Die Commerzbank hat die Märkte 2016 womöglich zu spät über ihre neue Strategie informiert. Die Finanzaufsicht prüft daher eine Millionenstrafe.
Commerzbank in Frankfurt
Informierte die Bank zu spät?
Bild: imago/Jan Eifert
Frankfurt Wochenlang hatten Commerzbank-Chef Martin Zielke und seine Kollegen im Jahr 2016 an der künftigen Ausrichtung des Geldhauses gefeilt. Ende September stellten sie ihre Strategie dann vor. Sie sah unter anderem den Abbau von 9600 Vollzeitstellen vor. Doch bei der Verkündung der Pläne lief einiges nicht rund – und deshalb droht der Commerzbank nach Informationen des Handelsblatts nun ein Bußgeld durch die deutschen Finanzaufsicht Bafin.
Die Wertpapieraufseher prüfen, ob die Bank Anleger zu spät über ihre Pläne informiert hat: Deutschlands zweitgrößte Privatbank gab die Eckpunkte ihrer Strategie „Commerzbank 4.0“ am 29. September 2016 um 10.33 Uhr in einer Pflichtmitteilung bekannt. Doch die Bafin hat Insidern zufolge Anhaltspunkte dafür, dass der Strategieprozesse schon vorher so weit fortgeschritten war, dass die Bank die Märkte womöglich früher hätte informieren müssen.
Bereits in den Tagen vor dem 29. September hatten das Handelsblatt und andere Medien berichtet, dass es zu einem groß angelegten Stellenabbau kommen würde und die Investmentbank mit dem Firmenkundengeschäft zusammengelegt werde.
Am Abend des 28. September stellte das Geldhaus dann aus Versehen auch noch ein Schreiben von Vorstandschef Zielke ins Intranet, in dem dieser die Strategie erläuterte. Der Brief verschwand zwar nach kurzer Zeit wieder, doch er hatte sich intern bereits verbreitet und wurde auch von einigen Medien aufgegriffen.
Die Commerzbank reagierte dennoch erst am nächsten Vormittag mit ihrer Ad-hoc-Mitteilung „auf aktuelle Marktgerüchte“ und bestätigte, dass der Vorstand dem Aufsichtsrat einen „Entwurf strategischer und finanzieller Ziele für die Commerzbank bis zum Jahr 2020 zur Erörterung vorgelegt hat“.
Das Vorgehen rief die Bafin auf den Plan. „Es gibt eine Untersuchung wegen einer möglicherweise zu spät abgegebenen Ad-hoc-Mitteilung“, bestätigte eine Bafin-Sprecherin dem Handelsblatt. „Das Verfahren läuft noch.“ Wann es abgeschlossen werde und ob am Ende ein Bußgeld auf die Commerzbank zukomme, sei noch offen. Die Commerzbank wollte sich zu dem Fall nicht äußern.
Bei zu spät abgegebenen Pflichtmitteilungen kann die Bafin ein Bußgeld verhängen, das sich auf maximal zwei Prozent des Jahresumsatzes des Unternehmens im Jahr vor dem Vergehen belaufen kann. Da die Commerzbank 2015 Erträge von 9,76 Milliarden Euro einfuhr, droht dem Institut somit im schlimmsten Fall eine Strafe von 195 Millionen Euro.
Ein Blick auf andere Fälle zeigt jedoch, dass ein mögliches Bußgeld wahrscheinlich deutlich geringer ausfallen würde. Dem Jahresbericht der Bafin zufolge schloss der Geschäftsbereich Wertpapieraufsicht und Asset Management im vergangenen Jahr 322 Verfahren ab und verhängte dabei 126 Mal eine Geldbuße. Insgesamt summierten sich die Strafzahlungen dabei auf 7,8 Millionen Euro.
Die Deutsche Börse musste beispielsweise 5,5 Millionen Euro bezahlen, weil der Konzern die Märkte aus Sicht der Bafin zu spät über die 2017 geplatzten Fusionsgespräche mit der Londoner Börse informiert hatte. Darüber hinaus droht dem Börsenbetreiber ein weiteres Bußgeld wegen der Bestellung von Vorstandschef Theodor Weimer.
Die Bafin ist der Ansicht, dass der Konzern die Märkte im November 2017 bereits wenige Tage vor Weimers Bestellung hätte informieren müssen, als das Unternehmen zwei potenziell geeignete Kandidaten für die Nachfolge von Ex-Chef Carsten Kengeter gefunden hatte.
Die Verfahren gegen die Deutsche Börse und gegen die Commerzbank zeigen, dass Unternehmen vor der Verkündung von wichtigen Entscheidungen häufig vor einem schwer lösbaren Konflikt stehen. Auf der einen Seite wollen viele Aufsichtsräte vor bedeutsamen Weichenstellungen frühzeitig eingebunden werden und ihre Ansichten einbringen.
Auf der anderen Seite verlangen die Aufsichtsbehörden, dass kursrelevante Eckpunkte teilweise veröffentlicht werden, noch bevor Vorstand und Aufsichtsrat abschließend darüber entschieden haben.
Die Commerzbank muss nun versuchen, aus dem laufenden Verfahren Schlüsse für die Präsentation ihrer nächsten Strategie zu ziehen. Diese soll im Herbst vorgelegt werden. Das Institut werde dabei alle Möglichkeiten prüfen, um die eigene Profitabilität zu verbessern, sagte Vorstandschef Zielke vergangene Woche auf der Hauptversammlung des Instituts. „Hierzu gehören organische Anpassungen genauso wie potenzielle anorganische Opportunitäten.“
Nach der geplatzten Fusion mit der Deutschen Bank gehen einige Experten davon aus, dass die Commerzbank früher oder später von einem ausländischen Geldhaus geschluckt wird. Die italienische Großbank Unicredit und das niederländische Institut ING haben Finanzkreisen zufolge in Berlin bereits vor einiger Zeit grundsätzlich Interesse bekundet. Konkrete Verhandlungen oder Angebote gab es bisher jedoch nicht.
Die Commerzbank-Spitze ist der Ansicht, dass die Bank auch alleine bestehen kann. Und sie erwartet keinen Bieterwettkampf um das Frankfurter Institut in naher Zukunft. „Im Moment sehe ich das echt nicht kommen“, sagte Finanzchef Stephan Engels kürzlich.
Mehr: Kleinaktionäre der Commerzbank sind froh über die geplatzte Fusion mit der Deutschen Bank. Lesen Sie hier, warum die Commerzbank-aktionäre fusionskritisch sind.
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