Noch im Herbst hatte Sparkassenpräsident Helmut Schleweis vor einer dramatischen Lage der Privatkunden gewarnt. Doch offenbar wirkten die beschlossenen Entlastungen der Bundesregierung.
Helmut Schleweis
Laut dem Sparkassenpräsidenten registrieren die deutschen Sparkassen keinen signifikanten Anstieg der Kundinnen und Kunden, die in den Dispo rutschen.
Bild: imago/Reiner Zensen
Frankfurt Die deutschen Sparkassen registrieren, dass ihre Kundinnen und Kunden angesichts der Preissteigerungen weniger sparen können. Die „Sparleistungen gehen zurück“, sagte Sparkassenpräsident Helmut Schleweis am Mittwoch. Finanzielle Notlagen bleiben aber vielfach aus.
„Es ist nicht so dramatisch, wie es hätte kommen können“, beschrieb Schleweis die aktuelle Entwicklung und fügte hinzu: „Alle unsere Zahlen deuten darauf hin, dass wir kein gehobenes Risikoniveau sehen.“
Weder die Anträge auf Stundungen von Kreditraten noch Darlehensaussetzungen oder die Nutzung des Dispokredits seien signifikant angestiegen. „Insofern glauben wir, dass die Maßnahmen der Regierung gegriffen haben“, sagte der Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV). Zudem hätten viele Verbraucher ihre Rücklagen verwendet.
Um die Folgen der steigenden Energiepreise und der hohen Inflation abzufedern, gibt es eine Reihe von Entlastungen und Hilfen für Verbraucherinnen und Verbraucher. Dazu zählen Direktzahlungen an Rentner und Studierende sowie ein höheres Kindergeld.
Schleweis hatte im Herbst vergangenen Jahres in deutlichen Worten vor den möglichen Folgen hoher Energiepreise und starker Preissteigerungen gewarnt: Er hatte befürchtet, dass unter Umständen 60 Prozent der deutschen Haushalte mit ihren monatlichen Einkommen ihre Ausgaben nicht würden bestreiten könnten.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung verweist allerdings darauf, dass schon zuvor fast 40 Prozent der Menschen in Deutschland kein nennenswertes Vermögen hatten und nicht systematisch sparen konnten.
Dennoch „war es richtig, vor dieser Gefahr zu warnen“, urteilte Schleweis. Es sei in der Politik zeitweise viel über die Wirtschaft und wenig über Privatleute gesprochen worden.
Aus Sicht des DSGV ist die wirtschaftliche Situation in Deutschland derzeit generell besser, als dies im Herbst 2022 zu erwarten gewesen sei. Und: „Die Aussichten hellen sich deutlich auf“, fügt Schleweis hinzu.
Ganz ähnlich fällt das Urteil über die Lage der Firmenkunden aus. „Wir sehen zurzeit keine Insolvenzwelle, keine besonderen Ratingverschlechterungen und auch keine Verschlechterung von anderen Indikatoren für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unserer gewerblichen Kundinnen und Kunden. Die Ertragslage der Unternehmen ist im Durchschnitt gut“, sagt er.
Nach Einschätzung der Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe könnte das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr um 0,8 Prozent schrumpfen. Für 2023 rechnen sie mit einer Inflationsrate von acht Prozent in Deutschland, was über dem Niveau liegt, von dem mehrere Wirtschaftsforschungsinstitute ausgehen. 2022 erreichte die Inflation mit 7,9 Prozent ein Rekordhoch, wie das Statistische Bundesamt kürzlich bekannt gab.
Mit Blick auf die bevorstehende Wahl seines designierten Nachfolgers Ulrich Reuter sagte Schleweis: „Ich bin mit den Ergebnissen so, wie sie jetzt kommen, sehr zufrieden.“ Es sei ein „eindeutiges Signal“ gesetzt worden. „Ich finde gut, dass man sich auf einen Kandidaten geeinigt hat.“ Er habe bereits empfohlen, eine rasche Entscheidung zu treffen.
Präsidentinnen und Präsidenten der regionalen Sparkassenverbände, die Verbandsvorsteher, hatten sich am Montag darauf verständigt, dass der langjährige CSU-Politiker Reuter Anfang 2024 neuer DSGV-Chef werden soll. Der 60-Jährige führt derzeit den bayerischen Sparkassenverband. Schleweis, der heute 68 Jahre alt ist, steht seit Anfang 2018 an der DSGV-Spitze.
Die finale Entscheidung über seine Nachfolge soll auf einer DSGV-Mitgliederversammlung im ersten Quartal fallen. Dort gibt es 21 Stimmberechtigte. Neben den elf regionalen Sparkassenverbänden zählen dazu sieben Vertreter von Landesbanken sowie drei von kommunalen Spitzenverbänden.
Das Vorpreschen der regionalen Sparkassenpräsidenten hatte allerdings Kritik von Kommunen auf sich gezogen. „Die Städte als Träger der Sparkassen wollen ein geordnetes Verfahren, das die Nachfolge für das Amt des DSGV-Präsidenten regelt. Dass jetzt im Vorfeld eine Vorentscheidung eines nicht zuständigen Gremiums verkündet wird, wird der Rolle der Träger der Sparkassen nicht gerecht“, sagte Städtetags-Präsident Markus Lewe (CDU) am Dienstag dem Handelsblatt.
Die Kommunen sind die Träger der bundesweit rund 360 Sparkassen und somit Eigentümer in ähnlicher Position.
Schleweis sagte dazu, dass es keine Geschäftsordnung zur Präsidentenwahl gebe. Man sei für Gespräche über das Verfahren offen. Er verwies aber darauf, dass die Mitglieder der regionalen Sparkassenverbände sowohl Sparkassen als auch Kommunen seien.
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