Die Geldinstitute sondieren, ob sie ihre verschiedenen Bezahlverfahren bündeln können – um sich so gegen die Konkurrenz der Tech-Konzerne zu wehren.
Bezahlen per Smartphone
Mit Apple Pay und Google Pay sind neue Wettbewerber für die Banken dazugekommen.
Bild: E+/Getty Images
Frankfurt Seit Herbst ist Burkhard Balz Vorstand der Bundesbank, und schon kurz nach seinem Amtsantritt ist klar: Der ehemalige Europapolitiker hat eine Mission. Balz will die deutschen Geldhäuser dazu bringen, dass sie sich – endlich – gegen die neue Konkurrenz der Tech-Konzerne im Zahlungsverkehr wehren. „Überlegt euch, mit welchen Produkten ihr auf die Angebote von Apple und Co. antworten wollt“, appelliert Balz an die Banken.
Die Bundesbank unterstütze die Idee einer europäischen Bezahllösung. Und er drängt zur Eile: Die nächsten Monate – und nicht etwa Jahre – würden mit darüber entscheiden, welche Rolle europäische Anbieter im neuen globalen Spiel einnehmen könnten. Tatsächlich haben die deutschen Geldhäuser bereits auf die neue Konkurrenz reagiert – jedenfalls auf nationaler Ebene.
Genossenschaftsbanken, private Banken und Sparkassen stellen nach Handelsblatt-Informationen ihre verschiedenen Angebote im Zahlungsverkehr auf den Prüfstand und loten aus, ob sie die Angebote miteinander verknüpfen oder zumindest technisch aufeinander abstimmen können.
Dabei geht es um die Girocard (früher EC-Karte genannt), die beiden Onlinebezahlverfahren Paydirekt und Giropay, das Handy-zu-Handy-Zahlverfahren „Kwitt“ sowie um Echtzeitzahlungen. Das Projekt heißt „#DK“ – in Anlehnung an die Deutsche Kreditwirtschaft, kurz DK, die gemeinsame Interessenvertretung mehrerer Lobbyverbände.
Jetzt sei ein „günstiges Zeitfenster“, sagte ein Insider. Alle Beteiligten wüssten, dass etwas passieren müsse. Das Problem: Anzahl, Namen und Verfügbarkeit der verschiedenen Angebote sind verwirrend. Besonders das Onlinebezahlverfahren Paydirekt ist den hohen Erwartungen aus der Branche überhaupt nicht gerecht geworden und gilt als große Enttäuschung.
Verstärkt hat sich der Druck durch neue Angebote von Tech-Konzernen. Im vergangenen Jahr sind die Smartphone-Bezahlverfahren des Internetkonzerns Google und des iPhone-Herstellers Apple, Google Pay und Apple Pay, in Deutschland gestartet. Sie kooperieren zwar auch mit Banken, um den Service anzubieten, die beiden Tech-Konzerne sind jedoch zugleich Gegenspieler etablierter Geldhäuser.
So haben die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken im Wettbewerb zu Google Pay jeweils eigene App-Angebote zum Bezahlen per Android-Smartphones auf den Markt gebracht. Das Bezahlen per Smartphone steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen, aber erstens dürfte es – wie in anderen Ländern schon – zunehmend beliebter werden.
Und zweitens gibt es noch mehr Konkurrenz aus der Riege der Tech-Konzerne. Der Onlinehändler Amazon bietet längst eine eigene Bezahlmethode, Amazon Pay, an. Und der US-Onlinebezahldienst Paypal zählt in Deutschland bereits 23 Millionen Nutzer. Erste Ergebnisse aus dem Projekt #DK kann es dem Vernehmen nach schon in wenigen Wochen geben.
Die drei größten Branchenverbände, der private Bankenverband BdB, der derzeit die Federführung der DK innehat, sowie der Verband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) und der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, wollten sich dazu nicht äußern. Der Zahlungsverkehr ist eine wichtige und stabile Einnahmequelle deutscher Banken.
Sie erhalten beispielsweise bei jeder Girocard-Transaktion vom Händler rund 0,2 Prozent der kassierten Summe. Die neuen Wettbewerber machen ihnen einen Teil der Gebühren streitig. Sollte eine Bündelung der Angebote gelingen, wäre es naheliegend, dass die Geldhäuser die Girocard als Ankerprodukt herausstellen. Sie wird zwar von den meisten Verbrauchern nach wie vor als EC-Karte bezeichnet, gilt aber mit mehr als 100 Millionen Karten als das populärste Zahlungsverfahren der deutschen Kreditwirtschaft.
Andere Bezahlverfahren sind bei Weitem nicht so verbreitet. Paydirekt ist seit 2015 im Einsatz – und kommt seitdem nicht richtig vom Fleck. Rund 2,6 Millionen Kunden haben sich bisher registriert, die Transaktionszahlen gelten als enttäuschend. Hinter Paydirekt stehen sowohl die Sparkassen als auch genossenschaftliche wie private Banken – künftig allerdings nur noch die Deutsche Bank und die Commerzbank.
Kleinere private Geldhäuser wie ING, Santander und Targobank wollen ihre Paydirekt-Anteile loswerden.
Laut einer aktuellen Studie des Handelsforschungsinstituts EHI zahlen die deutschen Verbraucher beim stark wachsenden Onlineshopping am liebsten per Rechnung. Auch Paypal und Lastschrift weisen hohe Umsatzanteile auf. Paydirekt wird in der EHI-Umfrage nicht einmal separat aufgeführt.
Das gilt auch für Giropay, das zweite Onlinebezahlverfahren deutscher Geldhäuser. Giropay ist bereits seit Anfang 2006 am Markt und gehört den Sparkassen, den Volksbanken und der Deutsche-Bank-Tochter Postbank. Vor dem Start von Paydirekt wurde laut Insidern heftig darum gerungen, ob die deutsche Finanzbranche Giropay weiterentwickelt oder ein neues Unternehmen gründet.
Vergleichsweise erfolgreich ist dagegen „Kwitt“. Über Kwitt können sich Kunden der Sparkassen und Genossenschaftsbanken schnell Geld überweisen. Rund 1,3 Millionen Nutzer gibt es bereits. Auch Paydirekt bietet eine Handy-zu-Handy-Zahlfunktion, die aber kaum Zuspruch findet.
Wie schwer sich die hiesigen Geldhäuser – die sich auf dem umkämpften deutschen Bankenmarkt gegenüberstehen – bei Gemeinschaftsprojekten tun, hat sich in der Vergangenheit bereits häufiger gezeigt. Bei Paydirekt kamen die Sparkassen erst später hinzu. Mit Kwitt wollten Sparkassen und Volksbanken eigentlich gemeinsam loslegen, schreckten aber wegen kartellrechtlicher Bedenken zurück und starteten zunächst jeder für sich.
Mit #DK will die Branche nun ausloten, ob sie dieses Mal entschiedener voranschreiten kann.
Mehr: Bundesbanken-Vorstand Burkhard Balz fordert schon länger eine europäische Alternative zu Paypal und Apple Pay. Im Interview mit dem Handelsblatt spricht er über seine Visionen.
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