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02.04.2023

10:38

Bankenrettungsfonds

Bundesfinanzminister will Krisenabgabe der Banken zurückerstatten

Von: Yasmin Osman, Jan Hildebrand, Felix Stippler

Innerhalb der Koalition ist umstritten, was mit den Beiträgen zur Bankenabgabe geschehen soll. Die Bürgerbewegung Finanzwende warnt davor, das Geld „zu verschenken“.

Der FDP-Chef würde den Banken alte Beitragszahlungen, die der Rettung von taumelnden Kreditinstituten dienen sollten, wieder zurückgeben. Damit soll die Transformation der Wirtschaft finanziert werden.  dpa

Bundesfinanzminister Lindner

Der FDP-Chef würde den Banken alte Beitragszahlungen, die der Rettung von taumelnden Kreditinstituten dienen sollten, wieder zurückgeben. Damit soll die Transformation der Wirtschaft finanziert werden. 

Frankfurt, Berlin Deutsche Banken können auf einen überraschenden Geldsegen hoffen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zeigt deutliche Sympathien dafür, überschüssige Finanzmittel aus dem nationalen Bankenabwicklungsfonds an die Kreditinstitute zurückzuerstatten. Das Geld soll dann zur Finanzierung der Transformation der deutschen Wirtschaft eingesetzt werden. Das geht aus einer Unterrichtung des Ministeriums für den Finanzausschuss des Bundestags hervor, die dem Handelsblatt vorliegt. Zuerst hatte der Blog „Finanz-Szene“ darüber berichtet.

Bei dem Geld handelt es sich um Beiträge, die deutsche Banken nach der Finanzkrise zwischen 2011 und 2014 an den damals geschaffenen deutschen Bankenabwicklungsfonds SRF zahlen mussten. Die nationalen Bankenrettungstöpfe wurden aber überflüssig, als der EU-Bankenrettungsfonds eingeführt wurde. Dieser EU-Krisentopf dürfte sein Zielvolumen Anfang 2024 erreicht haben. Dann werden die Altbeiträge nicht mehr als Brückenfinanzierung für den EU-Fonds benötigt.

Was mit den Altbeiträgen danach geschehen soll, wird in Berlin seit Monaten heiß diskutiert. Da die Mittel als Sonderabgabe und damit zweckgebunden erhoben wurden, dürfen sie einem Gutachten des Rechtswissenschaftlers Ekkehart Reimer von der Universität Heidelberg zufolge nicht einfach im allgemeinen Bundeshaushalt aufgehen.

Die Banken wiederum haben keinen Rechtsanspruch auf eine Rückerstattung, die zudem beihilferechtlich problematisch sein könnte. Eine weitere Option wäre es, mit den Mitteln den Fehlbetrag des Finanzmarktstabilisierungsfonds Soffin zu begleichen.

Der Soffin hatte über die Jahre mit der Stützung von Banken viel Geld verloren. Dem Finanzministerium zufolge beliefen sich die Verluste des Soffin Ende 2021 auf 22,8 Milliarden Euro. Das Bundesfinanzministerium lehnt eine Teilentschuldung des Soffin aber ab. Eine Schuldentilgung des Soffin berge Rechtsrisiken, da nicht alle Fragen dazu höchstrichterlich geklärt seien, heißt es zur Begründung.

Stattdessen schwebt dem Ressort von Finanzminister Lindner eine Art zweckgebundene Rückzahlung der Gelder an die Banken vor. Der Transformationsbedarf für die deutsche Wirtschaft sei in den kommenden Jahren hoch.

„Die Deutsche Kreditwirtschaft fordert die Rückerstattung der Altmittel und hat sich bereit erklärt, diese verbindlich für die zusätzliche Finanzierung der Transformation der Wirtschaft einzusetzen“, heißt es in der Unterrichtung des Finanzministeriums. Aus Sicht des Ministeriums könne eine „Rückerstattung der Altmittel die Banken bei der Finanzierung der Transformation der deutschen Wirtschaft unterstützen“.

