Das Unternehmen konnte seinen Gewinn nur durch die Auflösung von aktienbasierten Mitarbeitervergütungen verdoppeln. Deutliche Rückgänge gab es indes unter anderem bei den abgewickelten Transaktionen.
Frankfurter Skyline
Flatexdegiro, der Onlinebroker aus Frankfurt, musste seine Prognose für das Geschäftsjahr 2022 mehrmals nach unten korrigieren.
Bild: Reuters
Frankfurt Auf den ersten Blick scheinen die Zahlen ziemlich beeindruckend, die Flatexdegiro am Montagabend nach Börsenschluss vorgelegt hat. Denn der Frankfurter Onlinebroker konnte seinen Nettogewinn im vergangenen Jahr auf 106 Millionen Euro verdoppeln.
„In einem schwierigen Umfeld haben wir einmal mehr eine starke operative und finanzielle Performance erzielt und erstmals einen Jahresüberschuss von über 100 Millionen Euro erwirtschaftet“, sagte Vorstandschef Frank Niehage. Die Kundeneinlagen seien um 15 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro gestiegen.
Doch dieses Ergebnis hat das SDax-Unternehmen dem schwachen Aktienkurs zu verdanken. Denn Flatexdegiro konnte Rückstellungen für aktienbasierte Mitarbeitervergütungen in Höhe von 38,3 Millionen Euro auflösen. Zum Vergleich: 2021 musste das Unternehmen dafür noch 65 Millionen Euro an zusätzlichen Rückstellungen bilden.
Die Vergütungen richten sich nach dem aktuellen Aktienkurs. Stieg die Aktie 2021 im Jahresverlauf noch um etwa 27 Prozent auf 20,24 Euro, büßte sie im abgelaufenen Jahr fast 68 Prozent an Wert ein. Davon profitiert das Unternehmen nun. Ohne diesen Effekt hätte Flatexdegiro einen Gewinnrückgang von fast 19 Prozent auf 78,6 Millionen Euro verbuchen müssen.
Denn der Broker hat den Einbruch an den Aktienmärkten im vergangenen Jahr deutlich zu spüren bekommen. Die Handelsaktivität brach um 44 Prozent auf durchschnittlich 30 Transaktionen pro Kunde ein. Insgesamt sank die Zahl der abgewickelten Transaktionen um 26 Prozent auf 67 Millionen.
Das Unternehmen musste seine Prognose für das Jahr 2022 mehrmals nach unten korrigieren.
„2022 haben geopolitische und makroökonomische Einflüsse die Stimmung am Kapitalmarkt und insbesondere bei Privatanlegern stark negativ beeinflusst“, heißt es in einer Mitteilung des Onlinebrokers. Trotz der im vergangenen Jahr höheren Volatilität der Aktienmärkte als 2021 habe sich die Handelsaktivität von Privatanlegern deutlich reduziert.
Der Bruttozuwachs an Kundenkonten belief sich auf lediglich 462.000, nachdem 2021 noch 800.000 neue Konten bei Flatexdegiro eröffnet wurden. Insgesamt zählt der Broker 2,4 Millionen Kunden.
Auch der Umsatz ging um 2,5 Prozent auf 407 Millionen Euro zurück, die Provisionserträge sanken um fast 20 Prozent auf 272 Millionen Euro.
Und während zwar die Kundeneinlagen in der Tat anstiegen, verringerte sich das deutlich größere Depotvolumen so stark, dass das verwahrte Kundenvermögen insgesamt um zehn Prozent auf 39,5 Millionen Euro zurückging.
„Wann genau wir wieder eine Belebung der Handelsaktivität von Privatanlegern sehen werden, bleibt abzuwarten“, so Niehage. Diese sei zu sehr durch die geopolitische Situation sowie die erwarteten Zinsschritte der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank bedingt.
Im Basisszenario erwartet das Unternehmen für 2023, dass die Handelsaktivität der Privatanleger auf dem Niveau der vergangenen drei Quartale verharrt. Die zusätzlichen Zinseinnahmen sollen indes einen „erheblichen zusätzlichen Umsatz- und Ergebnisbeitrag leisten“.
Einsparungen soll es indes künftig bei den Marketingausgaben geben, insbesondere im Fußball-Sponsoring. Seit 2020 ist Flatexdegiro Hauptsponsor des Fußball-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach, seit Juli des vergangenen Jahres ist das Degiro-Logo auch auf den Trikots des spanischen Klubs FC Sevilla zu sehen.
Die Partnerschaft mit Sevilla läuft im Sommer aus und soll nicht verlängert werden. Bei Borussia Mönchengladbach will das Unternehmen ab 2024 nur noch als Co-Sponsor auftreten. Flatexdegiro rechnet dadurch mit Einsparungen im hohen einstelligen Millionenbereich.
Künftig will das Unternehmen zudem monatlich Zahlen zum Kundenwachstum, der Anzahl abgewickelter Transaktionen sowie dem verwahrten Kundenvermögen veröffentlichen.
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Der Broker steht aktuell unter Druck. Am vergangenen Freitag teilte die deutsche Finanzaufsicht Bafin mit, einen Sonderprüfer bei Flatexdegiro einzusetzen. Diese Maßnahme geht auf eine Sonderprüfung aus dem vergangenen Jahr zurück. Dabei hatte die Bafin bei der Flatexdegiro Bank, einem hundertprozentigen Tochterunternehmen von Flatexdegiro, schwerwiegende Mängel „im internen Kontrollsystem, im aufsichtlichen Meldewesen und in der Geldwäscheprävention“ festgestellt. Nun muss das Unternehmen Maßnahmen ergreifen, um die Mängel zu beseitigen und eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation herzustellen.
In der vergangenen Woche büßte die Aktie des SDax-Unternehmens mehr als zehn Prozent an Wert ein. Zu Wochenbeginn erholte sie sich etwas, am Dienstag notierte sie bis zum Mittag über zwei Prozent im Plus.
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