PremiumDie Regionalpräsidenten haben sich „mit großer Mehrheit“ für den CSU-Politiker als Nachfolger von Helmut Schleweis ausgesprochen. Eine finale Entscheidung soll noch im ersten Quartal fallen.
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Die Wahl des neuen Präsidenten gilt nur noch als Formsache.
Bild: imago images/Dirk Sattler
Frankfurt Der langjährige CSU-Politiker Ulrich Reuter soll Anfang 2024 neuer Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) werden. Die Präsidentinnen und Präsidenten der regionalen Sparkassenverbände hätten sich am Montag in einer gemeinsamen Sitzung „mit großer Mehrheit“ auf Reuter als Kandidat für das Amt verständigt, teilte der DSGV mit.
„Sie schlagen Herrn Professor Reuter allen anderen Wahlberechtigten zur Wahl vor.“ Die finale Entscheidung soll noch im ersten Quartal auf einer Mitgliederversammlung des DSGV erfolgen.
Dort gibt es 21 Stimmberechtigte. Neben den elf regionalen Sparkassenverbänden zählen dazu sieben Vertreter von Landesbanken sowie drei von kommunalen Spitzenverbänden.
Die Kommunen sind die Träger der bundesweit rund 360 Sparkassen und somit Eigentümer in ähnlicher Position. Da sich die regionalen Sparkassenpräsidenten vermutlich mit ihren Landesbanken abgestimmt haben, gilt die Wahl von Reuter nun nur noch als Formsache.
Der DSGV-Präsident hat in der Sparkassen-Finanzgruppe und darüber hinaus großen Einfluss. Die öffentlich-rechtlichen Institute, die der DSGV vertritt, kamen Ende 2021 zusammen auf ein Geschäftsvolumen von 3,3 Billionen Euro und beschäftigen 284.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Sparkassen sind damit die größte Finanzgruppe in Deutschland, aber kein hierarchisch geführter Konzern.
Die einzelnen Institute und Regionalverbände sind unabhängig und streiten sich regelmäßig – untereinander genauso wie mit dem DSGV. Besonders zwischen Sparkassen und Landesbanken sind die Spannungen nach wie vor groß.
Die Sparkassen haben hinter den Kulissen seit Monaten um die Nachfolge von Helmut Schleweis gerungen, dessen Amtszeit Ende 2023 endet. Innerhalb der Gruppe sind viele Funktionäre sauer, dass sich die Entscheidung über die wichtige Personalie so lange hingezogen hat.
Schleweis selbst hatte von den zuständigen Gremien im Dezember eine rasche Entscheidung gefordert, damit „möglichst wenig schädliche Spekulationen entstehen“. Intern deutete der 68-Jährige Finanzkreisen zufolge an, dass er notfalls weitere ein bis zwei Jahre zur Verfügung stünde, falls keine Lösung gefunden werden sollte. Mehrere einflussreiche Regionalpräsidenten lehnten eine solche Übergangslösung jedoch ab – und verständigten sich deshalb auf Reuter.
Der promovierte Jurist steht seit 2021 an der Spitze des bayerischen Sparkassenverbands. Davor war der 60-Jährige für die CSU 18 Jahre Landrat in Aschaffenburg und in dieser Funktion auch mehrere Jahre im Verwaltungsrat der Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau.
Ulrich Reuter
Der Präsident des bayerischen Sparkassenverbandes soll neuer DSGV-Chef werden.
Bild: IMAGO/Stephan Görlich
Er gehört zudem dem Verwaltungsrat des Sparkassenverbands Bayern an und war Vorsitzender der Verbandsversammlung. Auch im privaten Bankensektor hat Reuter bereits Erfahrung gesammelt: Von 1993 bis 2001 arbeitete er für die Deutsche Bank.
Als Sparkassenpräsident in Bayern präsentierte sich Reuter meinungsstark. Vor einem Jahr preschte er mit der Ablehnung von Kryptowährungen vor. Er sprach sich damit frühzeitig gegen ein entsprechendes Angebot für Sparkassenkunden aus – zu einer Zeit, als innerhalb der Finanzgruppe noch um eine gemeinsame Position gerungen wurde. Im Juni 2022 folgte der DSGV Reuters Vorstellungen – und empfahl allen Sparkassen, ihren Kundinnen und Kunden keinen Handel mit Kryptowährungen anzubieten.
Der gebürtige Aschaffenburger gilt als heimatverbunden und hat kein Problem, wenn er bei Diskussionen über Fußball in München auch mal aneckt. Sein Herz schlägt nämlich für Eintracht Frankfurt und nicht für Bayern München.
Neben Reuter hatte Insidern zufolge auch Liane Buchholz, die Präsidentin des Sparkassenverbands Westfalen-Lippe, Interesse am DSGV-Chefposten bekundet. Sie wäre die erste Frau an der Spitze des Sparkassenverbands gewesen.
>> Lesen Sie hier: „Kunden vor unkalkulierbaren Risiken schützen“ – Sparkassen wollen keinen Kryptohandel anbieten
Für die 57-Jährige sprach unter anderen, dass sie bereits seit 2017 im Amt ist. Mit der Fusion der Versicherer Provinzial Rheinland und Provinzial Nordwest sowie dem bevorstehenden Zusammenschluss der Landesbausparkassen West und Nord hat Buchholz zudem bereits bewiesen, dass sie gestalten kann. Auch auf dem Berliner Parkett kennt sie sich als ehemalige Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Öffentlicher Banken aus.
In der Sparkassen-Organisation gibt es jedoch einige Entscheidungsträger, die Buchholz kritisch sehen und ihr nicht zutrauten, die Organisation zusammenzuführen. Die Kritiker verweisen unter anderem auf das Verhalten von Buchholz bei der Reform des gemeinsamen Sicherungssystems von Sparkassen und Landesbanken 2021.
Buchholz hatte damals in einem gemeinsamen Brief mit anderen Regionalpräsidenten gefordert, dass die Sparkassen nicht mehr länger für die Landesbanken haften sollten. In ihrem eigenen Regionalverband, der den Landesbanken spätestens seit der Abwicklung der WestLB 2012 kritisch gegenübersteht, erhielt Buchholz dafür Applaus. Andere regionale Sparkassenverbände, die nach wie vor an Landesbanken beteiligt sind, fanden den Brief dagegen unsolidarisch.
Der amtierende Sparkassen-Präsident Schleweis steht seit 2018 an der Spitze des DSGV. Er folgte damals auf Georg Fahrenschon, der wegen einer Steueraffäre abtreten musste. Nach dessen chaotischem Abgang sorgte Schleweis wieder für Ruhe. Zudem beteiligte sich die Sparkassen-Gruppe unter seiner Federführung an der Rettung der NordLB und begann mit einem grundlegenden Umbau ihres Sicherungssystems.
Bei einem seiner wichtigsten Projekte, der Konsolidierung des Landesbankensektors, kam allerdings auch Schleweis nicht voran. Viele Sparkassen hoffen, dass Reuter an diesem Thema dranbleibt und dabei am Ende mehr Erfolg hat als sein Vorgänger.
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