Die französische Worldline tätigt einen milliardenschweren Zukauf – und stärkt damit ihre Position im Markt für elektronischen Zahlungsverkehr.
Zürich Mit einem Milliarden-Zukauf in der Schweiz baut die französische Worldline ihre Führungsposition im europäischen Markt für elektronischen Zahlungsverkehr aus. Für 2,3 Milliarden Euro übernimmt das Unternehmen das Kartenzahlgeschäft des Schweizer Börsenkonzerns SIX, wie die beiden Firmen am Dienstag mitteilten.
Mit rund 11.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 2,3 Milliarden Euro wird Worldline damit etwa doppelt so groß wie der Verfolger Nets aus Dänemark, der Insidern zufolge aus dem Bieter-Wettstreit um SIX Payments-Services als Verlierer hervorging.
„Wir glauben, dass die Transaktion europaweit ein Meilenstein sein wird und in verschiedenen Regionen eine weitere Konsolidierung zur Folge haben wird“, sagte SIX-Präsident Romeo Lacher zur Nachrichtenagentur Reuters. Die Nachrichten kamen an der Börse gut an: Wordline-Aktien kletterten an der Pariser Börse fast fünf Prozent.
Im europäische Markt für bargeldlosen Zahlungsverkehr werden die Karten derzeit neu gemischt. In vielen Ländern haben Banken diese nicht zum Kerngeschäft gehörenden Bereiche abgestoßen und ihre Bilanzen damit gestärkt. So verkauften die DZ Bank, die Deutsche Bank, die Commerzbank und weitere Institute die deutsche Concardis 2017 für rund 700 Millionen Euro an Finanzinvestoren.
Der US-Kreditkarten-Abwickler Vantiv sorgte mit einem 8,7 Milliarden Euro schweren Angebot für die britische Worldpay für einen Höhepunkt der Übernahmewelle in der Branche.
Weil weltweit immer weniger mit Bargeld und immer mehr elektronisch bezahlt wird, bietet der Bereich gute Wachstumschancen. Durchsetzen dürften sich vor allem die großen Anbieter. „Die Entwicklung in dem Geschäft wird sehr stark über Skalen und Technologie getrieben“, sagte SIX-Präsident Lacher.
Zurücklehnen könnten sich die etablierten Anbieter nicht. Denn das klassische Karten- und Kartenverarbeitungsgeschäft werde von Technologiefirmen bedrängt, die die bestehenden Geschäftsmodelle aufbrechen wollten.
Die notwendigen Investitionen, um in dem Geschäft vorne mitzuspielen, wollte die SIX nicht alleine schultern und leitete deshalb im Herbst einen Verkauf ein. SIX hat sich laut Lacher schließlich für Worldline entschieden, weil sich die beiden Firmen geographisch und geschäftlich gut ergänzen. Zudem rechneten beide mit einer anhaltenden Branchen-Konsolidierung, bei der Wordline weiter als Käufer mitmischen wolle.
„Worldline hat eine sehr starke Bilanz, wir auch“, sagte Lacher. „Das heißt, wir haben extrem viel Firepower, gemeinsam die weitere Konsolidierung in Europa voranzutreiben.“ Worldline-Angaben zufolge könne die Gesellschaft bis Ende 2019 über zwei Milliarden Euro für Zukäufe auszugeben, ohne die Aktionäre erneut anzuzapfen.
Analysten zufolge sind etwa Concardis, die italienische Sia oder Zahlungsverkehrs-Geschäfte von spanischen oder französischen Banken mögliche Ziele.
Die im Besitz von rund 130 Banken stehende SIX konzentriert sich in Zukunft vor allem auf Wertschriften-Handel und -Abwicklung sowie auf Finanzinformation. Als Teil der Worldline-Transaktion, die gegen Ende des laufenden Jahres abgeschlossen werden soll, erhält der Konzern 283 Millionen Euro in bar, den Rest in Worldline-Aktien.
Damit steigen die Schweizer nach dem französischen Technologiekonzern Atos zum zweitgrößten Eigner von Wordline auf. Mittelfristig wolle die SIX die Beteiligung von 27 Prozent behalten. „Wir werden nicht in zwei Jahren verkaufen“, sagte Lacher. Zu den längerfristigen Absichten wollte er sich nicht in die Karten blicken lassen. „Es ist zu früh zu sagen; verkaufen wir, behalten wir, stocken wir auf.“
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