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19.05.2022

06:00

Bitcoin & Co.

„Relevante Anlageklasse“: Onlinebroker Flatexdegiro startet Kryptoangebot

Von: Andreas Kröner, Mareike Müller

Marktstart trotz Crash: Der SDax-Konzern bietet als erster etablierter Broker in Deutschland den Handel mit Kryptowährungen an – zusammen mit einem bekannten Partner.

Kryptowährungen: Bitcoin, Ether & Co. Reuters

Darstellung von Bitcoin und Co.

Die Kurse vieler Kryptowährungen rutschten zuletzt ab.

Frankfurt Der Onlinebroker Flatexdegiro will seinen Kunden trotz des jüngsten Absturzes an den Kryptomärkten den Handel mit Bitcoin, Ethereum und anderen Kryptowährungen anbieten. „Wir lassen uns bei unseren Entscheidungen nicht davon leiten, was gerade en vogue ist, sondern haben einen mehrjährigen Horizont“, sagte Flatexdegiro-Chef Frank Niehage dem Handelsblatt.

„Wir sind überzeugt, dass Kryptowährungen trotz der jüngsten Kurseinbrüche langfristig eine relevante Anlageklasse sind.“ In Umfragen hätten zwischen 25 und 30 Prozent der Kunden angegeben, dass Investitionen in Kryptowährungen für sie interessant seien.

Die älteste und wichtigste Kryptowährung Bitcoin hat seit ihrem Rekordhoch vom November 2021 über die Hälfte an Wert verloren. Am Mittwoch pendelte der Bitcoin-Kurs um die 30.000-Dollar-Marke. Auch die Kurse anderer Kryptoassets brachen in der jüngsten Vergangenheit ein und sorgten bei Anlegern für hohe Verluste.

Flatexdegiro hat trotz der Turbulenzen am Markt entschieden, als erster etablierter Onlinebroker in Deutschland ins Kryptogeschäft einzusteigen – und arbeitet dabei mit der Plattform Bison der Börse Stuttgart zusammen. Über ihren Flatex-Account können Kunden künftig direkt auf Bison zugreifen und dort unter anderem Bitcoin kaufen und verkaufen.

„Wir werden Kryptowährungen ab September zunächst unseren Kunden in Deutschland und Österreich anbieten“, kündigte Niehage an. „Wenn das gut läuft, streben wir an, das Angebot auch auf alle anderen europäischen Märkte auszuweiten.“

„Wir sind überzeugt, dass Kryptowährungen trotz der jüngsten Kurseinbrüche langfristig eine relevante Anlageklasse sind.“ FinTech Group AG / Marcel Schindler

Frank Niehage

„Wir sind überzeugt, dass Kryptowährungen trotz der jüngsten Kurseinbrüche langfristig eine relevante Anlageklasse sind.“

Drei kleine Genossenschaftsbanken, eine Sparkasse und Neobroker wie Trade Republic bieten ihren Kunden schon länger den Handel mit Kryptowährungen an. Mit Flatexdegiro kommt nun ein größerer und prominenterer Anbieter dazu – zuletzt zählte die Firma mehr als 2,2 Millionen Kunden.

Zudem können Kunden in Deutschland über Fintechs wie Nuri mit Sitz in Berlin oder direkt über die Bison-App Kryptowährungen kaufen. Hinzu kommen viele internationale Kryptobörsen, die aber nicht in allen Fällen über die entsprechenden Lizenzen und dem damit oft verbundenen Anlegerschutz in Deutschland verfügen. Die Branchenplattform Coinmarketcap listet derzeit über 500 Kryptobörsen weltweit.

Versicherung gegen Diebstahl von Kryptowährungen

„Wir schauen uns das Thema Kryptowährungen schon länger an, wollten dabei aber bewusst kein ‚First mover‘ sein“, sagte Flatexdegiro-Chef Niehage. „Mittlerweile hat sich das regulatorische Umfeld weiterentwickelt und man kann sich gegen das Risiko versichern, dass die Kryptowährungen der Kunden bei einem Hackerangriff entwendet werden. Beides war uns wichtig.“

Flatexdegiro wollte kein eigenes Kryptoangebot aufbauen, sondern eine Kooperation eingehen – und sah sich deshalb mehrere potenzielle Partner an. „Am Ende haben wir uns für die Börse Stuttgart entschieden, die im Rahmen der Partnerschaft Handel und Verwahrung und damit die volle Verantwortung übernimmt“, erklärte Niehage.

