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21.11.2021

16:53

Finanzinstitute

Diese Signale senden Deutsche Bank und UBS mit ihren Top-Personalien

Von: Yasmin Osman, Michael Maisch, Jakob Blume

Ein Wochenende, zwei europäische Großbanken, drei wichtige Personalien: Deutsche Bank und die UBS überraschen mit Weichenstellungen im Topmanagement.

Seine Karriere in der Finanzwelt begann Wynaendts in den 80er-Jahren beim niederländischen Bankhaus ABN Amro. Thorsten Jochim für Handelsblatt

Alexander Wynaendts

Seine Karriere in der Finanzwelt begann Wynaendts in den 80er-Jahren beim niederländischen Bankhaus ABN Amro.

Frankfurt Die Deutsche Bank und die Schweizer Großbank UBS haben mit drei überraschenden Toppersonalien am Wochenende wichtige Weichen gestellt: Bei der Deutschen Bank soll der frühere Chef des niederländischen Versicherungsriesen Aegon, Alexander Wynaendts, Nachfolger von Aufsichtsratschef Paul Achleitner werden. Der Aufsichtsrat stimmte am Sonntag dem Vorschlag des Nominierungsausschusses zu.

Auch die UBS klärte ihre wichtigste offene Personalfrage: Der frühere Topmanager der US-Bank Morgan Stanley, Colm Kelleher, soll im Frühjahr den Verwaltungsratsvorsitz von Axel Weber übernehmen. Die Aktionäre beider Finanzinstitute müssen die Personalien auf ihren jeweiligen Hauptversammlungen noch bestätigen.

Mit der Besetzung der drei Schlüsselpositionen mit Wynaendts, Vigneron und Kelleher senden die beiden Großbanken auch wichtige Signale, welche Schwerpunkte sie in der Zukunft setzen wollen.

Mit dem designierten Aufsichtsratschef Wynaendts und Risikochef Vigneron holt die Deutsche Bank zwei Manager von außen, die nicht von vornherein aufs Engste mit Noch-Aufsichtsratschef Achleitner oder Vorstandschef Christian Sewing oder der Deutschland AG, dem eng gestrickten Netzwerk deutscher Topmanager, verbunden sind. Die Besetzung wichtiger Posten mit Vertrauten Achleitners und Sewings sorgte zumindest bei einigen Investoren in der Vergangenheit für ein gewisses Unbehagen.

Mit der Berufung eines Niederländers an die Aufsichtsratsspitze und eines Franzosen zum Risikochef untermauert das Geldhaus zudem seine europäischen Ambitionen. Wynaendts ist als Sohn eines niederländischen Diplomaten viel in der Welt herumgekommen und kennt sich insbesondere in dem für die Deutsche Bank wichtigen asiatischen Markt gut aus. In Deutschland, vor allem in der deutschen Politik, gilt er dagegen als kaum verdrahtet.

Dieser Umstand gilt als Schwäche seiner Berufung. Auffällig ist, dass die Bank zeitgleich mit Wynaendts’ Berufung auch mitteilte, dass Norbert Winkeljohann, früher Deutschlandchef des Wirtschaftsprüfers PwC und enger Vertrauter Achleitners, künftig zweiter Vizechef des Aufsichtsrats der Deutschen Bank werden soll.

Es gibt zwar auch andere Aktiengesellschaften, die neben einem Arbeitnehmervertreter auch einen Kapitalvertreter zum Vize küren, bei der Deutschen Bank war dies bislang aber nicht der Fall.

Indirekt zementiert die Deutsche Bank mit der Berufung Wynaendts’ auch die extrem starke Position ihres Vorstandschefs Christian Sewing, der in seinem Heimatmarkt damit unangefochten das Gesicht des Instituts für Politik und Wirtschaft bleibt. Nach dieser Logik wäre Sewing unangefochtener König im Heimatmarkt, Wynaendts der Außenminister, der vor allem bei den amerikanischen Behörden für ein besseres Standing des Instituts sorgen soll.

Kritik von Union Investment

Nicht alle Investoren sind von der Personalie Wynaendts bereits überzeugt: Für Janne Werning, Leiter ESG Capital Markets & Stewardship bei der Fondsgesellschaft Union Investment, ist die Nominierung „aus Investorensicht eine Überraschung“. Der designierte Aufsichtsratschef sei in Deutschland bislang „kaum bekannt“, so Werning. „Aus seinen bisherigen Stationen ist nicht erkennbar, dass er mit der deutschen Corporate Governance vertraut ist. Er hat auch nie selbst eine große Bank geführt“, monierte er.

Gänzlich unbekannt ist das Bankgeschäft für Wynaendts nicht: Bislang saß der Niederländer außerdem im Verwaltungsrat der US-Bank Citigroup. Vor seiner Zeit bei Aegon arbeitete er viele Jahre für die niederländische Großbank ABN Amro und galt dort als Spezialist für die Übernahme und Integration anderer Unternehmen. Wegen dieser M&A-Expertise holte ihn 1997 dann die Aegon an Bord, deren Chef er 2008 er wurde.

Als Chef von Aegon war Wynaendts an insgesamt 87 Übernahme- und Fusionstransaktionen beteiligt. Doch obwohl er das Unternehmen wieder in die Gewinnzone brachte, verlor die Aktie während seiner langen Amtszeit letztlich rund 80 Prozent an Wert, wie ein Investor kritisch anmerkt. Auf der Kosten- und Effizienzseite sei Aegon jedenfalls kein Vorbild für die Deutsche Bank.

