Der Deutsche-Börse-Konkurrenten steigt in den Kryptomarkt ein. Ab Mittwoch können Privatanleger rund um die Uhr auf die Entwicklung von Bitcoin und Ether wetten.
Frankfurt Die Frankfurter Handelsplattform Spectrum steigt am Mittwoch ins Geschäft mit Kryptowährungen ein. Privatanleger können dann mit Optionsscheinen rund um die Uhr auf die Entwicklung der populärsten Kryptowährungen Bitcoin und Ether setzen, wie Chief Regulatory Officer Alpay Soytürk dem Handelsblatt sagte. „Wir sind der erste europäische Handelsplatz, der Krypto-Turbos anbietet, die innerhalb eines regulierten Umfelds 24 Stunden am Tag gehandelt werden können.“
Der Handel rund um die Uhr ist bei Kryptowährungen aus seiner Sicht besonders wichtig, „denn es kommt dort auch nachts immer wieder zu starken Preisschwankungen“ – beispielsweise wenn Tech-Milliardär und Tesla-CEO Elon Musk mal wieder einen Tweet zu Kryptowährungen absetze. Spectrum-Kunden könnten darauf auch spät in der Nacht oder früh am Morgen reagieren.
Turbos sind Finanzinstrumente, mit denen Anleger mit einem Hebel auf steigende oder fallende Kurse von Basiswerten wetten können. Das birgt allerdings erhebliche Risiken: Wenn der Basiswert bestimmte Werte, sogenannte Knock-out-Schwellen, über- oder unterschreitet, werden die Papiere wertlos.
Bei Konkurrenten wie der Börse Stuttgart und der Frankfurter Börse sind ähnliche und auch zahlreiche andere strukturierte Produkte auf Kryptowährungen bereits seit Längerem verfügbar. Gehandelt werden können diese dort allerdings jeweils nur zwischen acht und 22 Uhr.
Spectrum will zum Start 20 Krypto-Turbos anbieten. Auf Bitcoin und Ether können Kunden jeweils mit fünf Produkten auf steigende Kurse und mit fünf Produkten auf fallende Kurse setzen – jeweils mit unterschiedlichen Knock-out-Schwellen.
Experten warnen immer wieder vor großen Risiken am Kryptomarkt, einschließlich möglicher Totalverluste. Sie raten, nur Geld in Kryptowährungen zu investieren, das man bereit sei, auch zu verlieren. „Das Angebot richtet sich an ein risikofreudiges Publikum – an Trader, die von kurzfristigen Preisschwankungen profitieren wollen“, betonte Soytürk. „Anderseits kann man die Produkte auch zum Hedgen benutzen, also zur Absicherung gegen kurzfristige Kursschwankungen.“
Spectrum ist eine sogenannte Multilateral Trading Facility und wird von der deutschen Finanzaufsicht Bafin reguliert. Das Unternehmen nahm im Sommer 2019 den Betrieb auf und gehört zum britischen Finanzkonzern IG. Alteingesessenen Börsenbetreibern will es mit längeren Handelszeiten, niedrigeren Kosten und schnelleren Prozessen Kunden abjagen.
Bekannte Broker wie Comdirect und Consors haben sich bisher allerdings nicht an die Spectrum-Plattform angeschlossen. Deutsche Privatanleger können die Produkte bisher nur über den deutschen Broker IG Europe handeln, der wie Spectrum zu IG gehört. Emittiert werden sämtliche Produkte von der IG-Tochter Raydius.
Kürzlich gewann Spectrum mit den italienischen Banken Equita und Intermonte zwei externe Partner. „Bald kommen weitere Broker und Emittenten dazu“, kündigte Soytürk an. Vor seinem Wechsel zu Spectrum arbeitete er etwa fünf Jahre für die Deutsche Börse und zwei Jahre für die Börse Stuttgart.
Aufgrund des anhaltend großen Interesses an Kryptowährungen beschäftigten sich alle Handelsplätze mit der Frage, ob und in welcher Form sie Produkte auf Kryptowährungen anbieten wollen. Die Börse Stuttgart, auf deren Handelsplattform Bison Anleger direkt mit Kryptowährungen handeln können, gilt dabei in Deutschland als Vorreiter.
Damit treffen die Handelsplätze einen Nerv: Aus einer aktuellen Erhebung, die das US-Kryptounternehmen Coinbase in Kooperation mit dem Blockchain Center der Frankfurt School of Finance am Dienstag veröffentlicht hat, geht hervor, dass Kryptoanlegerinnen und -anleger in Europa derzeit optimistisch sind, obwohl die Marktteilnehmer im ersten Quartal 2022 mit deutlichen Kursrückgängen und einer vergleichsweise ausgeprägten Volatilität zu kämpfen hatten.
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56 Prozent der befragten Kryptoasset-Besitzer gaben an, in den kommenden zwölf Monaten ihre Kryptobestände erhöhen zu wollen. 33 Prozent wollen ihre Bestände halten, elf Prozent sagten, sie wollten ihre Bestände reduzieren. „Kryptoassets etablieren sich somit immer deutlicher als neue Asset-Klasse“, urteilen die Verfasser des Reports, die „gekommen ist, um zu bleiben“.
Zugleich hadern Anbieter von Kryptoprodukten aber weiterhin mit der Unsicherheit potenzieller Kunden: Ein Viertel der Befragten, die derzeit nicht in Kryptowährungen investieren, gaben als Grund an, dass ihnen „investmentrelevante Informationen“ fehlten.
„Die Kryptoindustrie ist weiterhin in der Verantwortung, Kryptoassets besser zu erklären und die Hürden für Investoren in unterschiedlichen Bereichen zu minimieren“, folgert daher Sascha Rangoonwala, Country Manager Germany bei Coinbase. Deshalb sei es wichtig, dass „die Branche verständliche Informationen, Lernangebote und niedrigschwellige Zugänge zur Verfügung stellt“.
Spectrum liebäugelt nach dem Start mit Produkten auf Bitcoin und Ether bereits jetzt damit, sein Angebot auszubauen. „Zu einem späteren Zeitpunkt könnten weitere Kryptowährungen folgen“, sagte Soytürk. „Einige prüfen wir derzeit schon.“
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