SPD und Grüne: Schulden aus Bankrettungen reduzieren

Unter den Regierungsparteien stößt der Vorstoß Lindners auf ein geteiltes Echo. Die Liberalen unterstützen die Überlegungen ihres Finanzministers. „Die Rückführung der nicht benötigten Altmittel aus der Bankenabgabe an die ursprünglichen Abgabepflichtigen kann aus Sicht der FDP-Bundestagsfraktion sinnvoll sein, wenn die Kreditwirtschaft ihre verbindliche Zusage, die Altmittel für zusätzliche zweckgebundene Kredite für die Transformation der Wirtschaft zu verwenden, auch in die Tat umsetzt“, sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP, Markus Herbrand.

Die Liberalen wollen sich nicht auf ein bloßes Versprechen der Banken verlassen: „Die Bundesregierung müsste hier für wasserdichte Vereinbarungen Sorge tragen, durch die höchstmögliche Transparenz bei der Mittelvergabe gewährleistet ist“, so Herbrand.

Angesichts der notwendigen Investitionen in die Klimaneutralität solle man aber „Kreditmittel grundsätzlich stärken und erweitern, anstatt sie dem Marktkreislauf zu entziehen“, so der FDP-Finanzexperte. „Auch wenn auf den ersten Blick die Nutzung zum Ausgleich von Fehlbeträgen im Finanzmarktstabilisierungsfonds trotz der damit verbundenen rechtlichen Unsicherheiten sympathisch klingt, sollten wir uns bei der Entscheidung von der Frage leiten lassen, wo die Geldbeträge die bestmögliche Wirkung für Wirtschaft und Gesellschaft entfalten können.“

Die Sozialdemokraten und Grünen wollen mit den Altbeiträgen dagegen lieber die Soffin-Schulden begleichen. „Gerade im Hinblick auf die Entwicklungen der vergangenen beiden Wochen an den Finanzmärkten ist es geboten, die Gelder für die Abfederung der immensen gesellschaftlichen Kosten der Finanzkrise zu nutzen“, sagte die Finanzexpertin der Grünen, Katharina Beck.

Das Gutachten schlage das vor, betont auch der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Schrodi. Die Banken hätten keinen Rechtsanspruch auf Rückerstattung. „Es wird sogar dargelegt, dass der Gesetzgeber allein schon aufgrund beihilferechtlicher Einschränkungen die Altmittel nicht ohne Weiteres an die Banken auszahlen lassen kann“, so Schrodi.

KfW könnte eine Rolle bei Mittelverwendung spielen

Das Argument, die Mittel sollten für die Finanzierung des Klimaschutzes genutzt werden, überzeugt den SPD-Finanzexperten nicht. Dafür sehe man „vor dem Hintergrund hoher operativer Profite der Banken und generell fehlender Anzeichen einer Kreditklemme in diesem Bereich nur wenig Bedarf“, sagte Schrodi.

Auch der Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, Gerhard Schick, hält den Verweis auf die Transformationsfinanzierung für vorgeschoben. Schick fordert: „Die Banken müssen an der Begleichung der Kosten aus der Finanzkrise beteiligt werden.“ Er bezeichnet die Pläne Lindners als „milliardenschweres Geschenk auf Kosten der Steuerzahlenden“. Vor allem große Institute wie die Deutsche Bank, deren Beiträge besonders hoch waren, dürften von einer solchen Rückerstattung profitieren.

Im Gerangel um die Verwendung der alten Bankenbeiträge wird immer wieder auch die staatliche Förderbank KfW genannt. Mit den Angelegenheiten vertraute Personen berichten von zwei möglichen Varianten, bei denen die staatliche Förderbank KfW ins Spiel kommen könnte. In der einen Variante könnten die Altmittel direkt in einen Transformationsfonds der KfW fließen. In der anderen Variante könnte das Geld zunächst an die Banken fließen, die sich dann wiederum an dem KfW-Transformationsfonds beteiligen. 

Politiker verschiedener Lager haben sich dazu wohl auch schon mit der KfW ausgetauscht. Zu den Ergebnissen dieser Gespräche schweigen die Beteiligten. Was trotzdem durchdringt: In politischen Kreisen scheint das Thema durchaus kontrovers diskutiert zu werden. „Für alle Varianten gibt es Verfechter und Kritiker“, berichtet einer der Insider. Die KfW äußerte sich auf Anfrage des Handelsblatts nicht zum Thema.

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