Aus Sicht von Fondsmanager Werning kommt die Entscheidung zu spät: „Und wir hätten uns für einen externen Nachfolger auf jeden Fall eine angemessene Einarbeitungszeit gewünscht“, sagte Werning dem Handelsblatt. Wynaendts soll erst auf der Hauptversammlung 2022 in das Kontrollgremium der Bank gewählt werden. Zu diesem Zeitpunkt wird die Bank sogar schon ihre neue Strategie vorgestellt haben.

Neuer Risikochef kommt von Natixis

Mit der Berufung Olivier Vignerons regelte die Deutsche Bank am Wochenende auch die Nachfolge für ihren Risikochef Stuart Lewis. Der Franzose hatte seine Karriere als Derivatehändler begonnen und wechselte erst 2012 auf die Risikoseite. Damals arbeitete er als Händler für den Wall-Street-Riesen JP Morgan und half als Teil einer vierköpfigen Spezialtruppe, einen Händlerskandal aufzuarbeiten, der die Bank sechs Milliarden Dollar gekostet hatte. Wegen der Größe der Positionen erhielt einer der verantwortlichen Händler seinerzeit an den Finanzmärkten den Spitznamen „Londoner Wal“.

Vignerons Qualitäten als Feuerwehrmann waren der Grund dafür, dass ihn Natixis 2020 zum Risikovorstand kürte, nachdem das Risikomanagement des Investmenthauses massiv in die Kritik geraten war: Ein Ableger der Fondstochter Natixis Investment Managers mit dem Namen H2O hatte mehr als eine Milliarde Euro in illiquide Anlagen gesteckt, die in Zusammenhang mit dem umstrittenen deutschen Investor Lars Windhorst standen.

Bei der Deutschen Bank steht kein akuter Feuerwehreinsatz an. Die Nachfolge für Stuart Lewis ist dennoch wichtig: Das Risikomanagement der Bank genießt – was den Umgang mit Kredit-, aber auch mit Marktrisiken angeht – einen guten Ruf in der Branche. Lewis hatte daran einen bedeutenden Anteil. Er ist der einzige Vorstand aus der Ära vor Sewing, der noch immer im Amt ist.

Denn gravierende Verluste im Kreditgeschäft hat das Institut in den vergangenen Jahren stets geschickt umschifft. Und während der europäischen Staatsschuldenkrise zählte es zu den wenigen, die sich rechtzeitig von italienischen Staatsanleihen trennten. Schlechter schnitt die Bank lange bei den operationellen Risiken ab, die wegen hoher Strafzahlungen nach Betrugsskandalen relativ hoch sind.

Wieder kein Schweizer für die UBS

Wichtige Weichenstellungen nahm auch die Schweizer Großbank UBS mit der Berufung Colm Kellehers vor, den einige Investoren auch gern an der Spitze des Deutsche-Bank-Aufsichtsrats gesehen hätten. Der Finanzinvestor Cerberus soll diesen Vorschlag unterbreitet haben.

Überraschender Schritt. REUTERS/Arnd Wiegmann

Axel Weber

Überraschender Schritt.

Kelleher steht allerdings im Ruf, sich durchaus auch strategisch einzumischen. Für einen Schweizer Verwaltungsratschef ist das Teil der Jobbeschreibung, im Gespann mit dem machtbewussten Deutsche-Bank-Chef Sewing hätte es allerdings wohl zwangsläufig zu Spannungen geführt.

Doch auch für die UBS ist Kellehers Berufung eine Überraschung. Sie bricht mit der ungeschriebenen Regel, dass entweder das Amt des CEOs oder des Verwaltungsratspräsidenten der größten Schweizer Bank von einem Schweizer ausgeübt wird.

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Diese Konvention war allerdings bereits seit der Berufung von Ralph Hamers zum Chef der UBS außer Kraft gesetzt. Umso mehr hatten einige Beobachter in Zürich aber auf eine Schweizer Lösung für die Weber-Nachfolge gesetzt. Denn nun steht auf absehbare Zeit kein Schweizer Manager mehr an der Spitze der UBS.

Stattdessen entschloss sich die UBS zu einem ungewöhnlichen Schritt: Sie ernannte Lukas Gähwiler, bislang Chef des Verwaltungsrats bei UBS Schweiz, zum Vizepräsidenten des Konzern-Verwaltungsrats. Üblicherweise übernimmt ein Manager, der nicht dem Konzern angehört, den Vizeposten.

Die neue Führungsstruktur unterstreicht den globalen Anspruch der UBS – und die Ambition, die Lücke zu den US-Banken zu schließen. Aus seiner Bewunderung für Morgan Stanley hat Weber keinen Hehl gemacht. Auch der Abschlag in der Börsenbewertung der UBS gegenüber der US-Konkurrenz hat den scheidenden Verwaltungsratschef immer umgetrieben.

Webers Zukunftsvision sah daher vor, die UBS zu einer Art „grünem“ Morgan Stanley umzubauen. Beim Thema Nachhaltigkeit wähnen sich die Schweizer bereits heute vor der US-Konkurrenz.

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