Verbraucherschützer sehen im höchstrichterlich ergangenen Entgeltverbot ein Signal für die Branche. Doch auch nach dem Urteil sind einige Fragen offen.
Frankfurt Das Gebührenurteil des Bundesgerichtshofs zu bestimmten Kontogebühren bei Bausparverträgen löst unter Bausparkassen unterschiedliche Reaktionen aus. Die von dem Urteil unmittelbar betroffene BHW Bausparkasse, die zur Deutschen Bank gehört, hatte noch am Dienstag erklärt, dass sie die „für unzulässig erklärten Gebühren ab sofort nicht mehr erheben“ wird.
Die meisten anderen Bausparkassen wollen dagegen erst einmal die Urteilsbegründung der Karlsruher Richter abwarten oder halten sich für nicht betroffen, zeigt eine Umfrage des Handelsblatts.
Der Bundesgerichtshof hatte am Dienstag entschieden, dass die jährlichen Gebühren, die die BHW Bausparkasse bislang in der Ansparphase von Bausparverträgen erhoben hatte, unwirksam sind. Mit dem Jahresentgelt würden Kosten für Verwaltungstätigkeiten auf die Bausparer abgewälzt, welche die Bausparkasse aufgrund einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung zu erbringen habe, hatten die Richter argumentiert (Az. XI ZR 551/21).
Verbraucherschützer hatten von einer Signalwirkung für die ganze Branche gesprochen, von der 24 Millionen Bausparverträge potenziell betroffen sein könnten. Die meisten Bausparkassen sehen das anders.
„Die Klauseln der Bausparkassen sind institutsindividuell unterschiedlich gestaltet und nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar“, teilte etwa die LBS Hessen-Thüringen auf Anfrage mit. „Eine Bewertung, ob sich durch das Urteil auch Auswirkungen auf einzelne Allgemeine Geschäftsbedingungen der LBS Hessen-Thüringen ergeben, ist erst nach Auswertung der schriftlichen Urteilsgründe möglich.“
Auch die LBS Landesbausparkasse Südwest betont, dass die Entscheidung „nicht ohne Weiteres auf andere Entgelte oder Gebühren oder auf andere Bausparkassen übertragbar“ sei.
Die LBS Nord hob hervor, dass es auch bei ihren Bausparverträgen Entgeltregelungen in der Ansparphase gibt, „die aber inhaltlich anders gestaltet sind“. Die LBS Bayerische Landesbausparkasse ist sich aus den gleichen Gründen sogar schon sicher, dass das Urteil „keine Auswirkungen auf das Jahresentgelt der LBS Bayern“ hat.
Das Jahresentgelt der BHW habe „außer dem Namen nichts mit dem Jahresentgelt der LBS Bayern gemeinsam“, so ein Sprecher. Sein Argument: Bei der LBS Bayern seien die Jahresgebühren keine Preisnebenabrede für vertragliche Nebenpflichten, sondern ein Preis für den Bausparvertrag selbst, also eine Hauptleistung.
Auch ein Sprecher des Bundesgerichtshofs erläuterte auf Anfrage, dass das Urteil nur Rechtskraft für alle Verträge der BHW entfalte, die solche Klauseln enthalten würden. „Für andere Bausparkassen besteht keine Rechtskraftwirkung, sondern allenfalls eine gewisse ,Signalwirkung‘ für vergleichbare Klauseln“, so der Sprecher.
Damit zeichnet sich ab, dass das Urteil zumindest vorläufig keine Breitenwirkung entfalten dürfte. Verbraucherschützer hatten gefordert, dass Bausparkassen auf Kunden zugehen sollten und „zu Unrecht vereinnahmte Entgelte“ von sich aus zurückerstatten sollen.
Darauf scheint sich allerdings nicht einmal die BHW Bausparkasse einlassen zu wollen. Das Institut schafft die beanstandeten Gebühren nun zwar ab, will bislang gezahlte Gebühren aber nicht automatisch erstatten. „Kunden werden gebeten, sich mit konkreten Angaben zu ihrem Vertrag schriftlich an die BHW Bausparkasse zu wenden“, teilte eine Sprecherin des Instituts mit.
Unklar ist, für welchen Zeitraum Bausparer zu viel gezahlte Gebühren zurückverlangen können. Die Frage der Verjährung lasse sich nicht so leicht beantworten, teilte der Bundesgerichtshof mit. Zwar gelte für den Anspruch der Verbraucher auf Rückzahlung grundsätzlich eine Verjährungsfrist von drei Jahren.
„Allerdings stellt sich jeweils im Einzelfall die Frage, wann die Verjährungsfrist in Gang gesetzt wurde, das heißt, ab wann die Verbraucher Kenntnis oder auf grober Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis von der Unwirksamkeit der Klausel hatten“, so das Karlsruher Gericht. Für diese Frage kämen verschiedene Zeitpunkte in Betracht. Der Bundesgerichtshof habe für diese Klausel aber bislang keine Entscheidung getroffen.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×