Credit-Suisse-Aktien haben am Freitag erneut deutlich nachgegeben. Die Schweizer Bank erzielte den größten Wochenverlust seit der Finanzkrise 2008. In den USA gerät First Republic weiter unter Druck.
Frankfurt Die Probleme im Bankensektor reißen nicht ab. Trotz diverser Hilfsmaßnahmen stoßen Anleger weiter in großem Stil Aktien geschwächter Institute ab.
In Europa gerieten die Aktien der Credit Suisse erneut unter massiven Druck, obwohl die Schweizer Notenbank dem Institut eine umfangreiche Liquiditätszusage gewährte. In den USA verlor die First Republic Bank erneut deutlich an Wert, ungeachtet eines Stützungspakets einer ganzen Reihe großer Wall-Street-Banken.
Auslöser des Bankenbebens war der Kollaps von drei kleineren US-Banken binnen weniger Tage. Die Turbulenzen griffen auch auf europäische Bankaktien über, vor allem auf die Credit Suisse, die durch eine lange Reihe von Skandalen bereits geschwächt war. Am Freitag gaben die Aktien der zweitgrößten Schweizer Bank um acht Prozent nach, zeitweise hatten sie zweistellig im Minus notiert.
Für das Wochenende sind angeblich außerordentliche Sitzungen verschiedener Teams angesetzt worden. Dazu zählen auch Teams des Finanzchefs. Das berichtet die Nachrichteagentur Reuters unter Berufung auf mit der Situation vertraute Personen. Dabei sollen Finanzdaten aufbereitet und Szenarien für die Zukunft der Bank erarbeitet werden, hieß es weiter. Credit Suisse konnte für eine Stellungnahme vorerst nicht erreicht werden.
Unterdessen wird für die Credit Suisse nach Informationen der Nachrichtenagentur auch das Geschäft mit anderen Finanzinstituten immer schwieriger. Mindestens vier große Häuser, darunter die Deutsche Bank und Societe Generale, haben ihre Geschäfte mit der Schweizer Großbank oder deren Wertpapieren eingeschränkt, wie fünf Personen mit direkter Kenntnis der Angelegenheit Reuters erklärten. Die Einschränkungen verschärfen die Probleme der Bank. Auch hierzu wollte sich die Schweizer Großbank nicht äußern.
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Die Situation bleibe angespannt, erklärte Daniel Bosshard, Analyst bei der Luzerner Kantonalbank. „Das Grundproblem der Credit Suisse bleibt das mangelnde Vertrauen der Kunden.“ Die Finanzmarktaufsicht Finma und die Schweizerische Nationalbank (SNB) hätten zwar bestätigt, dass das Institut über genügend Kapital und Liquidität verfüge. „Die Märkte scheinen der Sache aber nicht wirklich zu trauen.“
Die Bankenaufseher der EZB kamen einem Insider zufolge bei einer Sondersitzung zu dem Schluss, dass die Stabilität der Branche in der Euro-Zone nach den jüngsten Turbulenzen nicht beeinträchtigt sei. Zudem seien die Aufseher informiert worden, dass das Exposure der Banken gegenüber der Credit Suisse unwesentlich sei, sagte der Insider. Die Europäische Zentralbank (EZB) lehnte eine Stellungnahme ab.
Die Credit-Suisse-Aktien beschleunigten daraufhin ihre Talfahrt. Im Dax zählten Commerzbank und Deutsche Bank mit Verlusten zwischen 4,5 und sechs Prozent erneut zu den schwächsten Werten.
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Mit einem Minus von 29 Prozent erzielte die Credit Suisse den größten wöchentlichen Kursrückgang seit der Finanzkrise 2008. Für neue Unsicherheit sorgte am Freitag die Meldung, dass DBRS Morningstar die Bonitätsbewertung von Credit Suisse als erste globale Ratingagentur nach der Hilfsaktion der Schweizer Zentralbank senkte.
