Ein Abfindungsprogramm des Fondshauses der Deutschen Bank sorgt für Ärger – und wirft Fragen über die Personalarbeit auf.
DWS-Zentrale in Frankfurt
Ein Sparprogramm aus dem Jahr 2019 sorgt für Ärger. Eine ehemalige Mitarbeiterin sieht sich benachteiligt.
Bild: imago images / Hannelore Förster
Frankfurt Die mitunter hemdsärmelige Unternehmensführung hat der Fondsgesellschaft DWS schon häufiger Ärger eingebracht: Mal geht es um die Frage, ob die Fondstochter der Deutschen Bank ihr Engagement für nachhaltige Investments geschönt hat, mal um die Frage, ob sich der DWS-Vorstand über geschäftliche Dinge zu intensiv über den Messengerdienst WhatsApp ausgetauscht hat.
Ein Prozess vor dem Landesarbeitsgericht Frankfurt legt nun den Schluss nahe, dass es auch in der Personalarbeit der DWS Raum für Verbesserungen gibt. In dem Fall geht es um ein Freiwilligenprogramm, mit dem die Fondstochter Ende 2019 Stellen einsparen wollte.
Geklagt hatte eine Ex-Mitarbeiterin, die der DWS vorwirft, sie zu Unrecht bei der Auswahl der Freiwilligen nicht berücksichtigt und damit um ein Abschiedspaket gebracht zu haben.
Beim Auswahlverfahren kamen nach dem „Windhund-Verfahren“ nur die Schnellsten zum Zug. Die Ex-Mitarbeiterin, die schließlich selbst kündigte und ohne Abfindung ging, wirft der DWS vor, einen Kollegen, der sich die Abschiedsprämie sicherte, bevorzugt zu haben. Die DWS bestreitet das.
In der Sache gewann die DWS den Arbeitsrechtsprozess in erster wie auch in zweiter Instanz, wie das Landesarbeitsgericht bestätigte. Eine Revision ließ es nicht zu. Unabhängig von seinem Ausgang legte das Verfahren allerdings Details offen, die kein gutes Licht auf die DWS werfen.
Zu den Kuriositäten zählt, dass das unterschriebene Original des Sozialplans, in dessen Rahmen der Personalabbau stattfand, verschwunden ist. Es sei „trotz umfangreicher Nachforschungen aktuell weder beim Arbeitgeber noch beim Betriebsrat“ aufzufinden, schrieb die DWS-Anwältin dem Gericht. Die damalige Personalleiterin sei schon länger ausgeschieden und nicht mehr greifbar. Der damalige Betriebsratschef habe angegeben, dass „seiner Erinnerung nach“ der Sozialplan zusammen mit dem Interessenausgleich unterschreiben worden sei.
Ein langjähriger Arbeitnehmervertreter sagte dem Handelsblatt: „Dass ältere Vereinbarungen mal nicht mehr auffindbar sind, kann schon mal vorkommen. Für ein gerade einmal drei Jahre altes Dokument ist das schon sehr ungewöhnlich.“
Auch die Durchführung des Programms sorgt für Zoff: Für die Auswahl der Freiwilligen gab es ein zweistufiges Verfahren. Zunächst mussten sich alle Mitarbeiter bei einem externen Treuhänder melden. Der Treuhänder musste prüfen, ob die Abschiedswilligen auf einer „weißen“ Liste stehen, auf denen all jene Beschäftigten standen, die die DWS prinzipiell gehen lassen wollte.
Erst wenn der Treuhänder grünes Licht gab, durften sich Interessenten bei der Personalabteilung melden. Die Eingangszeit der E-Mail an die Personalabteilung entschied über die Reihenfolge, nach der die Plätze im Freiwilligenprogramm verteilt wurden.
Bei so einem „Windhund-Verfahren“ müssen Arbeitgeber alle Beschäftigten gleichbehandeln. Das ist umso wichtiger, wenn in einzelnen Bereichen nur wenige Abschiedspakete zur Verfügung standen. Im Fall der Klägerin gab es nur eine einzige Abbaustelle. In solchen Fällen spielt die Informationspolitik eine wichtige Rolle. Im Fall der DWS sollte die Bewerbungsfrist für das Windhundrennen am Montag, dem 9. Dezember 2019 um 0 Uhr starten.
Erstmals über das Freiwilligenprogramm informiert wurden die Beschäftigten über den Betriebsrat, der am Freitag, dem 6. September 2019 eine Informationsveranstaltung abhielt und im Intranet eine Präsentation dazu veröffentlichte. Um wie viel Uhr die Bewerbungsfrist beginnen sollte, stand darin nicht. Hinzu kam, dass die Personalabteilung den Beschäftigten Informationsveranstaltungen dazu erst am 11. und am 12. Dezember anbot.
Dass diese Konstellation nicht ideal war, sahen auch die Arbeitsrichter so. Das sei „unglücklich gelaufen“, räumte die Richterin ein. Es sei „nicht sehr zielführend“, Informationsveranstaltungen erst so spät anzubieten, wenn es Bereiche gebe, in denen nur wenige zum Zuge kommen konnten.
Bei der Klägerin kam hinzu: Sie hatte sich — ebenso wie ihr erfolgreicher Konkurrent — zu früh beim Treuhänder gemeldet. Auf den Fehler wies der Treuhänder beide hin — den Konkurrenten, der sich als Erster zu früh gemeldet hatte, früher als die Klägerin — und beide erst am Montag nach zehn Uhr. Aus Sicht der Kläger-Anwältin, Asma Hussain-Hämäläinen, hätten beide gleichzeitig gewarnt werden müssen. Das bestreitet die DWS-Anwältin, dazu sei mit dem Treuhänder nichts geregelt gewesen.
Akribischer ging eine Firma aus Niedersachsen vor: Sie hatte die Mitarbeiter Wochen vorab über so ein Programm informiert, auch über die Start-Uhrzeit. Ärger gab es dort aus anderen Gründen, etwa weil es unter der Last vieler Anfragen bei der elektronischen Anmelde-Plattform zu Verzögerungen kam.
Woran die Klage der früheren DWS-Mitarbeiterin scheiterte, wird erst die Urteilsbegründung zeigen. In der Verhandlung hatten sich die Richter damit beschäftigt, dass sich neben dem Mitarbeiter, der die Abschiedsprämie erhielt, zwei weitere Interessenten vor der Klägerin gemeldet haben sollen. Ihre Anwältin will das Urteil prüfen.
Dass es in der DWS Strukturen gibt, die sich verbessern müssen, weiß der neue Vorstandschef Stefan Hoops. Dass er die bisherige Chefjustiziarin der Deutschen Bank, Karen Kuder, in den DWS-Vorstand holte, soll auch daran gelegen haben, dass er unzufrieden mit den Fortschritten war, die die DWS bei der Entwicklung eigener Vorschriften gemacht hatte.
Im Blick hatte er Compliance-Themen. Offen ist, ob er auch im Personalbereich dafür Potenzial sieht. Ein DWS-Sprecher wollte sich zu „arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen“ nicht äußern.
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