Für die Börse Stuttgart sei die Vereinbarung ein Meilenstein, sagte Vorstandschef Matthias Voelkel dem Handelsblatt. „Flatexdegiro ist der größte europäische Onlinebroker und der erste, der unser Angebot bei sich integriert und so seinen Endkunden direkten Zugang zu unserer Handels- und Verwahrplattform gibt.“

Die Schwaben zählen in Deutschland zu den Pionieren im Kryptogeschäft und haben die Zahl ihrer Beschäftigten in dem Wachstumssegment im vergangenen Jahr auf 150 verdoppelt. Der seit Anfang des Jahres amtierende Vorstandschef Voelkel will den Bereich weiter ausbauen.

„Wir planen, unser Kryptoangebot in diesem und im nächsten Jahr auf andere europäische Länder auszuweiten – und sind dabei auch offen für Partnerschaften“, sagte er. „In einem großen EU-Staat wollen wir noch in diesem Jahr starten.“

Darüber hinaus will Voelkel das Angebot der handelbaren Coins ausbauen. „In diesem Jahr kommen zunächst Solana, Polkadot und Cardano hinzu, danach noch weitere.“

Börse Stuttgart ist „für Regulierung, aber gegen Verbote“

Ein Verkauf des Unternehmens an deutlich größere Konkurrenten wie die Deutsche Börse oder die europäische Mehrländerbörse Euronext kommt für Voelkel nicht infrage. „Unser Ziel ist es, unabhängig zu bleiben und als Gruppe zu wachsen – sowohl im Kapitalmarkt- als auch im Kryptogeschäft.“

Im vergangenen Jahr belief sich das Handelsvolumen, das über die Plattformen der Börse Stuttgart abgewickelt wurde, auf 115 Milliarden Euro. Davon entfielen zwar nur sieben Prozent auf das Kryptogeschäft, die tatsächliche Bedeutung des Segments für den Konzern ist jedoch deutlich größer.

„Die Gewinnmargen im Kryptogeschäft sind höher als in den meisten Bereichen des Kapitalmarktgeschäfts, das hochgradig standardisiert und sehr wettbewerbsintensiv ist“, betonte Voelkel. Gewinn- und Ertragszahlen veröffentlicht die Börse Stuttgart, die der Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse gehört, jedoch nicht.

„Wir sind für Regulierung, aber gegen Verbote.“ Börse Stuttgart

Matthias Voelkel

„Wir sind für Regulierung, aber gegen Verbote.“

Voelkel hat vor seinem Wechsel zur Börse Stuttgart lange für die Unternehmensberatung McKinsey gearbeitet. Der 46-Jährige glaubt trotz des jüngsten Kursabsturzes an das Potenzial von Kryptowährungen – und macht sich für europaweite Regeln für den Sektor stark. „Wir sind für Regulierung, aber gegen Verbote.“

Die Gesetzgebung in Europa müsse der großen Bedeutung der Blockchain-Technologie gerecht werden, auf der Kryptowährungen basieren. Sie wird nach Einschätzung von Voelkel perspektivisch auch im breiteren Finanzsektor und in der Realwirtschaft zu Umwälzungen führen.

„Aktuell verdienen alle Anbieter ihr Geld jedoch vor allem mit populären Kryptowährungen wie dem Bitcoin“, betonte der Börsen-Chef. Diese Einnahmen seien essenziell, um investieren zu können und im Kryptobereich weitere Expertise aufzubauen.

„Europa kann es sich nicht leisten, bei dieser Technologie erneut abgehängt zu werden wie beispielsweise im Cloud-Computing“, mahnte Voelkel. „Bei kritischer Infrastruktur gilt der Grundsatz: Lieber haben als brauchen.“

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