Entscheidend dürfte nun sein, wie sich die Kunden der Bank verhalten. „Ob die Einleger ausreichend beruhigt sind, um die Abflüsse in den nächsten Tagen einzudämmen, ist unserer Ansicht nach eine Schlüsselfrage“, sagte Frédérique Carrier, die Leiterin der Anlagestrategie bei RBC Wealth Management.
Zudem wurde bekannt, dass private und Profi-Anleger in der ersten Wochenhälfte unter dem Strich Hunderte von Millionen Dollar aus gut 300 in den USA und Europa verwalteten Fonds der Credit Suisse abgezogen haben. Vom 13. bis zum 15. März summierten sich die Abflüsse auf mehr als 450 Millionen Dollar, wie Morningstar Direct am Freitag mitteilte.
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Die Credit Suisse ist mit insgesamt über 50.000 Mitarbeitern einer der weltgrößten Vermögensverwalter. Vertrauen in die Stabilität des Instituts ist entscheidend für den Geschäftserfolg. Nach Jahren der Fehlschläge und Skandale erodierte dieses Vertrauen zuletzt aber. Allein im vierten Quartal zogen Anleger über 110 Milliarden Franken ab.
Zwischenzeitlich ebbten die Abflüsse zwar markant ab. Mit der Unsicherheit um die kalifornische Silicon Valley Bank griff aber erneut Verunsicherung um sich. Um mögliche Geldabzugs-Aufträge von Kunden umsetzen zu können, zapft Credit Suisse nun tranchenweise die SNB-Gelder an. Führt diese Maßnahmen nicht bald zu einer Stabilisierung, halten Experten Staatshilfen oder eine Übernahme für mögliche nächste Schritte.
Auch in den USA zeigt sich, dass das Vertrauen der Anleger in den Bankensektor noch lange nicht wiederhergestellt ist. Die Aktien der First Republic Bank rutschten um mehr als 26 Prozent ab, obwohl die angeschlagene Regionalbank ein Unterstützungspaket bekommen hat. „Möglicherweise wartet der Markt eher auf einen vollständigen Verkauf als eine Kapitalzufuhr“, sagt John Petrides, Portfoliomanager bei Tocqueville Asset Management.
Insgesamt elf US-Großbanken wie JP Morgan und Citigroup haben 30 Milliarden Dollar in das kleinere Geldinstitut investiert. Allerdings schreiben die Analysten von JP Morgan, dass Investoren unsicher seien, ob die Hilfen ausreichend seien, um die First Republic zu retten. Zudem stellten sie die Ertragskraft der Bank infrage.
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Die Kurse der Wall-Street-Banken, die an der Rettung der in San Francisco ansässigen Bank beteiligt waren, gerieten ebenfalls unter Druck: Die Aktien von JP Morgan, Citigroup, Bank of America und Wells Fargo gaben zwischen drei und vier Prozent nach. Der Branchenindex S&P Banks verliert rund vier Prozent, ebenso der „KBW Regional Banking Index“.
Am Freitag vor einer Woche hatte die kalifornische Bankenaufsicht die Silicon Valley Bank geschlossen, das Institut wurde dem US-Einlagensicherungsfonds FDIC unterstellt. Es ist die größte Pleite im Finanzsektor der USA seit Washington Mutual in der Finanzkrise 2008. Wenig später folgte die kleine Signature Bank. Zuvor musste bereits die Kryptobank Silvergate aufgeben.
Jetzt flüchtet sich die ehemalige Dachgesellschaft der Silicon Valley Bank, SVB Financial, in ein Insolvenzverfahren. Das eingeleitete Verfahren nach Chapter 11 des US-Insolvenzrechts soll den Weg für einen Verkauf der verbliebenen Beteiligungen ebnen, wie SVB Financial am Freitag mitteilte.
Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets rechnet nicht mit einem schnellen Ende der Bankenturbulenzen: „Langfristig stellt sich die Frage, wie solvent vor allem die kleinen und mittelgroßen Banken in den USA auf Dauer wirklich sind. Denn Liquidität allein stellt keine Solvenz wieder her.“
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