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28.06.2019

17:10

Cum-Ex-Skandal

Pleite-Bank Lehman Brothers soll für Steuer-Deals zahlen

Von: Volker Votsmeier, Sönke Iwersen

Auch die Pleite-Bank Lehman Brothers war in die Cum-Ex-Deals verstrickt. Die deutsche Justiz fordert eine hohe Millionensumme von den Insolvenzverwaltern.

Die Bank ist ging vor über zehn Jahren im Strudel der Finanzkrise unter. dpa

Lehman Brothers

Die Bank ist ging vor über zehn Jahren im Strudel der Finanzkrise unter.

Düsseldorf Auf den Schreibtischen der Staatsanwaltschaft Köln stapeln sich die Akten. Gegen mehr als 50 Finanzinstitute ermittelt die Behörde, darunter namhafte Geldhäuser wie die Deutsche Bank, J.P. Morgan, Barclays, Macquarie oder M.M. Warburg. Hunderte Beschuldigte gelten als verdächtig. Ein besonderer Fall verbirgt sich unter dem Deckel mit dem Aktenzeichen 213 Js 329/17. Die Bank, die es betrifft, gibt es längst nicht mehr: die Lehman Brothers.

Vor mehr als zehn Jahren ging das Investmenthaus im Strudel der Finanzkrise unter. Lehman galt als Symbol für den Typus der gierigen Bank. Bei ihren Geschäften war ihnen offenbar jedes Mittel recht, solange die Profite stimmten. So überrascht es kaum, dass Lehman in den Milliarden-Steuerskandal um Cum-Ex-Geschäfte verstrickt ist. Dabei kassierten die Akteure eine nur einmal gezahlte Dividendensteuer doppelt oder gar mehrfach ab.

Aus Ermittlungsakten, die dem Handelsblatt vorliegen, geht hervor, dass Lehman Bros. International Europe (LBIE) in dem System eine zentrale Rolle spielte. Bis zu seinem Untergang 2008 gehörte das Institut zu den wichtigsten Leerverkäufern am Markt. Das heißt: Lehman verkaufte große Aktienpakete „leer“, sie hatte die Papiere zum Zeitpunkt des Verkaufs also gar nicht im Bestand.

Einige frühere Aktienhändler aus London haben inzwischen gegenüber den deutschen Ermittlern ausgepackt. Sie nannten Namen von Personen und Banken, die an den Geschäften mitgewirkt haben. Aus den Vernehmungsprotokollen ergibt sich, dass die Beteiligten wussten, wie die Profite zustande kamen.

Die Leerverkäufe hatten zum Ziel, mehreren vermeintlichen Aktionären einen Anspruch auf die Erstattung der Steuer zu sichern: dem eigentlichen Anteilseigner und dem Leerkäufer.
Leerverkäufer wie Lehman holten sich zwar nicht selbst die Erstattungen vom Finanzamt ab, gleichwohl profitierten sie von den Deals. Die Mehrfachgutschriften kalkulierten die Aktienhändler in die „Trading Levels“ ein. Lehman soll an den Diensten dreistellige Millionenbeträge verdient haben, berichten Eingeweihte.

Zumindest einen Großteil davon will die Staatsanwaltschaft zurück. Im vergangenen Jahr reichte die Behörde vor Ablauf der Verjährungsfrist eine Klage ein, im Rahmen des von den englischen Gerichten genehmigten Vergleichsplans. Ein Sprecher des britischen Insolvenzverwalters Russell Downs von PwC bestätigte, dass eine solche Klage vorliegt. Wenn über die Forderung endgültig entschieden sei, werde sie bezahlt, teilte er mit.

Die Staatsanwaltschaft Köln wollte Fragen in der Sache nicht beantworten. Das Steuergeheimnis stehe dem entgegen. Fakt ist, dass die Behörde zu Unrecht kassierte Gewinne abschöpfen und ein Bußgeld verhängen kann. Die Kasse des Lehman-Insolvenzverwalters soll noch lange nicht leer sein. Der deutsche Staat kann also hoffen, einen Teil der Cum-Ex-Beute aus Großbritannien zurückzubekommen.

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