigt. Und deshalb müssen wir die Regierung auffordern, ein geändertes Gesetz vorzulegen, das dieses Problem löst.“

Auch die rechtskonservative Schweizer Volkspartei (SVP) hadert mit dem Deal: Der SVP-Parlamentarier Thomas Minder sagte: „Wir sollten ein Geschäft nur genehmigen, wenn es gut genug für die Eidgenossenschaft ist – im Moment ist dieses Geschäft nur gut genug für die UBS.“ Ein „Nein“ sei nicht das Ende der Welt.

Der Schweizer Bundesrat ist keine Koalitionsregierung wie in Deutschland, sondern eine Proporzregierung, in der die vier größten Parteien des Landes die sieben Minister stellen. Sie treffen Entscheidungen normalerweise im Konsens und vertreten diese nach außen hin einheitlich. Das gibt dem Nationalrat als politische Bühne eine zentrale Bedeutung – vor allem im Vorfeld von Wahlen, wie sie in diesem Jahr anstehen.

Das Schweizer Parlament trat nach der Sitzung zum Kollaps der Fluggesellschaft Swissair und zu den Maßnahmen gegen die Coronapandemie erst zum dritten Mal seit der Jahrhundertwende zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen.

Eine Umfrage unter Schweizer Ökonomen ergab, dass fast die Hälfte der Befragten die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS nicht für die beste Lösung hielt und dass die Rettungsaktion dem Ruf der Schweiz geschadet habe. Auch eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung unterstützt laut einer Befragung des Politikforschungsinstituts gfs.bern die Übernahme nicht.

Mit Material von Reuters

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